Gottesdienste eröffnen evangelisches Glaubensfest 33. Kirchentag in Dresden hat begonnen

01. Juni 2011, 17:52 Uhr

Dresden ist erstmals Schauplatz des Evangelischen Kirchentags. Bei dem protestantischen Laientreffen geht es in erster Linie um Gedankenaustausch, Orientierungshilfe und neue Impulse fürs Gemeindeleben. Die Stadt will den Besuchern dazu noch Lebensfreude und eine gute Portion Kultur schenken. Zur Stunde wird der Kirchentag mit drei Gottesdiensten eröffnet.

In Dresden hat der 33. Deutsche Evangelische Kirchentag begonnen. In drei Gottesdiensten stimmen sich die Besucher zur Stunde auf das Glaubensfest ein. Der sächsische Landesbischof Jochen Bohl warnte in seiner Ansprache vor der unermüdlichen Jagd nach Geld und einer "Geiz ist geil"-Mentalität. Irdische Schätze seien vergänglich, das rastlose Streben danach habe in die weltweite Finanzkrise geführt, sagte Bohl. Jesus Christus fordere dazu auf, "himmlische Schätze" zu sammeln, etwa durch Nächstenliebe. Bohl spielte damit auf das Leitwort des Kirchentags an, das einen Spruch aus der Bergpredigt Jesu zitiert: "Wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein".

Radler, Wanderer und Schwimmer pilgern nach Dresden

Zum Kirchentag haben sich 118.000 Dauerteilnehmer aus dem In- und Ausland angemeldet. Jeder dritte von ihnen kommt aus Ostdeutschland – das sind so viele wie noch nie. Mit einem Gospelkonzert am Lutherdenkmal vor der Frauenkirche sind bereits am Mittag Fahrrad- und Fußpilger aus ganz Deutschland begrüßt worden. Zu Fuß kamen die Pilger unter anderem aus Bremen, Hamburg, Berlin und aus Süddeutschland. 280 Fahrradpilger waren am 29. Mai in Wittenberg gestartet und in zweieinhalb Tagen 180 Kilometer nach Dresden geradelt. Unter den ersten Kirchentagsgästen waren auch fünf Elbeschwimmer aus Deutschland und Tschechien. In zwei Etappen legten sie die rund 70 Flusskilometer zwischen dem tschechischen Decin und Dresden zurück. Mit der Aktion protestierten sie gegen die geplanten Staustufen in der Elbe.

An allen Tagen werden unzählige Tagesbesucher in Dresden erwartet. Die sächsische Landeshauptstadt ist das erste Mal Gastgeber des Kirchentags. Ohnehin fand das protestantische Laientreffen seit der Wiedervereinigung erst einmal in Ostdeutschland statt – 1997 in Leipzig.

Zitat aus der Bergpredigt als "geistiges Gerüst"

Der Kirchentag steht in diesem Jahr unter dem Motto " ... da wird auch dein Herz sein." Dieses Zitat aus der Bergpredigt Jesu im Neuen Testament soll das Treffen als "geistiges Gerüst" durchziehen – vom Eröffnungsgottesdienst heute Abend bis zum Abschluss am Sonntag. Bis dahin sind mehr als 2.200 Veranstaltungen an gut 120 Standorten geplant: Gottesdienste, Bibelarbeiten, Diskussionen, Konzerte, Feste und Begegnungstreffen. Thematische Schwerpunkte sind wie bei jedem Kirchentag Fragen des Glaubens, der individuellen Lebensgestaltung, der Ethik und der Gesellschaftspolitik.

Und wie immer fließen auch diesmal wieder aktuelle Ereignisse und Entwicklungen ins Programm ein, so gibt es Vorträge und Podiumsrunden zur Atomkatastrophe in Japan und dem Atomausstieg in Deutschland, zur Euro-Krise, zum internationalen Terrorismus und zu den Auslandseinsätzen der Bundeswehr - Frieden schaffen mit oder ohne Waffen? 1.800 Referenten werden an den fünf Tagen erwartet, unter ihnen viele namhafte Experten und Prominente aus Politik, Kultur und Wissenschaft. Mit dabei ist unter anderem Bundespräsident Christian Wulff, der zur Eröffnung des Kirchentags heute Abend auch ein Grußwort sprechen wird.

Es gibt keine andere vergleichbare Veranstaltung in Deutschland und Europa, bei der mit solch einer Ernsthaftigkeit und Genauigkeit die Fragen der Zeit diskutiert werden.

Sächsischer Landesbischof Jochen Bohl

Trotz der vielen schwergewichtigen Themen – der Kirchentag will vor allem auch Spaß und Lebensfreude vermitteln, mit Konzerten, Theater, Kabarett, Kultur – vor allem mit Kultur, immerhin ist Dresden eine Stadt mit großer kultureller Vergangenheit und das will sie auch zeigen. Die rund 120 Veranstaltungsorte ziehen sich wie eine Perlenkette entlang an der Elbe vom Messegelände bis zum Großen Garten, vorbei an der Frauenkirche und der Altstadt mit dem Zwinger. Rund um die 2005 wieder geweihte Frauenkirche spielt sich das Hauptgeschehen des Kirchentags ab. Auf der Kuppel wird es zudem jeden Tag Morgenandachten geben.

Eigens komponiertes Chorwerk und Lichtermeer

Einen der Höhepunkte des Kirchentags gibt es gleich am Eröffnungstag: den "Abend der Begegnung". Zu dem Straßenfest werden mehr als 300.000 Gäste erwartet. Dresdens Finanzbürgermeister Hartmut Vorjohann findet dafür klare Worte: "Das ist der absolute Hammer für die Stadt." Und die hat sich dafür auch etwas einfallen lassen, ein 15-minütiges Chorwerk von Komponist Sven Helbig plus einem Lichtermeer aus rund 150.000 Kerzen an und in der Elbe. Angestimmt werden soll das Musikstück von den Besuchern des "Abends der Begegnung" selbst. Sie alle sollen gemeinsam den Ton "a" summen.

Auch der MDR ist beim "Abend der Begegnung" dabei. Er präsentiert auf dem Dresdner Altmarkt ein "Best Of"-Konzert mit den "Prinzen".

"Dresden wird ökumenischster aller Kirchentage"

Ökumenischer Höhepunkt des Kirchentags wird ein gemeinsamer Gottesdienst von evangelischen und katholischen Christen zu Christi Himmelfahrt am 2. Juni im Rudolf-Harbig-Stadion sein. Ohnehin, sagt Kirchentagspräsidentin Katrin Göring-Eckardt, soll das Glaubensfest in Dresden der ökumenischste aller bisherigen Evangelischen Kirchentage werden und den gemeinsamen Dialog wieder voranbringen.

Zum Kirchentag erwartet werden nicht nur Protestanten aus Deutschland, sondern auch aus anderen Ländern. Am deutlichsten zeigen dürfte sich das im Zentrum "Mittel- und Osteuropa", wo sich die geografische Lage Dresdens widerspiegelt. Mehrere tausend evangelische Christen aus den Nachbarländern kommen dort zusammen, darunter aus Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Slowenien und den baltischen Staaten. Nach den Worten des sächsischen Landesbischofs Bohl ist das bei einem Kirchentag bislang einmalig.

Fünf Tage Ausnahmezustand

Für Dresden selbst bedeutet der Kirchentag fünf Tage Ausnahmezustand. Teile der Innenstadt werden für den Autoverkehr gesperrt. Die Organisatoren empfehlen deshalb dringend zu laufen oder zu radeln. Für die Teilnehmer stehen knapp 3.000 Fahrräder zur kostenlosen Ausleihe bereit. Der Elberadweg wird für die Dauer des Kirchentages allerdings zum Fußgängerweg. Radler müssen auf breitere Straßen ausweichen. Busse und Straßenbahnen fahren häufiger als sonst üblich. Extra-Fähren bringen Kirchentagsbesucher über die Elbe. Für die Sicherheit in der Stadt sorgen 250 zusätzliche Streifen der Polizei.

Hotels und Pensionen in und um Dresden sind seit Monaten ausgebucht. Viele Kirchentagsbesucher werden deshalb hautnah in den Genuss sächsischer Gastfreundschaft kommen, in einem der 12.000 Quartiere, die Privatleute aus Dresden und Umgebung zur Verfügung gestellt haben. Das Angebot reicht vom einfachen Klappbett in der Küche bis hin zu einer Unterkunft in einem echten Schloss. Für 40.000 Menschen gibt es zudem Platz in 260 Schulen, die zum Kirchentag leergeräumt wurden. Diese Gemeinschaftsquartiere werden von Kirchgemeinden und gut 3.000 freiwilligen Helfern betreut.

Deutscher Evangelischer Kirchentag Den Deutschen Evangelischen Kirchentag gibt es seit 1949. Er ist das wichtigste Ereignis der evangelischen Laienbewegung und versteht sich als unabhängig von der Evangelischen Kirche. Zunächst fand er jedes Jahr statt, seit 1959 dann alle zwei Jahre im Wechsel mit den Katholikentagen.

Von 1961 bis zur Wiedervereinigung gab es neben dem Deutschen Evangelischen Kirchentag auch den Evangelischen Kirchentag in der DDR. Das Treffen findet nach 1954 und 1997 in Leipzig zum dritten Mal in Sachsen statt.

Einige Veranstaltungen sind fester Bestandteil jedes Kirchentages. Dazu gehören der Abend der Begegnung am Eröffnungstag, die Tagzeitengebete, das Feierabendmahl, die Bibelarbeit, gemeinsames Singen oder der Markt der Möglichkeiten. Aktuelle Präsidentin des Kirchentags ist die Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt von den Grünen.