Wie clever polnische Händler das Sonntags-Shoppingverbot umgehen

09. März 2018, 19:04 Uhr

Lidl wird zur Bäckerei, Klamotten probiert man im "Showroom" an und bezahlt sie dann per App, beaufsichtigt nur von einem Wachmann. Die Polen planen, das seit März wirksame Sonntagsshoppingverbot kreativ zu umgehen.

Auf dem Weg von Slupsk nach Radom, der Zug hat Verspätung. Na, dann vielleicht noch schnell einen neuen Kühlschrank am Zeitungskiosk im Bahnhof kaufen? Absurde Vorstellung? So könnte bald Sonntagsshopping in Polen aussehen. Denn seit 1. März ist ein neues Gesetz in Kraft, das den Polen ihren heiligen Shoppingtag streitig machen will. Nur noch an zwei Sonntagen im Monat dürfen Läden öffnen. Ab 2020 soll dann am Sonntag komplett Ruhe sein.

Was in Deutschland Normalität ist, sorgt in Polen für helle Aufruhr, und zwar bei Kunden und Händlern. Und so floriert das Geschäft mit kreativen Ideen, wie das Sonntagsöffnungsverbot rechtmäßig umgangen werden kann.

Dutzende Branchen fallen nicht unter neues Gesetz

Die Gesetzesmacher haben, gewollt oder nicht, viele Lücken gelassen. Dutzende Branchen sind ausgenommen, etwa Blumenläden oder Bahnhofsgeschäfte. Die dürften aber nur an Reisende verkaufen. Allerdings ist nicht geregelt, was sie verkaufen dürfen, ob nur Zigaretten und Zeitungen, oder vielleicht auch Elektronik und Kleidung.

Ausgenommen ist auch der Online-Handel. Es kursiert also die Idee, dass Klamotten-Läden in Zukunft sonntags so genannte "Showrooms" eröffnen werden. Also, Klamotten angucken, anprobieren, überwacht von einem Sicherheitsmann, denn Verkäuferinnen dürfen ja nicht arbeiten. Bezahlt wird per Smartphone über eine vom Geschäft eigens programmierte App. Alles legal, denn wer gegen das neue Gesetz verstößt, riskiert ein Bußgeld von umgerechnet bis zu 25.000 Euro.

Einzelhandelsverband übt Kritik

Auch die großen Handelsketten denken laut polnischen Medienberichten schon darüber nach, wie sie ihre gewohnt umsatzstarken Sonntage retten können. Lidl und Biedronka zum Beispiel könnten sich zu Bäckereien umfunktionieren. Denn die dürfen auch in Zukunft am Sonntag öffnen. Die Discounter verkaufen schließlich jetzt schon Backwaren und im neuen Gesetz ist keine Rede davon, wieviel Prozent diese Backwaren am Gesamtangebot ausmachen müssen.

Auf Festivals und Ausstellungen sowie anderen Kulturveranstaltungen darf auch gehandelt werden. Was, wenn eine Shopping-Mall an einem Sonntag ein Konzert veranstaltet? Dürfen die Läden dann öffnen. Alles Fragen, die nach Ansicht des polnischen Einzelhandelsverbands nicht geklärt sind und für Unsicherheit sorgen, beschwert sich dessen Vorsitzende Renata Juszkiewicz im Radiosender TokFm. Offiziell habe sie aber natürlich nichts davon gehört, dass Händler planen, das neue Gesetz zu umgehen.

Die polnischen Gesetzgeber zeigen sich noch kritikresistent. Janusz Sniadek, der Abgeordnete der Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" PiS, der sich im Namen seiner Partei mit dem Gesetz befasst hat, ließ beim katholischen Fernsehsender Trwam verlauten, er sehe kein Problem in dem Gesetz. Und wenn ein Händler versuche, das Gesetz zu umgehen, sei das doch nur ein Signal an die Kunden, dass hier Betrüger am Werk seien.

(ele)

Über dieses Thema berichtete der MDR auch im TV: SACHSENSPIEGEL | 04.03.2018 | 19:00 Uhr