"Morawiecki muss Polens Isolierung verhindern"

16. Februar 2018, 18:07 Uhr

Bei seinem ersten Staatsbesuch in Deutschland versucht der polnische Premierminister Morawiecki für Annäherung zu sorgen. Dabei muss er eine Politik vertreten, die ihm in Teilen zuwider ist, meint der Historiker Joachim von Puttkamer.

Joachim von Puttkamer studierte Osteuropäische Geschichte und Wirtschaftspolitik in Freiburg und London. Seit Dezember 2002 ist er Professor für Osteuropäische Geschichte an der Universität Jena. Seit 2010 leitet er dort gemeinsam mit Włodzimierz Borodziej das Imre Kertész-Kolleg "Europas Osten im 20. Jahrhundert. Historische Erfahrungen im Vergleich."

heuteimosten.de: Was macht Mateusz Morawiecki aus?

Joachim von Puttkamer: Morawiecki ist als ehemaliger Bänker und ehemaliger polnischer Finanzminister mit den europäischen Gepflogenheiten sehr gut vertraut und hat gute Beziehungen nach Europa. Und er wird versuchen, verbindlicher aufzutreten. Das heißt: weniger Konflikte mit den europäischen Partnern zu suchen.

Was will Polens neuer Ministerpräsident politisch erreichen?

Das wichtigste Programm ist eines, was er von zu Hause mitbringt: dass er die zum Teil auf Krawall gebürstete polnische Politik annehmbarer vertritt, um mehr Verständnis wirbt. Als ehemaliger Finanzminister und ausgewiesener Ökonom wirkt er sehr professionell. Aber in den zentralen Punkten, die zwischen Polen und Europa stehen, wird er keine Zugeständnisse machen: insbesondere bei der umstrittenen Justizreform.

Welche Rolle spielt Deutschland dabei für Polen?

Eines der wichtigsten Ziele ist, in Europa nicht isoliert zu werden. Polen steht im Moment in Europa in einer ausgesprochen schwierigen Situation. Und Deutschland als das größte und wichtigste Nachbarland ist der Partner, zu dem es ein gutes Verhältnis aufbauen muss, um eine drohende Isolierung aufzufangen. Ganz verhindern wird aber auch Morawiecki das nicht können.

Und da besteht die große Sorge in Polen, nicht nur bei der Regierung, dass die Europäische Kommission die Mittel für Polen kürzen könnte. Damit ist ja schon gedroht worden und das möchte Morawiecki nach Kräften verhindern.

In den vergangenen Wochen stand insbesondere das "Holocaust-Gesetz" im Fokus, ein Kernprojekt der Regierungspartei PiS. Welche Rolle spielt der Premier dabei.

Das Gesetz hat das Ansehen Polens in Israel und den USA massiv belastet. Das Gesetz läuft dem zuwider, was Morawiecki politisch erreichen will. Und an dieser Stelle sieht man ganz genau, dass er die Dinge schlicht umsetzen muss, die die Partei und insbesondere ihr Vorsitzender Jarosław Aleksander Kaczyński wollen.

Über dieses Thema berichtet MDR AKTUELL auch im: TV | 16.02.2017 | 17:45 Uhr