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Der Park von Schloss Tiefurt nahe Weimar ist nur ein Ort, an dem sich auf den Spuren des Dichters Johann Wolfgang von Goethe zu Ostern spazieren gehen lässt. Bildrechte: imago/imagebroker

EmpfehlungOsterspaziergang: Auf Goethes Spuren in Thüringen unterwegs

von Tina Murzik-Kaufmann, MDR KULTUR

Stand: 09. April 2023, 04:00 Uhr

Wer kennt ihn nicht – Johann Wolfgang von Goethes "Osterspaziergang". 1808 als Teil von "Faust I" veröffentlicht, ist er noch heute in vielen Schulen fester Bestandteil des Deutschunterrichts. Mit seiner Beschreibung des Aufblühens der Natur nach dem Winter hat Goethe dem Osterspaziergang ein Denkmal gesetzt. Warum also nicht einmal zu Ostern in Thüringen auf den Spuren des Dichters spazieren gehen und mit sich und der Natur in Einklang zu kommen?

Mit diesen Zeilen hat Johann Wolfgang von Goethe Literaturgeschichte geschrieben: "Vom Eise befreit sind Strom und Bäche / Durch des Frühlings holden, belebenden Blick / Im Tale grünet Hoffnungsglück." Es sind die Anfangsverse seines "Osterspaziergangs", jenes Gedicht aus seinem Drama "Faust – der Tragödie erster Teil", in dem seine Hauptfigur einen ganz besonderen Moment erlebt: Das Aufblühen der Natur nach dem Winter.

Kurz zuvor will Faust sich noch das Leben nehmen. Dann aber entscheidet er sich um und bricht mit seinem Gehilfen Wagner am Ostersonntag zu einem Spaziergang auf. Dabei begegnet er zahlreichen Menschen, die ähnlich wie die Natur, zu neuem Leben erwachen. Faust vergleicht ihr reges Treiben, ihr Streben nach Sonne und Licht, mit der Auferstehung Jesus Christus, die am Ostersonntag gefeiert wird. 

Der Osterspaziergang – eine christliche Tradition

Tatsächlich geht die Tradition des Osterspaziergangs auf eine Überlieferung in der Bibel zurück: Im Lukas-Evangelium wird beschrieben, wie die Jünger von Jesus Christus den Erzählungen von seiner Auferstehung zunächst nicht glauben und zwei von ihnen nach Emmaus aufbrechen. Unterwegs dorthin begegnet ihnen ein Fremder, mit dem sie über das Ereignis sprechen. Später erkennen sie ihn als Jesus Christus und glauben an seine Auferstehung.

Der Emmaus-Gang wird heute noch in vielen Gemeinden gepflegt. Parallel dazu entwickelte sich die Tradition, mit Familie und Freunden am Ostersonntag einen Spaziergang zu unternehmen. Die Wirkung eines solchen Spaziergangs wusste auch Johann Wolfgang von Goethe zu schätzen. Das wird in seinem Naturgedicht deutlich. Warum also nicht einmal in diesem Jahr zu Ostern auf seinen Spuren spazieren und den Frühling in den Parks und Wäldern, den Flüssen und Seen, die er bereits gekannt hat, entdecken gehen? Im Folgenden haben wir ein paar Ideen für Osterspaziergänge auf Goethes Spuren in Thüringen zusammengestellt.

Kunstwerk unter freiem Himmel – der Park an der Ilm in Weimar

Wer in Weimar einen Osterspaziergang auf den Spuren von Johann Wolfgang von Goethe machen möchte, kann das am besten im Park an der Ilm tun. Der 48 Hektar große Landschaftsgarten ist zwischen 1778 und 1828 entstanden und eng mit dem Leben und Wirken Goethes in Weimar verbunden. 1776 bezog dieser am Rande der Altstadt nahe der Ilm ein kleines Häuschen mit Garten – ein Geschenk des damaligen Großherzogs Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach –, und die Dinge nahmen ihren Lauf.

Heute ist Goethes Gartenhaus, in dem Werke wie "Iphigenie auf Tauris", "Egmont" und "Torquato Tasso" entstanden, der Mittelpunkt eines von ihm und Herzog Carl August gestalteten Kunstwerks unter freiem Himmel, welches bis heute den Bewohnerinnen und Besuchern Weimars zur Erholung, zur Bildung und zum ästhetischen Naturgenuss dient.

Im Park an der Ilm gibt es neben Goethes Gartenhaus zahlreiche andere Dinge zu entdecken - zum Beispiel die 2019 wiedereröffnete Naturbrücke über die Ilm. Bildrechte: imago images / PEMAX

Weiterführende InformationenPark an der Ilm
99425 Weimar

jederzeit frei zugänglich

Die Klassik Stiftung Weimar hat für den Park an der Ilm einen hörspielartigen Audiowalk entwickelt – zu finden in der App "Weimar+".

Belvedere – Schloss und Park

Südlich von Weimar auf einer bewaldeten Anhöhe liegt Schloss Belvedere. Die Sommerresidenz der Herzöge von Sachsen-Weimar und Eisenach gilt als bedeutendstes Projekt des herzoglichen Landbaumeisters Gottfried Heinrich Krohne. Er bettete das Schloss und seine Nebengebäude in einen weitläufigen Landschaftspark mit Orangerie, Lust- und Irrgarten und einem Heckentheater.

Großherzog Carl August verbrachte seine Zeit in Belvedere unter anderem damit, gemeinsam mit seinem Freund Goethe, naturwissenschaftliche Studien und botanische Versuche durchzuführen. Um den Pflanzenreichtum seiner Orangerie zu dokumentieren, gab der Großherzog Anfang des 19. Jahrhunderts einen Katalog in Auftrag: Der "Hortus Belvedereanus" erschien zwischen 1820 und 1826 in mehreren Auflagen und machte die Pflanzensammlung des Großherzogs über die Landegrenzen hinaus bekannt. Noch heute gehören exotische Pflanzen wie Zitrusgewächse oder Feigen zum Bestand der Orangerie.

In der Orangerie von Schloss Belvedere betrieb Goethe zahlreiche Pflanzenstudien. Bildrechte: imago/VIADATA

Weiterführende InformationenSchlosspark Belvedere
Belvederer Allee 103
99425 Weimar

ganzjährig geöffnet

Öffnungszeiten Orangerie:
Mo bis So 8 bis 21 Uhr

Im Gärtnerwohnhaus befindet sich eine kleine Ausstellung zur Gartenkultur in Belvedere. Sie ist vom 1. April bis 1. November dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.

Musenort der Weimarer Hofgesellschaft – Schloss und Park Tiefurt

Auch Schloss Tiefurt und der ihm angeschlossene Park ist ein Goetheort, an dem sich gut spazieren gehen lässt. Auf dem einstigen Sommersitz der Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach trafen sich die Dichter und Denker der Weimarer Klassik – darunter vor allem Goethe, Schiller, Herder und Wieland – und übten sich im geselligen Zeitvertreib. Der weitläufige Park, der zusammen mit dem Schloss zum UNESCO-Welterbe "Klassisches Weimar" gehört, spielte dabei eine wichtige Rolle. Mit seinen 21 Hektar Fläche erstreckt er sich auf beiden Seiten der Ilm und lädt zum Entdecken zahlreicher Denkmale ein.

Auf Herzogin Anna Amalias Sommersitz traf sich die Weimarer Hofgesellschaft Bildrechte: imago images / Photocase

Wem der Park für einen Spaziergang nicht reicht, folgt der Ilm von Schloss Tiefurt nach Kromsdort. Der nach der russischen Zarentochter Maria Pawlowna benannte Promenadenweg ist Teil des Ilm-Radwegs und endet am Renaissanceschloss am Kromsdorfer Schloss.

Weiterführende InformationenSchloss Tiefurt
Hauptstraße 14
99425 Weimar-Tiefurt

Schloss Kromsdorf
Platz der Demokratie 47
99510 Ilmtal-Weinstraße / OT Kromsdorf

Beide Parks sind jederzeit frei zugänglich. Entlang des Maria-Pawlowna-Promenadenwegs sind Tafeln mit verschiedenen Goethezitaten zu finden.

Kleinod der Gartenkunst – Schlosspark Ettersburg

Nördlich von Weimar, auf einem lang gestreckten Höhenzug, liegt mit Schloss Ettersburg eine weitere Residenz der herzoglichen Familie von Sachsen-Weimar und Eisenach. Hier traf sie sich des Sommers, feierte das Leben und sich selbst, oder ging im Ettersburger Wald auf die Jagd. Mit Herzogin Anna Amalia hielten die Literatur und die Musik Einzug auf Schloss Ettersburg: Goethe führte hier seine "Iphigenie auf Tauris" auf und Schiller beendete seine "Maria Stuart". Als die Herzogin sich ein paar Jahre später Schloss Tiefurt zuwandte, wurde es still um Schloss Ettersburg, seinen großzügigen Landschaftspark und den sich anschließenden Wald.

Schloss Ettersburg war ein beliebter Treffpunkt der herzoglichen Familie von Sachsen-Weimar und Eisenach mit Größen der Weimarer Klassik wie Goethe, Schiller Herder oder Wieland. Bildrechte: dpa

Dieser Wald ist mit historischen Jagdschneisen durchzogen. Eine dieser Schneisen wurde 1999, als Weimar Kulturhauptstadt war, wieder freigelegt. Seitdem verbindet die sogenannte Zeitschneise auf ihren gut 1.000 Metern Länge Schloss Ettersburg mit der Gedenkstätte auf dem Gelände des KZ Buchenwald und damit das "schöne" Weimar mit dem wohl dunkelsten Kapitel seiner Geschichte.

Weiterführende InformationenSchlosspark Ettersburg
Am Schloss 1
99439 Ettersburg

ganzjährig frei zugänglich

"hinter den Bergen" – Schloss Kochberg im Weimarer Land

"... ich habe mich gestern herausgeflüchtet, bin um halb sechs zu Fuß von Weimar abmarschiert und war halb zehn schon hier, da alles schon verschlossen war, und sich zum Bettgehen bereitete ...", schrieb Johann Wolfgang von Goethe im Juli 1777 in einem Brief an seine Freundin Charlotte von Stein. Mit hier meinte der Dichter den einstigen Landsitz der Familie von Stein: Schloss Kochberg, ca. 35 Kilometer von Weimar entfernt. Zwischen 1775 und 1786 war Goethe, der sich zu Charlotte von Stein über Jahre hingezogen fühlte, regelmäßig dort zu Gast.

Das Schloss ist von einem ca. sechs Hektar großen Landschaftspark umgeben, der zwischen 1800 und 1840 umgestaltet wurde. Dem Geist der damaligen Zeit entsprechend, verbindet dieser Park das Schöne mit dem Nützlichen und bietet neben einem im Sommer kühlen Schatten spendenden alten Baumbestand ein Blumentheater, einen Badesee, eine Grotte mit Begräbnisstätte und einen Wasserlauf, der einen Brunnen speist. Wem das für einen Osterspaziergang auf Goethes Spuren nicht reicht, der kann Schloss Kochberg auch erwandern – je nach Kondition von Weimar, Bad Berka oder Blankenhain aus. Der Goethewanderweg ist mit einem grünen "G" auf weißem Grund gekennzeichnet.

Auf Schloss Kochberg war Goethe ein gern und häufig gesehener Gast. Bildrechte: dpa

Weiterführende InformationenSchloss Kochberg
Im Schlosshof 3
07407 Großkochberg

Der Park von Schloss Kochberg ist ganzjährig geöffnet. Die Wanderungen auf dem
Goethewanderweg werden auch als geführte Touren angeboten.

Der "Balkon Thüringens" – die Dornburger Schlösser und ihre Gärten

Hoch über der Saale thront sie auf einem Felsen – die Sommerresidenz der Herzöge von Sachsen-Weimar und Eisenach, heute als die Dornburger Schlösser bekannt. Gemeinsam bringt es das Ensemble aus Altem Schloss, Rokoko- und Residenzschloss auf rund 800 Jahre Geschichte. Dabei ist letzteres nicht nur mit den Herzögen von Sachsen-Weimar und Eisenach, sondern auch mit Johann Wolfgang von Goethe verbunden. Insbesondere die Gärten rund um die Dornburger Schlösser zogen den Dichter und Naturforscher an. Sie sind das Bindeglied zwischen den drei Schlössern, die aus unterschiedlichen Zeiten stammen, und berühmt nicht zuletzt für ihren Reichtum an Rosen und ihren Wein. 

1828 verbrachte Goethe einen ganzen Sommer in Dornburg. Kurz zuvor war sein Freund, Großherzog Carl August, verstorben. In der Abgeschiedenheit des Residenzschlosses schrieb er Briefe, seine Dornburger Gedichte sowie eine Reihe naturwissenschaftlicher Abhandlungen zum Thema Geologie, Meteorologie und Pflanzenkunde – darunter auch diese Zeilen: "Die Aussicht ist herrlich und fröhlich, die Blumen blühen in den wohlunterhaltenen Gärten, die Traubengeländer sind reichlich behangen, und unter meinem Fenster seh ich einen wohlgediehenen Weinberg …".

Auf dem "Balkon Thüringens" entstanden unter anderem Goethes Dornburger Gedichte. Bildrechte: imago/NBL Bildarchiv

Weiterführende InformationenDornburger Schlossgärten
Max-Krehan-Straße 2
07774 Dornburg-Camburg

Ganzjährig ab 9 Uhr bis Sonnenuntergang geöffnet.
Eintritt frei

Auf dem Goethe-Wanderweg von Ilmenau nach Stützerbach

Wer seinen Osterspaziergang etwas ausdehnen möchte, dem sei der Goethe-Wanderweg im Thüringer Wald empfohlen. Er führt von Ilmenau, Goethes einstigem Amtssitz, über Manebach nach Stützerbach und verbindet insgesamt 17 Wirkungs- und Lieblingsorte des Dichters. Dichte Wälder, malerische Täler, Felsschluchten und Bergwiesen säumen den Weg und vermitteln einen Eindruck davon, wie Goethe hier einst die Inspiration für sein Schaffen fand.

Das Goethehäuschen auf dem Kickelhahn. Bildrechte: dpa

Höhepunkte der Wanderung sind die Porphyrfelsen Schwalbenstein, wo Goethe an einem einzigen Tag den vierten Teil seiner "Iphigenie auf Tauris" verfasst haben soll, und das Goethehäuschen auf dem Kickelhahn, der 861 Meter hohe Hausberg Ilmenaus. Hier schrieb der Dichter mit "Wandrers Nachtlied" am 6. September 1780 eines seiner wohl berühmtesten Gedichte. Dabei notierte er den Anfang an der Bretterwand im Inneren der ehemaligen Jagdhütte. Heute sind die Verse, "Über allen Gipfeln / Ist Ruh, / In allen Wipfeln / Spürest du / Kaum einen Hauch; / Die Vögelein schweigen im Walde. / Warte nur! Balde / Ruhest du auch.", in dem rekonstruierten, frei zugänglichen Häuschen in 16 Sprachen nachzulesen.

Weiterführende InformationenDer Goethewanderweg ist ca. 20 Kilometer lang und stellenweise anspruchsvoll. Start ist am Amtshaus am Ilmenauer Markt. Zur Orientierung dient ein weißes „G“ in deutscher Schreibschrift, wie es Goethe einst selbst als Kürzel verwendete, auf grünem Grund.

Ilmenau-Information (Amtshaus)
Am Markt 1
98693 Ilmenau

Eine ausführliche Beschreibung der Tour finden Sie hier (https://www.thueringer-wald.com/w/goethewanderweg)

Kleinod im Thüringer Wald – Schloss und Park Wilhelmsthal

Sie war Jagdhaus, Jagd- und Lustschloss, Lieblingssommersitz des Weimarer Hofes unter den Großherzögen Carl August und Carl Alexander, später Lazarett und Kriegsgefangenenlager und schließlich Kinderdorf – die historische Park- und Schlossanlage Wilhelmsthal nahe Eisenach blickt auf eine wechselvolle Geschichte und ist mit einer Fülle großer Namen wie Georg Philipp Telemann, Franz Liszt oder Hermann Fürst von Pückler-Muskau verbunden. Auch der Dichter Johann Wolfgang von Goethe wusste das architektonische Kleinod inmitten des Thüringer Waldes zu schätzen: Der Legende nach inspirierte ihn das Ensemble aus Altem und Neuen Schloss mit Marstall und Remise sowie einer Reihe paarweise entlang einer Achse angeordneter Pavillons so sehr, dass er es zum Handlungsort seines Romans "Die Wahlverwandtschaften" machte.

Möglicher Handlungsort von Goethes "Wahlverwandtschaften" – Schloss und Park Wilhelmsthal im Thüringer Wald Bildrechte: Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten

Umgeben ist Schloss Wilhelmsthal von einem 15 Hektar großen Garten mit einem künstlich aufgestauten See, auf dem einst venezianische Gondeln fuhren. Ab 1700 als streng geometrischer Barockgarten mit Wildgehege angelegt, wurde er Ende des 18. Jahrhunderts von Großherzog Carl August in einen Landschaftspark nach englischem Vorbild umgestaltet. Mitte des 19. Jahrhunderts schließlich wurde erneut Hand an ihn gelegt. Seitdem trägt der Park von Schloss Wilhelmsthal die Handschrift des Gartenarchitekten Fürst Hermann von Pückler-Muskaus.

Weiterführende InformationenSchloss und Park Wilhelmsthal
Wilhelmsthal 5
99843 Gerstungen OT Wilhelmsthal

Der Schlosspark ist jederzeit frei zugänglich. Er kann auf eigene Faust oder im Rahmen einer Führung ab 15 Personen besichtigt werden. Die Schlossanlage hingegen ist nur im Rahmen einer Führung und auch nur zum Teil für Besucherinnen und Besucher zugänglich. Anmeldungen
nimmt der Förderverein Schlossanlage Wilhelmsthal e. V. entgegen.

Preis Führung:
Erwachsene 5 Euro
Kinder und Jugendliche (bis 16 Jahre) frei

Das Geld kommt dem Erhalt der Anlage zugute.

Goethe in der aktuellen Literatur