Tatarstans Präsident zu Besuch in Sachsen

07. März 2017, 22:28 Uhr

Tatarstan ist die Partnerregion Sachsens in Russland und wichtiger Handelspartner des Freistaats. Tatarstans Präsident Rustam Minnikhanov aber führen nicht nur wirtschaftliche Interessen immer wieder nach Deutschland.

Der Besuch des tatarischen Präsidenten Rustam Minnikhanov am 7. Februar 2017 in Sachsen ist bereits der zweite innerhalb eines Jahres. Beide Länder unterhalten seit den frühen 1990er-Jahren intensive Wirtschaftsbeziehungen. Und gerade in Zeiten von Sanktionen und Gegensanktionen, so der Tenor, müssten diese gepflegt werden.

Große Rohstoffvorkommen in Tatarstan

Erst im November 2016 reiste deshalb auch Stanislaw Tillich nach Tatarstan und Moskau. Begleitet wurde er von einer 50 Mann starken Wirtschaftsdelegation. Tillich spricht von Tatarstan als einer "…innovativen und wirtschaftlich dynamischen Region", und erklärte damals: "In Tatarstan gibt es große Rohstoffvorkommen – vor allem Erdgas und Erdöl - und eine Regierung, die ganz gezielt auf westliches Know-how setzt. Und zwar sowohl bei der Ausrüstung für die Erdgasförderung als auch bei Investitionen in das verarbeitende Gewerbe."

Deutsche Investitionen rückläufig

Insgesamt sind in Tatarstan über 80 deutsche Unternehmen aktiv. Darunter Siemens, Bosch, SAP und BASF. Daimler betreibt eine Kooperation mit dem russischen Lastwagenhersteller Kamaz. 2015 betrugen deutsche Investitionen in die Wirtschaft Tatarstans mehr als eine Milliarde Euro. Doch die Zahlen sind seit zwei Jahren rückläufig.  

Nach Angaben der IHK Leipzig exportierte Sachsen 2016 in die Russische Föderation Waren im Wert von 664 Millionen Euro. Das ist fast ein Drittel weniger als noch ein Jahr zuvor. Im Importbereich, insbesondere bei Rohstoffen, macht sich die Tendenz noch deutlicher bemerkbar: Dieser ist im Vergleich zu 2015 regelrecht eingebrochen, um 88 Prozent – er beträgt aktuell 127 Millionen Euro.   

Erfolgreiche Teilrepublik

Tatarstan, das als Teilrepublik in deutschen Medien selten wahrgenommen wird, gehört innerhalb der Russischen Föderation tatsächlich zu den wirtschaftlich erfolgreichen und innovativen Regionen. Vor dem Hintergrund einer stabilen allgemeinen Wirtschaftsleistung gab es im Bereich Industrie bis Mitte 2016 sogar ein Wachstum von 3,4 Prozent. Für die sächsischen Unternehmen sind insbesondere Bereiche wie Energie, Ölverarbeitung, IT sowie Automobil-, Maschinen- und Flugzeugbau interessant. Konkretes Ergebnis des letzten sächsischen Besuchs war die Eröffnung eines Innovationszentrums an der Staatlichen Energieuniversität der Hauptstadt Kasan. Bei diesem Projekt kooperiert die Hochschule mit einem Dresdner Unternehmen - und plant Untersuchungen zu Energieeffizienz und Umweltsicherheit.

Sanktionen sind "ungeeignete Mittel"

Stanislaw Tillich
Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Dass das Thema EU-Sanktionen im Rahmen dieses Austauschs äußerst kritisch gesehen wird, verwundert nicht. Tillich wurde bei seinem Besuch von kazanfirst.ru, einem führenden regionalen online-Medium, seinerzeit mit den Worten zitiert: "In Sachsen werden in Bezug auf Sanktionen Zweifel geäußert. Unsere Position diesbezüglich ist, dass es sich dabei um ungeeignete Mittel handelt, um Ziele zu erreichen." Eine Haltung, die Rustam Minnikhanov gefallen dürfte, basiert doch der Wohlstand seiner Region auf vielfältigen Wirtschaftsbeziehungen mit dem Ausland. Und gerade dieser Wohlstand und wirtschaftliche Selbständigkeit garantiert Minnikhanov eine starke Position, wenn es darum geht, mit Moskau um die Verteilung gesamtstaatlicher Mittel zu verhandeln. Erst Mitte Januar 2017, auf dem Gaidar-Wirtschaftsforum in Moskau, hat Minnikhanov die Verteilungspolitik des Kremls recht harsch kritisiert und dem Zentrum vorgeworfen, schwache Regionen so zu unterstützen, dass auch die Prosperierenden in Not geraten. Dabei bekam er auch von anderen regionalen Spitzenpolitikern große Unterstützung.    

Tatarische Diaspora

Neben den wirtschaftlichen Beziehungen geht es Minnikhanov in Sachsen aber auch um Treffen mit Vertretern der tatarischen Diaspora, die im 20. Jahrhundert durch Vertreibungen und Umsiedlungen insbesondere zu Sowjet-Zeiten entstand. Angehörige des Volkes sind heute auf 35 Länder verteilt.

Regelmäßig kommen in Kasan Vertreter von 352 tatarischen Organisationen im Rahmen des Tatarischen Weltkongresses zusammen, um zu Fragen der Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft zu tagen. In Deutschland leben rund 4.000 ethnische Tataren. Der Verein Argamak e.V., in dem sich vor allem junge Tataren engagieren, organisiert und feiert regelmäßig traditionelle tatarische Feste.