Semperopernball 2009: "Sächsischer Dankesorden" an Putin Moderator Emmerlich: "Ich würde immer reden"

06. Februar 2017, 14:12 Uhr

2009 bekam der russische Präsident Wladimir Putin den "Sächsischen Dankesorden" für "Verdienste um den russisch-sächsischen Kulturaustausch" verliehen. - Wir sprachen mit Gunther Emmerlich, der den Abend moderierte.

Wie gerechtfertigt war damals die Preisverleihung an Putin?

Ich glaube, das habe ich nicht zu beurteilen. Ich war der Moderator der Sendung, nicht der Bestimmer, ich war auch nicht der Organisator, ich war auch nicht derjenige, der die Gäste eingeladen hat. Das haben immer andere gemacht. Ich bin der Meinung, dass man durchaus mit allen Menschen, auch mit denen man nicht immer einer Meinung ist, im Kontakt bleiben soll, dass man das Gespräch suchen soll. Ob man gleich einen Orden verleihen sollte, das lass ich mal dahin gestellt. Ich habe meine Position deutlich gemacht am Anfang dieses Opernballs. Putin hatte damals gerade die Gasleitungen nach Europa gekappt und da habe ich eine Bemerkung gemacht am Anfang, dass die Erbauer der Semperoper gut beraten gewesen waren, dass sie elektrische Beleuchtung installiert statt Gasleuchten eingebaut hatten.

Wie ist es um das Verhältnis zwischen Deutschland und Russland heute bestellt?

Da ist viel Luft nach oben und wenig nach unten. Und man muss sehen, dass man auch mit solchen durchaus autoritär regierenden Staatsoberhäuptern im Gespräch bleibt, um größeren Schaden zu verhindern und um Gutes auf den Weg zu bringen. Denn es ist auch keine gute Situation, dass der Mittelstand in Deutschland Schaden nimmt durch das Embargo und dass auch die Russen Schaden nehmen. Nicht jeder Russe ist mit Putin gleichzusetzen, obwohl der im Lande ja einen großen Zuspruch hat. Und wir sollten auch immer das Volk im Blick haben und weniger diejenigen, die gerade das Sagen haben.

Wer hat sich Ihrer Meinung nach von wem entfremdet: Deutschland von Putin oder andersherum ...?

Die Frage nach dem Schuldigen bringt in den Gesprächen, die man führen muss, nicht sehr voran. Man könnte jetzt all das aufzählen, was Putin in der Zeit gemacht hat, einschließlich Annexion der Krim und einschließlich der Kämpfe in der Ostukraine, wo er einfach mal ein falsches Spiel gespielt hat. Er tut so, als würden das die Ostukrainer unter sich ausmachen und überhaupt die Ukraine ginge ihn weitestgehend nichts an. Dabei ist natürlich die russische Armee dort. Aber über all das muss man sprechen. Es gibt ein Minsker Abkommen und da muss man immer wieder darauf dringen, das Vereinbarungen, die man getroffen hat, auch eingehalten werden. Also die Benennung der Schuldigen ist diplomatisch gesehen kein guter Anfang für Gespräche. Man muss mit der Situation, die man hat, zurechtkommen und muss versuchen, aufeinander zuzugehen, um Frieden zu schaffen und ein gutes Verhältnis zwischen den Ländern zum Nutzen derer, die dort wohnen.

Was würden Sie machen, wenn Sie in verantwortlicher Position wären?

Ich würde immer reden. Reden, reden, reden. Weil miteinander reden immer besser ist als reden mit anderen über andere. Und noch schlimmer sind gewalttätige Auseinandersetzungen.

Stanislaw Tillich (Mitte, Deutschland/CDU/Ministerpräsident Sachsen) begrüßt mit Ehefrau Veronika Ministerpräsident Wladimir Putin (vorne re., Russland) zum Opernball in Dresden
Vor der Preisverleihung in der Dresdner Semperoper: Wladimir Putin und Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich, der die Laudatio auf den russischen Präsidenten hielt. Bildrechte: IMAGO / momentphoto/Robert Michael