Bosnien-Herzegowina Zulieferstreit in Leipzig: Was hat ein bosnischer Unternehmer damit zu tun?

25. Juni 2018, 15:05 Uhr

Er steckt hinter dem Autozulieferer Neue Halberg-Guss (NHG): der Bosnier Nijaz Hastor. Hierzulande ist der Unternehmer als Spekulant verschrien, in seiner Heimat aber gilt er als sozialer Hoffnungsträger.

Die Leipziger Gießerei Neue Halberg-Guss (NHG) gehört zum Firmengeflecht des bosnischen Milliardärs Nijaz Hastor. Seit Mitte Juni streiken die Beschäftigten - ein weiterer Höhepunkt im Streit zwischen Hastor und VW. Leidtragende des Konflikts sind die 700 Beschäftigten des NHG-Standorts in Leipzig, die bis Ende 2019 entlassen werden sollen.

Hastor legte Weltkonzern VW lahm

Nijaz Hastor ist in Deutschland umstritten: Weil VW einen Auftrag über 500 Millionen Euro bei einer von Hastors-Firmen storniert hatte, ließ er 2016 die Auslieferung diverser Komponenten stoppen. Das hatte hohe Schäden für die Wolfsburger zur Folge. Zehntausende Menschen konnten nicht mehr weiterarbeiten. Nach etlichen weiteren Volten zwischen Hastor und VW fallen nun offenbar die Leipziger diesem Streit zum Opfer. Seit Frühjahr brachen Aufträge weg, das Werk soll geschlossen werden.

"Hastorenschreck"

In Deutschland gilt Hastor so manchem bis heute als "Hastorenschreck", wie ein Gewerkschafter im April 2016 auf ein Protestplakat pinselte. Damals hatte eine seiner Firmen den deutschen Küchenbauer "Alno" übernommen, musste jedoch sieben Monate später Insolvenz anmelden. Der Unternehmer selbst schien sich davon nicht beeindrucken zu lassen und baute seine Möbelproduktion in Bosnien-Herzegowina aus.

Exzellenter Ruf in Bosnien

Hastors Ruf hierzulande ist ramponiert. In seiner Heimat Bosnien-Herzegowina gilt er jedoch als Vorzeigeunternehmer und Philanthrop. Hastors Sitzhersteller Prevent (dazu gehört auch NHG) ist der größte Arbeitgeber des Landes. 6.500 Mitarbeiter beschäftigt die Firma dort. Alleine 1.500 davon in ihrem modernsten Werk in Goražde, nahe der Grenze zu Serbien und Montenegro. Die Arbeitsbedingungen gelten als gut, der Lohn liegt über dem bosnischen Durchschnitt.

"Ich bin zufrieden. Ich habe Arbeit. Und das in einer Firma, in der die verschiedenen Volksgruppen wieder zusammen kommen", sagt Mitarbeiter Mario. Letzteres ist in Bosnien-Herzegowina eine Besonderheit. In der Prevent-Fabrik in Goražde arbeiten auch hunderte Menschen aus der "Republika Srpska", dem serbischen Teil Bosniens, mit dem ehemals verfeindeten bosnischen Muslimen friedlich zusammen, wie die Fabrikleiterin Leila unterstreicht:

Jeder Mensch will eine Chance und bei uns gibt es sie, zu arbeiten und davon leben zu können. Egal, ob aus der Republika Srpska oder anderswo. Egal, ob Mann oder Frau oder welche Hautfarbe. Bei uns spielt das keine Rolle.

Soziales Engagement bringt Ansehen

Hastor zeigt und äußert sich zwar kaum in der Öffentlichkeit, sein Einsatz gegen Nationalismus und für eine Versöhnung der ehemals verfeindeten Volksgruppen bringt ihm jedoch große Anerkennung ein. Neben Jobs sorgt der Unternehmer auch mit seiner "Nijaz Hastor-Foundation" für seinen ausgesprochen guten Ruf in Bosnien-Herzegowina.

Die Stiftung ermöglicht mehr als 1.500 jungen Bosniern per Stipendium ein Hochschulstudium. So soll der massiven Abwanderung aus dem Land etwas entgegengesetzt werden, in dem 60 Prozent der jungen Menschen arbeitslos sind. Jobs, Perspektiven, Versöhnung: in Bosnien-Herzegowina gilt Nijaz Hastor dank seines Engagements als Hoffnungsträger.

Über dieses Thema berichtete der MDR SACHSENSPIEGEL im: TV | 23.06.2018 | 19:00 Uhr