Frau steckt Wahlschein in Wahlurne
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Wahlbetrug vor laufender Kamera?

19. September 2016, 19:00 Uhr

Es ist amtlich: Die russische Parlamentswahl ist für gültig erklärt worden. Doch Videomitschnitte aus verschiedenen Wahllokalen belegen, dass manche Wahlhelfer offenbar mehr als erlaubt "geholfen" haben.

Bei der Duma-Wahl in Russland sind Mitglieder örtlicher Wahlkommissionen beobachtet worden, wie sie Stimmzettel stapelweise in die Urnen warfen. Noch vor Ende der Abstimmung tauchten im Netz Videomitschnitte von Kameras aus den Wahllokalen auf, zum Beispiel aus Nischni Nowgorod oder Rostow am Don. Auch auf Twitter kurisieren entsprechende Meldungen und Fotos, zum Beispiel aus Sankt Petersburg.

Die in Riga ansässige russischsprachige Internetzeitung "Meduza" beschreibt ausführlich den Fall vom Rostower Gymnasium Nr. 12. Im Wahllokal, das in der Turnhalle eingerichtet war, wurden gleich zwei Mal von Mitgliedern der Wahlkommission Wahlzettel in die Urnen geworfen.

Auch die beliebte Moskauer Internetzeitung Lenta.ru schreibt über Rostow - eine kleine "Mauer" aus Mitgliedern der Wahlkommission wollte demnach den Betrug abschirmen. Das Innenministerium habe "die Fakten gesichert", meldet die russische Nachrichtenagentur TASS.

Auf einem Twitter-Account meldeten Internetuser aus ganz Russland ihre eigenen Beobachtungen von Wahlmanipulationen - der Account wurde zwischenzeitlich von den Administratoren gesperrt. Mehrfach wird zudem geschildert, dass Wähler vor der Stimmabgabe bestochen worden seien oder dass Verstorbene gewählt hätten... Die Zeitung "Kommersant" berichtet auch bei dieser Wahl von so genannten Wahlkarussells. Damit sind organisierte Touren gemeint, bei denen Wähler mehrere Wahllokale nacheinander aufsuchen, um mehrfach abzustimmen.

Mehrere Parteien erheben ebenfalls Manipulationsvorwürfe. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa hatte mehr als 460 Wahl-Beobachter im Einsatz. Sie haben bei dieser Wahl zwar Verbesserungen etwa in Bezug auf die Tranzparenz der Stimmabgabe attestiert, aber dennoch Unregelmäßigkeiten festgestellt und kritisiert, dass demokratische Prinzipien oft nicht angewandt worden seien.

Die Leiterin der zentralen Wahlkommission Ella Pamfilowa hatte schon im Vorfeld die Republikchefs im Nordkaukasus wissen lassen, dass Wahlergebnisse von über 90 Prozent "nicht mehr in Mode" seien. Firmenchefs untersagte sie, die Wahlbenachrichtigungen ihrer Angestellten für das kollektive Wählen einzusammeln. Pamfilowa hatte angekündigt: "wenn ich diese Wahl verpatze, natürlich, dann trete ich zurück."