Morawiecki auf heikler Mission in Berlin

16. Februar 2018, 16:40 Uhr

Heute trifft der neue polnische Premierminister Mateusz Morawiecki erstmals mit Bundeskanzlerin Merkel zusammen. Die Agenda ist heikel: Einerseits will Polen für Annäherung werben, andererseits Reparationen fordern.

"Wir müssen reden": Das gilt auch in der Politik. Kanzlerin Merkel und ihr polnischer Amtskollege Morawiecki versuchen es heute bei ihrem ersten Treffen zumindest. Seit zwei Monaten im Amt, will der neue polnische Premier bei seinem ersten Besuch in Berlin versöhnliche Töne anschlagen.

Annäherung mit Hindernissen

Seine Mission lautet: Entspannung. Denn trotz aller schwierigen Themen, die für Misstöne zwischen Berlin und Warschau sorgen, bleibt Deutschland für Polen ein wichtiger Nachbar und gilt den Polen als tonangebend in der EU, meint Professor Joachim von Puttkamer, Direktor des Imre-Kertész-Kollegs der Universität Jena, das auf Mittelost- und Osteuropa spezialisiert ist.

Deutschland ist sicherlich auch als eines der großen Geberländer innerhalb der europäischen Union angesehen. Und eine der großen Sorgen in Polen, übrigens nicht nur bei der Regierung, besteht tatsächlich darin, dass die europäische Kommission die Mittel für Polen kürzen könnte.

Das droht Polen wegen seiner umstrittenen Justizreform. So hat die EU eine Sanktionsverfahren eingeleitet, weil es die Unabhängigkeit der polnischen Justiz bedroht sieht. Eine weitere Baustelle: Polens Holocaust-Gesetz sorgte zuletzt international für Zoff. Kritiker befürchten, dass damit polnische Verbrechen während des Zweiten Weltkriegs verschwiegen werden könnten.

Innen- und außenpolitische Herausforderungen für Morawiecki

Und der neue Mann an Polens Spitze? Der ging erstmal auf Brüssel zu, entließ kurz nach seiner Ernennung zahlreiche Regierungsmitglieder. Darunter die umstrittenen Minister für Äußeres und Verteidigung. Beide galten als besonders EU-kritisch. Doch trotz dieser Zugeständnisse wird sich der politische Kurs Polens unter Morawiecki wohl kaum ändern, meint Historiker Puttkamer.

Er wird versuchen, verbindlicher aufzutreten, das heißt also weniger Konflikte mit Europa zu suchen, sondern um Verständnis zu werben. Er wird aber in der Sache, vor allem bezüglich der Justizreform in Polen, keinerlei Zugeständnisse machen.

Ein wenig Kosmetik, aber der gleiche Inhalt: In vielen Sachfragen - wie Flüchtlingsquote, Justizreform, oder Holocaustgesetz - wird Morawiecki wohl weiter auf Konfrontation bleiben - und ein besonders pikantes Thema will Morawiecki defintiv ansprechen, wie er angekündigt hat: die polnischen Forderungen nach Kriegsreparationen.

(mem/ahe)

Über dieses Thema berichtet MDR AKTUELL auch im: TV | 16.02.2018 | 17:45 Uhr