Belarus Steinmeier eröffnet KZ-Gedenkstätte in Maly Trostinez

29. Juni 2018, 16:37 Uhr

Maly Trostinez war das größte Vernichtungslager während der Besetzung der Sowjetunion durch Nazi-Deutschland in den Jahren 1941 bis 1945. Das Lager unweit von Minsk galt lange als das "vergessene" Todeslager unter den ehemaligen deutschen KZ.

Nun erinnert eine Gedenkstätte an die Ermordung Zehntausender Zivilisten. Zur Eröffnung der Gedenkstätte kamen auch der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und sein österreichischer Amtskollege Alexander Van der Bellen.

Steinmeier, der als erster deutscher Bundespräsident das autoritär regierte Belarus besucht, sprach sich bei dem Festakt in Minsk dafür aus, dass Weißrussland im deutschen Bewusstsein aus dem Schatten der Sowjetunion heraustrete und als ein "Staat mit eigener Geschichte, Gegenwart und Zukunft" wahrgenommen werde. In Bezug auf die Erinnerungskultur sagte er:

Heute besteht die Verantwortung darin, das Wissen um das, was hier geschah, lebendig zu halten. Ich versichere Ihnen, wir werden diese Verantwortung auch gegen jene verteidigen, die sagen, sie werde abgegolten durch verstrichene Zeit.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

Der Grundstein für den ersten Teil der Gedenkstätte war im Jahr 2014 gelegt worden. Am Freitag wurde der zweite Teil der Gedenkstätte eingeweiht, gelegen auf dem Gelände der früheren Erschießungsstätte im Wald von Blagowschtschina. Für den neuen Bereich hatte das Auswärtige Amt 500.000 Euro zur Verfügung gestellt, weitere 500.000 Euro kamen von der Deutschen Kriegsgräberfürsorge und von Spendern aus Deutschland.

Massenerschießungen von Kindern und Greisen

Maly Trostinez - etwa zwölf Kilometer außerhalb von Minsk - war das einzige deutsche Konzentrationslager auf damals sowjetischem Boden. Zwischen 1942 und 1944 wurden in dem nahen Wald "Blagowschtschina" von deutschen Soldaten Massenhinrichtungen durchgeführt. In Güterzügen wurden Menschen aus ganz Europa dorthin gebracht. Direkt am Gleis wurden sie in Arbeitsfähige und –unfähige unterteilt.

Die Arbeitsunfähigen – mehrheitlich Frauen, Kinder und Greise – wurden daraufhin etwa 700 Meter in den Wald bei Blagowschtschina getrieben, Angehörige von Wehrmacht und SS erschossen sie im Schichtdienst und verscharrten sie in Massengräbern. Wer zu schwach für den letzten Marsch in den Wald war, wurde direkt am Gleis in Gaswagen ermordet.

Zehntausende Opfer, darunter viele Juden

Mehrere zehntausend Zivilisten wurden so ermordet. Die Schätzungen schwanken aufgrund schwieriger Quellenlage zwischen 50.000 und 150.000. Gegen Ende des Krieges hatten SS-Sonderkommandos versucht, die Verbrechen zu vertuschen. Sie exhumierten die Leichen und verbrannten diese, ebenso viele Dokumente.  

Unter den Ermordeten waren auch mehr als 10.000 Juden aus dem Wiener Ghetto. In keinem anderen Lager der Nazis wurden so viele österreichische Juden ermordet. Zu Sowjetzeiten wurde ihre Geschichte jedoch weitgehend ignoriert. Alle Opfer wurden damals als "sowjetische Bürger" bezeichnet. Durch die Initiative von Angehörigen begann Anfang der 2000er-Jahre die Aufarbeitung in Maly Trostinez.

(dpa/ahe/epd)

Über dieses Thema berichtete MDR AKTUELL auch im: TV | 23.03.2018 | 17:45 Uhr