Schwarz-weißes Plakat mit polnischer Aufschrift.
"Die PiS" nahm Millionen und alles ist teurer." Mit solchen Plakaten macht die Opposition gegen die Regierungspartei und ihren Vorsitzenden Jarosław Kaczyński mobil - und trat eine landesweite Debatte los. Bildrechte: twitter.com/PO Mińsk Maz

Jarosław Kaczyński wird ungewollt zum Werbeträger

21. August 2018, 14:06 Uhr

Am 21. Oktober finden in Polen Kommunalwahlen statt. Eine Werbekampagne der Oppositionspartei Bürgerplattform zeigt im Vorfeld wie gespalten das Land ist und wie hoch die Emotionen kochen.

"PiS nahm Millionen und alles ist teurer". Mit einer Wahlkampagne und hunderten Plakaten im ganzen Land sorgt die Oppositionspartei "Platforma Obywatelska" (Bürgerplattform) in Koalition mit der "Nowoczesna" zurzeit für Aufsehen: Gesicht ihrer Kampagne ist ausgerechnet PiS-Chef Jarosław Kaczyński. Er prangt groß auf den schwarz-roten Plakaten. Neben ihm jeweils ein Spruch beginnend mit "PiS nahm Millionen…" und diversen Vorwürfen, die folgen.

Einfach für jeden zu verstehen

Die Botschaft der Plakate ist leicht zu verstehen: Die regierende Partei hat viel versprochen und wenig gehalten. Mit Parolen wie "PiS nahm Millionen und günstige Wohnungen gibt es nicht" oder "PiS nahm Millionen und die Leute haben kein Geld für Medikamente" wird die regierende Partei in ein schlechtes Licht gerückt, ihre Regierungsarbeit seit 2015 abgewertet.

Die treibende Kraft hinter der Aktion ist die Oppositionspartei "Bürgerplattform" (PO). Ihr Vorsitzender Grzegorz Schetyna bezeichnet die PiS als eine "Partei von gierigen Leuten, deren einziger Plan darin besteht, ihre Taschen voll zu stopfen". Und dem entsprechend setzt die Partei in ihrer Werbekampagne auf einfache Slogans, die die Alltagssorgen der Wähler ansprechen, die jeder versteht. In Gesprächen mit Bürgern wurden laut Partei die Hauptthemen herausgefiltert und sind nun schwarz auf weiß im ganzen Land zu lesen.

Die Bürgerplattform setzt mit ihrer Aktion nicht auf eigene Inhalte, sondern führt allein die regierende PiS-Partei vor. Und die Macher sind sich durchaus über deren Wirkung bewusst: So wird offensichtlich nicht versucht, PiS-Wähler davon zu überzeugen, für die PO zu stimmen. Es sei genug, wenn diese enttäuscht von der eigenen Partei der PiS zu Hause blieben und nicht wählen gingen, so der Bürgerplattform-Pressesprecher Jan Grabiec in einem Zeitungsinterview. Auch das Foto des PiS-Präsidenten wurde nicht zufällig gewählt. Das Bild zeigt Jarosław Kaczyński im Juli 2017, als er mit hasserfüllter Miene der Opposition indirekt die Schuld am Tod seines Bruder Lech Kaczyński gab.

Post eines Schwarz-weißen Plakats mit Portraitfoto und polnischer Aufschrift auf Facebook.
In den sozialen Medien werden die Plakate vielfach geteilt und kommentiert. Hier eine Version, die die PiS für die steigenden Medikamentenpreise verantwortlich macht. Bildrechte: facebook.com/platformaobywatelska

Auch auf Twitter und Facebook werden die Solgans unter dem Hashtag #PiSwziąłmiliony (#PiSnahmMillionen) verbreitet. So fotografieren sich Anhänger der Opposition vor Wahlplakaten und verbreiten diese in den sozialen Netzwerken und kommentieren fleißig: "Das Brot kostet 10 Zloty, der Strom kostet so viel wie in keinem anderen EU-Land, das Benzin wird bald mehr als 6 Zloty kosten. Butter, Wasser, Medikamente - Menschen können sich immer weniger leisten. So sollte es nicht sein!"

Selbstverwaltungswahlen in Polen am 21. Oktober 2018 Bei den Kommunal- und Regionalwahlen in Polen wird über Wojewodschaftsparlamente, Kreis- und Stadträte entschieden. Außerdem finden in allen Gemeinden Direktwahlen für das Amt des Bürgermeisters statt.

Seit der Verwaltungsreform 1999 ist Polen in 16 Wojewodschaften eingeteilt, zu deren Aufgaben gehören unter anderem Bildung, Umweltschutz und öffentliche Sicherheit. Bei den Wojewodschaftswahlen werden i.d.R. Parteien gewählt. Auf Kreis- und Gemeindeebene richtet sich die Wahlentscheidung oft nach einzelnen Personen.

Besonders wichtig ist die Wahl des Bürgermeisters von Warschau, da Polen ähnlich wie Frankreich zentralistisch funktioniert und die Hauptstadt politisches, wirtschaftliches und gesellschaftliches Zentrum ist. Zurzeit wird Warschau von der Bürgerplattform (PO) regiert und gilt als Oppositionsbastion gegen die auf nationaler Ebene regierende PiS-Partei.

Die Anti-Werbung kommt nicht bei allen gut an

PiS-Politiker reagieren vereinzelt auf die Aktion. Der Europa-Abgeordnete Tomasz Poręba bezeichnete die Aktion in einem Fernsehinterview als einen aggressiven Angriff auf die Regierung "ohne jegliches Programm, Vorschläge oder Visionen". Der PiS-Abgeordnete Tadeusz Cymański bezeichnete die Aktion als "Ausdruck von Hilfslosigkeit". Die Bürger würden sich von solchen Tricks nicht täuschen lassen.

Und auch die Reaktion der regierungsnahen Bürger ließ nicht lange auf sich warten: Im Netz kursieren bereits einige Plakate, die dem Original täuschend ähnlich sehen. Auf ihnen allerdings nur Gesichter wie das des Oppositionschefs Grzegorz Schetyna. Daneben zu lesen: "PO nahm Millionen und gibt es für dumme Plakate aus."

Am 21. Oktober 2018 wird sich zeigen, ob die Partei mit dieser Wahlkampagne punkten kann.

Schwarz-weißes Plakat mit polnischer Aufschrift.
Das Replik der Regierungspartei PiS auf die Plakatkampagne der oppositionellen PO. Bildrechte: Twitter/Pogrzybrek

Über dieses Thema berichtete der MDR auch im: Radio | 11.12.2017 | 04:20 Uhr