FAQ exactly "Lohnt sich Arbeit noch?"

Katharina Vorndran
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Wir freuen uns sehr, dass das exactly "Zwischen Inflation, Mindestlohn und Bürgergeld – lohnt sich Arbeit noch?" auf unseren Social-Media-Kanälen so sehr zum Diskutieren einlädt und bedanken uns für Eure Hinweise. Weil der Film einige Fakten zum besseren Verständnis vereinfacht darstellt, sind diese Fragen von Euch aufgekommen, die wir hiermit beantworten möchten:

1. Was ist mit der Miete in der Rechnung von Sandra H.?

Sandra H. hat eine Warmmiete von 450 Euro. Diese wurde als „Kosten der Unterkunft“ zum Bürgergeldanspruch dazugerechnet.

2. Warum wird Sandras Miete nicht abgezogen beim Einkommen?

Da die Kosten der Unterkunft Teil des Anspruchs sind, gehen wir hier vom vollen Wert aus. Beide Zahlen (Einkommen und Bürgergeldanspruch) sollen das jeweils gesamte zur Verfügung stehende Geld darstellen. Deshalb wurden Mietkosten bei keiner der Summen abgezogen.

Zusatz: Dass User in den Kommentaren mit Mieten von 600 bis 1.000 Euro oder mehr rechnen, das ist die individuelle Einschätzung und Lebenswelt der Kommentierenden. Wir arbeiten in dem Video mit den Zahlen, die uns unsere konkreten Interviewpartner*innen genannt haben. Uns ist klar, dass je nach Wohnort viele Menschen höhere Mieten zahlen müssen.

3. Detailinformationen zum Anspruch Bürgergeld im Beispiel von Sandra 

Solch eine Einkommensberechnung hat seine Tücken. Rückblickend betrachtet, hätte eine genauere Aufschlüsselung und Ausklammerung des Unterhaltes weniger Fragen aufgeworfen. Aber besser spät als nie - hier jetzt diese Infos.

Regelsätze  
Erwachsene Person 502 Euro
Kind bis 5 Jahre 318 Euro
Mehrbedarf für Alleinerziehende 181 Euro
   
Kosten für die Unterkunft  
Warmmiete inkl. Heizkosten 450 Euro
   
Abzüge aus Einkünften  
Kindergeld 250 Euro
Unterhalt (Mindestbetrag laut Düsseldorfer Tabelle 2023) 437 Euro
   
   Regelsätze Bürgergeld

+ Kosten für die Unterkunft

-  Abzüge
1.001 Euro

450 Euro

687 Euro
Vermutlicher Anspruch Bürgergeld 764 Euro
   
Finale Summe:

Vermutlicher Anspruch

+ Kindergeld
764 Euro

250 Euro
   
Einkommen gesamt bei Bürgergeldbezug 1.014 Euro

In der Grafik im Film ist der gezahlte Unterhalt für die Tochter von Sandra auf beiden Seiten der Rechnung (Einkommen bei Lohnarbeit vs. Bürgergeld) nicht enthalten.

Hätten wir den pauschalen Unterhalt nicht mit in die Abzüge eingerechnet, wäre ein Anspruch von 1.201 Euro entstanden. Inklusive Kindergeld würde der Betrag dann bei 1.451 Euro landen. Damit wäre der Unterschied (ohne den Unterhalt für die Tochter) 189 Euro. Was wir hier nicht vergessen dürfen: Sandra H. arbeitet 30-32 Stunden in der Woche und hat keinen Vollzeitjob.

4. Das Kindergeld wird beim Bürgergeld angerechnet – warum taucht es in der Rechnung auf?

Das Kindergeld (ebenso wie Unterhalt), wird als "Einkommen" gesehen und deshalb beim Bürgergeld voll angerechnet. Bei der Berechnung des Bürgergeldsatzes wird es daher abgezogen. Weil das Kindergeld trotzdem überwiesen wird (sonst könnte es nicht als Einkommen gelten) taucht es dennoch in der Rechnung auf. Im Grunde ergibt sich hier eine Nullrechnung. Der Vollständigkeit halber ist das Kindergeld dennoch aufgeführt.

5. Warum werden keine Fahrtkosten beim Einkommen berechnet oder zusätzliche Vergünstigungen beim Bürgergeld?

Um die Rechnungen vereinfacht zu halten, haben wir bewusst keine zusätzlichen Kosten oder Vergünstigungen miteinberechnet.

6. Warum wurden die Bedingungen, die an der Auszahlung des Bürgergelds hängen, nicht thematisiert?

Zahlreiche persönliche Einschränkungen, die es beim Beziehen von Bürgergeld gibt, haben wir nicht angesprochen. Das wären z.B. ständige Erreichbarkeit und Verbleib in der Stadt, regelmäßige Termine, Anrufe, Vorlage von Einkünften und Konten, Notwendigkeit der Beantragung von Urlaub usw. Das war nicht Thema des Films, wir haben uns vorrangig mit der Einkommenssituation und der Motivation zur Arbeit beschäftigt.

Ich kann die Rechnung bei Familie Gellert nicht nachvollziehen – was passiert hier.

Bei Familie Gellert leben zwar neben dem Enkel noch zwei weitere Söhne von Bettina, beide sind aber wie Jens volljährig und erhalten ihr eigenes Bürgergeld. Deshalb taucht es hier nur in Form von Kostgeld von Sohn Patrick auf.

Weil der Enkel als Pflegekind hier lebt, erhält Bettina kein weiteres Bürgergeld für ihn als Kind. Das Pflegegeld darf nicht angerechnet werden. Den vollen Betrag wollen die Gellerts nicht nennen, weshalb nur ihr Pflegeanteil von 250 Euro in unserer Rechnung auftaucht.

Die Miete der Gellerts wird vom Amt getragen. Bettina und Peter zahlen nur einen Anteil, da die beiden erwachsenen Söhne ebenfalls ihren Anteil zahlen. Weil wir hier den Fokus auf das verfügbare Einkommen der Großeltern und des Enkels legen wollen, wird sie nicht aufgeführt.

Familie Gellert lässt schon vor der Auszahlung des Geldes beim Jobcenter Strom, Zusatzversicherungen und andere selbstzutragende Nebenkosten abziehen, die dann das Amt vom Regelsatz überweist. Dadurch werden am Ende "nur" 282 Euro ausbezahlt.

Die Rechnung haben wir hier noch einmal detaillierter aufgeschlüsselt:

Bürgergeld Regelsatz Bettina 451 Euro
Bürgergeld Regelsatz Peter 451 Euro
Abzüge (Kindergeldanrechnung, selbstzutragende Nebenkosten, Zusatzversicherungen) - 620 Euro
Bürgergeld, das ausgezahlt wird: 282 Euro
Kindergeld Enkel 250 Euro
Zwischensumme: 532 Euro
   
Zusatz: Kostgeld eines der beiden Söhne, der regelmäßig mitisst 100 Euro
Pflegeanteil für Bettina und Peter von Pflegegeld für den Enkel 250 Euro
Zwischensumme: 350 Euro
   
Gesamtsumme des verfügbaren Einkommens: 882 Euro

Würde man die Abzüge (abgesehen von der Anrechnung des Kindergeldes) nicht abziehen, würde man bei 1.252 Euro für Bettina, Peter und den Enkel landen, ohne Mietkosten. Hinzu kommt dann noch der restliche Pflegegeldanteil für Enkel Jaden.

Falls sich weitere Fragen vermehrt ergeben, werden wir diese Liste ergänzen.