Trump in Polen PR-Coup mit Konfliktpotenzial

06. Juli 2017, 14:43 Uhr

Vor dem G20-Gipfel in Hamburg reist US-Präsidenten Donald Trump nach Polen. Ein Besuch, der mit großen Erwartungen, aber auch Befürchtungen verknüpft ist. Denn Polen hat ein zwiespältiges Verhältnis zu Trumps Politik.

Seit Tagen ist der Besuch Trumps in Warschau das Thema in den polnischen Medien. So hat die Tageszeitung "Rzeczpospolita" ihm gleich mehrere Sonderseiten gewidmet. Denn Gesprächsbedarf gibt es genug: in Sicherheits- und Energiefragen, sowie der Flüchtlings- und Wirtschaftspolitik. In allen Bereichen erhofft man sich an der Weichsel Unterstützung aus Washington. Was Trump den Polen aber wirklich anbieten wird, weiß niemand so genau.

NATO als Sicherheitsgarant

Die USA gelten als wichtigster Verbündeter und außenpolitischer Sicherheitsgarant Polens. Deswegen beäugt man dort Trumps Aussagen zur NATO und seine Verbindungen nach Moskau besonders argwöhnisch. Polens Beziehung zu Russland ist historisch belastet. Nach dem Zerfall der Sowjetunion war der NATO- neben dem EU-Beitritt das wichtigste Ziel polnischer Außenpolitik. Seit 1999 ist das Land Mitglied des Militärbündnisses.

Im Zuge des Ukraine-Konflikts nahm in Polen - wie auch im Baltikum - die Angst vor einer aggressiven russischen Außenpolitik wieder zu. Auch deshalb verlangten Polen, Litauen, Lettland und Estland nach mehr Präsenz der NATO. In der ersten Jahreshälfte verlegte diese Truppen und Material in die Region. Die USA schickten bereits im Januar eigene Soldaten. In Polen erhofft man sich nach Trumps anfangs kontroversen Aussagen zur NATO nun ein klares Bekenntnis zur Sicherheitspartnerschaft.

Osteuropa

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Kohleausbau und Gas-Deal

Der polnische Präsident Andrzej Duda erklärte in einem Interview mit der Wochenzeitung "Do Rzeczy", neben der Sicherheits- sei die Energiepolitik sein wichtigstes Gesprächsthema mit Trump. Denn Polen setzt, ähnlich wie die USA, weiter auf fossile Energieträger. Trump wiederum will die Europäer überzeugen, Flüssig-Erdgas aus den USA zu importieren. Damit würde auch die Abhängigkeit von russischen Energieimporten sinken. Die meisten EU-Staaten sehen Trumps Energiepolitik aber skeptisch.

Traum von "Goldenen Zeitalter"

Außerdem erhofft sich Polen Unterstützung bei seiner "Intermarium"-Initiative, dem Konzept eines neuen Bündnisses der Staaten zwischen Ostsee, Mittel- und Schwarzem Meer. Es ist ein alter Traum polnischer Konservativer, die gerne Polens "Goldenes Zeitalter" beschwören. Gemeint ist die Zeit zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert, als sich die polnisch-litauische Adelsrepublik zwischen jenen drei Meeren erstreckte.

Für die PiS-Regierung in Warschau ist das Intermarium-Konzept aber auch eine Art Gegen-EU: Ein eigenes Bündnis östlicher EU-Staaten, die sich von Flüchtlingen und dem liberalen "Diktat aus Berlin" und Brüssel abschotten wollen. Deshalb wird dort in der Initiative auch eine potentielle Gefahr der Spaltung Europas gesehen.

PR-Coup mit Folgen

Nun wird Trump just beim Intermarium-Treffen als Ehrengast erwartet. Eigens für den PR-Coup der polnischen Regierung wurde das Treffen von Breslau nach Warschau verlegt. Staatspräsident Duda erklärte in seinem Zeitungs-Interview selbstbewusst, der bevorstehende Trump-Besuch werte Polen auf und zeige auch die ganze Bedeutung der Intermarium-Initiative.

Es ist ein innenpolitischer Erfolg, der die Beziehungen Polens zu seinen westlichen EU-Partnern aber weiter abkühlen lassen könnte, befürchten viele Beobachter. Und innerhalb Europas bleibe gerade Deutschland der politisch und ökonomisch wichtigste Partner, merkt die Rzeczpospolita in ihrer Sonderberichterstattung an. Ein Umstand, den die polnische Regierung bei ihrer Kritik an Berlins Wirtschafts- und Flüchtlingspolitik gerne ausspart.

Visapflicht für Trump-Versteher

Gerade wegen letzterer stößt Trumps protektionistische und nationalistische Politik bei vielen Polen auf Anklang. Auch die Regierung sieht sich in ihrer Blockade einer europäischen Flüchtlingsverteilung bestätigt. Dabei haben viele Polen ganz eigene Erfahrungen mit der US-Einreisepolitik. Sie dürfen bis heute nicht ohne Visum in die USA einreisen. Für gerade einmal fünf EU-Staaten gelten diese Einschränkungen: Kroatien, Zypern, Bulgarien, Rumänien und eben Polen.

Warschau fordert daher seit Jahren, die Visapflicht endlich aufzuheben. Unterstützung erhält Polen dabei vom EU-Parlament, das Washington mehrfach zum Handeln aufrief und sogar mit Konsequenzen für die eigenen Einreiseregelungen für US-Bürger drohte. Trump jedenfalls versprach noch kurz nach seiner Wahl, die Visapflicht für Polen endlich abzuschaffen. Passiert ist seit seiner Amtsübernahme aber nichts.  

Über dieses Thema berichtete MDR AKTUELL auch im: Radio | 29.06.2017 | 10:00 Uhr

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