Nach Unwetter in Tschechien Zweiter Tote bei GPS-Schnitzeljagd

15. Juni 2018, 20:28 Uhr

Viele Tage hielt die Suche ganz Tschechien in Atem. Doch nun herrscht traurige Gewissheit: Der vermisste Geocacher wurde tot in der Moldau gefunden. Vor einer Woche ist er mit einer Gruppe von GPS-Schnitzeljägern in der Kanalisation von einer Flutwelle überrascht worden. Das Unglück hatte eine Debatte über die moderne Version der Schnitzeljagd im Land entfacht.

Am Freitag, 13.00 Uhr, meldete die Prager Polizei einen Leichenfund in der Moldau. Die Polizei wollte erst die Identität prüfen und bestätigte am Abend, dass es sich dabei um den vermissten Geocacher handelt. Damit findet die tagelange Suche von Polizei, Feuerwehr und Ordnungsamt ein trauriges Ende.

Entdeckt wurde die Leiche von einer Mutter mit zwei Kindern, bei einem Tretboot-Ausflug. Erst vermuteten die Kinder, dass es sich bei dem Objekt im Wasser um ein Tier handelte und wollten es sich genauer anschauen. Dabei stießen sie auf den toten Geocacher.

Frau und Mann bei Schnitzeljagd ertrunken

Wie tschechische Medien berichten, waren der Mann und drei weitere "Geocacher" am Samstag während einer Schnitzeljagd mit GPS-Geräten in der Kanalisation von einer Flutwelle überrascht worden. Ein Unwetter hatte den unterirdischen Kanal, in dem die "Schatzsucher" unterwegs waren, binnen weniger Minuten komplett unter Wasser gesetzt. Eine 27-jährige Frau ertrank. Ihre Leiche wurde noch am Samstagabend an einer Prager Moldaubrücke angeschwemmt. Zwei weitere Teilnehmer der Geocaching-Tour wurden leichtverletzt von der Crew eines Touristendampfers gerettet. Sie konnten sich aus dem überfluteten unterirdischen Kanal nach draußen, in die Moldau retten, in die der Kanal einmündet.

Lebensgefahr für Such- und Rettungskräfte

Die Suche nach dem vermissten Geocacher war nach Angaben der Prager Behörden extrem schwierig und gefährlich. Wegen weiterer Unwetter habe die Rettungsaktion bereits mehrfach unterbrochen werden müssen. Bei jedem weiteren Starkregen hätte der unterirdische Kanal, durch den ein Zufluss der Moldau durch die Stadt hindurchgeleitet wird, jederzeit wieder in kurzer Zeit überflutet werden können. Erschwerend kam hinzu, dass in der Kanalisation weder Radio noch Mobilfunk funktionieren. 

Geocaches in Prag auf dem Prüfstand

Die Verwaltung des Stadtteils Prag 5, in dem sich das Unglück ereignet hat, will nun alle Geocaching–Punkte im 5. Bezirk überprüfen lassen. Alle gefährlichen Verstecke würden entfernt, kündigte Stadtteilbürgermeister Pavel Richter an. Er selbst betreibe Geocaching mit seinen Töchtern und wisse, dass es Menschen gebe, denen das Suchen auf Feldern und Wiesen allein nicht reiche, so der Kommunalpolitiker.  

Drei Millionen Verstecke weltweit

Geocaching ist eine moderne Form der Schnitzeljagd, bei der die Spieler mit GPS-Empfängern nach gut versteckten "Schatzkisten" suchen. In den Kisten liegen Logbücher, in denen sich die Spieler eintragen, nicht selten auch kleine Tauschgegenstände. Die Verstecke, die Caches, werden mit den dazugehörigen geografischen Koordinaten im Internet veröffentlicht. Die erste GPS-Schnitzeljagd fand im Mai 2000 in den USA statt. Mittlerweile gibt es nach Angaben des größten Geocaching-Netzwerkes Geocaching.com weltweit rund drei Millionen Verstecke für Schatzkisten. Neu ist das Spiel übrigens nicht. In Schottland suchte man schon in den 1850er-Jahren nach Schatzkästchen. Die Freunde des Letterboxings mussten allerdings noch ohne Satelliten-Unterstützung auskommen.

(baz/voq/me/idnes/ČT)


Über dieses Thema berichtete MDR Dabei ab Zwei auch im: TV | 28.03.2011 | 14:00 Uhr