exakt | 13.06.2018 Bauland statt Beete
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In einigen Städten in Mitteldeutschland sollen Kleingärten neuen Wohnhäusern weichen. Für die Städte ist das attraktiv, für die Gärtner aber eine Katastrophe.
In Bad Langensalza hängt der Stadtsegen schief. Die Kleingärtner aus der Anlage "Am Volkspark" sind empört. Der Grund: Ihre Gärten sollen Neubauten weichen. In zentraler Lage befindet sich die vier Hektar große Kleingartenanlage. Eine grüne Oase mitten im Stadtgebiet soll zu Bauland für neue Einfamilienhäuser werden. Knapp 25 neue Grundstücke anstelle von 135 Gartenparzellen. 2022 soll es losgehen.
Thomas Hibbeler gärtnert dort seit einem Vierteljahrhundert. Letztes Jahr investierte er 1.500 Euro in ein neues Dach für sein Gartenhäuschen. Fast ein ganzer Monatslohn. Seit er von den Bauplänen weiß, ist er sauer. Zumal sich der Hausmeister und seine Frau finanziell gebunden haben. Den Kredit für das Dach müssen sie über zwei Jahre abzahlen. Der Garten ist für ihn und viele Städter ein wichtiger Rückzugsort.
Im Einigungsvertrag wurde der Schutz von über einer Million ostdeutscher Kleingärten festgeschrieben. Doch die Schutzklausel war zeitlich begrenzt. "Vom 4. Oktober 2015 an kann der Grundstückseigentümer den Vertrag [...] kündigen." Obwohl es keine offiziellen Zahlen gibt, stehen laut MDR exakt-Recherchen nun vielerorts Gärten im Weg. Neben Bad Langensalza sollen aktuell auch in Jena, Leipzig, Penig und Wurzen Kleingärten für Bauland weichen. In Magdeburg ist das Thema besonders brisant.
Die Zukunftsvision: Zuzug und neue Arbeitskräfte
Im attraktiven Stadtteil Werder auf der Elbinsel soll die Kleingartenanlage "Am Domfelsen" verschwinden. Für Roland Zander ein Unding. Schon 2013 hatte er die Magdeburger Gartenpartei gegründet, um damals die Bebauung seines eigenen Pachtgrundstücks zu stoppen. Erfolgreich - die Partei zog in den Magdeburger Stadtrat ein und verhinderte die Baupläne, doch nun steht wieder Ärger ins Haus. Und das, obwohl es in der Stadt auch andere Brachflächen gäbe. Zander echauffiert sich auch über die soziale Entwicklung im Viertel. "Der Investor hat klipp und klar gesagt, es werden keine Sozialwohnungen, sondern Luxuswohnungen. Die kann sich nicht jeder leisten."
Also will er wieder kämpfen. Einigen Pächtern wurde schon eine Entschädigung von einigen Tausend Euro gezahlt. Für Zander ist der Betrag nicht angemessen.
In Magdeburg soll schon 2020 Schluss sein, in Bad Langensalza ist noch alles offen. In der Schuld steht hier Bürgermeister Bernhard Schönau (FDP). Schon einmal hatte er eine Gartensparte geschlossen. Damals wurde eine Rehaklinik gebaut. Der Bürgermeister ist überzeugt, dass der Klinikbau die Stadt entschieden aufgewertet hat.
Schönau will nun junge Familien in die Stadt locken, die im nahe gelegenen Erfurt kein bezahlbares Bauland mehr finden. Er sieht mehr Vor- als Nachteile für Bad Langensalza: mehr Arbeitskräfte, mehr Zuzug. Doch der Widerstand in der Bevölkerung ist so groß, dass das Thema sogar im städtischen Bauausschuss ad acta gelegt wurde. Vorübergehend.
Nach Abschluss unserer Dreharbeiten erfahren wir, dass der Bürgermeister das Thema doch wieder auf die Tagesordnung bringen will. Wenn es nach ihm geht, soll der Stadtrat noch in seiner Amtszeit darüber abstimmen. Die endet in zwei Wochen.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | exakt | 13. Juni 2018 | 20:15 Uhr
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05.07.2018 09:40 Jagemann 5
15.06.2018 08:27 Rolf Konrad 4
14.06.2018 15:02 Harzfreund 3
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14.06.2018 12:38 Harzfreund 1