"Nur miteinander oder gar nicht" Wulff wirbt für offene Gesellschaft

02. Juni 2011, 16:44 Uhr

Bundespräsident Christian Wulff hat auf dem Evangelischen Kirchentag zu mehr Offenheit in der Gesellschaft aufgerufen. Das Staatsoberhaupt sagte während einer Diskussionsrunde am Donnerstag, in der globalen Welt werde es nur miteinander oder gar nicht gehen.

Zusammenleben "nur auf Grundlage des Grundgesetzes"

Wulff sagte weiter, Christen hätten die Chance zu zeigen, wie sie mit anderen Religionen umgehen. Zeigten sie keine Offenheit, könnten sie das auch nicht von muslimischen Gesellschaften verlangen. Gleichzeitig forderte der Bundespräsident aber auch eine Erneuerung des Islam. Wulff betonte, dass das Zusammenleben der Religionen in Deutschland nur auf Grundlage des Grundgesetzes funktionieren könne. "Es kann nicht sein, dass der Vorrang der Religion gehört", sagte er.

Wulff zeigt Verständnis für Sorgen angesichts Terror

Zugleich bekräftigte Wulff seine Aussage, dass der Islam inzwischen zu Deutschland gehöre. Allerdings habe er auch Verständnis für Ängste in der Bevölkerung – angesichts von Gewalt, Terror, Missachtung der Rechte von Frauen in einzelnen islamischen Milieus. Nach seiner umstrittenen Rede vom 3. Oktober habe er 4.200 Briefe erhalten, von denen 4.000 solche Sorgen ausgedrückt hätten. Wulff räumte auch "große Versäumnisse" bei der Integrationspolitik ein, mahnte jedoch differenzierte Urteile an, da der Mehrheitsislam keine Gefahr darstelle. Vielmehr gebe es unter muslimischen Migranten viele Erfolgsgeschichten von Menschen, die sich trotzdem an den Rand gedrängt fühlten.

Imame in Deutschland - christliche Theologen in Türkei

Mit Blick auf die Freiheitsrechte in muslimischen Ländern kritisierte Wulff die Türkei und den Iran. Die Türkei forderte er zu schnelleren Fortschritten bei der Religionsfreiheit auf: "Wenn wir hier Imame ausbilden, dann muss es eine Selbstverständlichkeit sein, dass in der Türkei auch christliche Theologen ausgebildet werden", sagte Wulff. Mit Sorge blickte der Bundespräsident auf den Iran, der Grundfreiheiten vorenthalte. Dagegen gebe es aber viele Demokratien auf der Welt mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung, wie Indien, Indonesien, aber auch die Türkei, wo man auf dem Weg zu einer umfassenden Demokratie sei.