Blick auf das Haus der Frau von Stein in Weimar
Wann kommt endlich wieder Leben ins Haus der Frau von Stein, fragen sich viele Bildrechte: picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt

Bau-Verzögerungen Streit um das Haus der Frau von Stein in Weimar

18. September 2020, 15:35 Uhr

1.700 Zettelchen sollen es gewesen sein, die sich Charlotte von Stein und Johann Wolfgang von Goethe in Weimar hin- und hergeschickt haben. Das Haus der Frau von Stein war also eine besondere Adresse – und sollte es normalerweise auch bleiben. Als 2008 spanische Investoren das Gebäude kauften, um darin Dali-Kunst zu zeigen, waren einige stinkesauer auf die Stadt Weimar, dass ausgerechnet solch eine besondere Immobilie an windige Besitzer ging. Und heute? Heute würde die Stadt am liebsten alles rückgängig machen. Und hat jetzt Klage eingereicht am Landgericht Erfurt.

Man kann es nicht übersehen: das markante rosafarbene "Haus der Frau von Stein" – schräg gegenüber der historischen Anna-Amalia-Bibliothek, nur wenige Schritte vom Park entfernt. Hier residierte um 1800 die Hofdame von Anna Amalia. Ein besonderes Haus also, doch seit 2008 steht es leer.

Unvollendete Bauarbeiten gefährden das Haus

"Das Haus ist mit neuen Fenstern ausgestattet", sagt Dietmar Gummel. Er ist Architekt in Weimar und betreute im Auftrag der Investoren für kurze Zeit die Baustelle. Ärger gab es damals schon genug. Bauarbeiter sprachen kein Deutsch und viele Arbeiten waren so, dass heute Handwerker nur noch den Kopf schütteln. 

Seit Monaten herrscht Ruhe auf der Baustelle, innen sieht es aus, als hätten alle Bauarbeiter fluchtartig die Räume verlassen. Alles ist verschlossen und vermutlich wurde in dieser Zeit auch nie gelüftet: "Das ist sehr gefährlich für das Haus, denn da waren zuletzt noch Bauarbeiten im Dezember, wo mit Lehm gearbeitet wurde", erklärt Gümmel.

Investor nicht erreichbar

Juan Bofill im Haus Frau von Stein in Weimar
Investor Juan-Javier Bofill war lang nicht mehr im Haus der Frau von Stein zu sehen Bildrechte: MDR/Michael Hesse

Die Sorge um den Zustand der Innenräume ist das eine, der Konflikt mit den Investoren aus Spanien das andere. Ansprechpartner war bislang Juan-Javier Bofill. Seit Monaten hören Handwerker nichts mehr von ihm. Viele sitzen (derzeit) auf unbezahlten Rechnungen. Auch Hartmut Fischer, der die Elektrik betreute: "Als Handwerker ist man natürlich stolz, wenn man an so einem Objekt mitarbeiten kann. Es war ja jahrelang nicht so in dem Zustand, dann hieß es, es sollte losgehen – ich war froh über diesen Auftrag", sagt Fischer. "Aber im Endeffekt waren die Versprechungen größer als das was eingehalten worden ist." Vom Bauherrn höre er nichts, alle Fragen und Mahnungen seien unbeantwortet geblieben. 

Eine missliche Situation, findet auch Weimars Oberbürgermeister Peter Kleine. Er wird oft angesprochen, was denn jetzt endlich mit dem Haus passieren würde. Denn eigentlich sollte hier schon eine Herberge geöffnet haben, ein Café oder Restaurant und ein Museum. Die spanischen Investoren beabsichtigten Kunst von Salvador Dalí zu zeigen, u.a. dessen Radierungen zu Goethes Szenen aus dem Faust. "Ja, die Situation ist momentan richtig ungenügend, man ist regelrecht sauer mittlerweile, auch regelrecht enttäuscht", sagt Weimars jetziger Oberbürgermeister. Sein Vorgänger hatte sich für den einstigen Verkauf stark gemacht und die Rückendeckung durch den Stadtrat eingeholt. 12 Jahre später: Gefühlt ein Scherbenhaufen. 

Stadt will Gebäude zurückkaufen

"Und das ist das, wo wir sagen: Wir haben jetzt den Weg der Rückübertragung eingeleitet", sagt Kleine. "Wir werden das Haus uns zurückholen, der Stadt Weimar! Das ist momentan der Stand." Die Stadt will das Gebäude zurück kaufen. Allerdings wird schon beim Blick in das Grundbuch klar: Man hat es nicht nur mit einem Problem zu tun. Denn mehrere Personen stehen dort namentlich erwähnt. Der permanente Verhandlungspartner – Juan-Javier Bofill – lässt auf MDR-Anfrage wissen: Er möchte an seinem Vorhaben festhalten und das Haus weiterhin restaurieren. 

Weil seit Jahren Fristen dafür verstrichen und damit Verträge gebrochen sind, droht ihm die Stadt mit einer entsprechend hohen Strafe. Angesichts des Dilemmas darf derzeit nicht einmal ein neutraler Gutachter das Gebäude betreten. Der Rechtsstreit zwischen Investoren und Stadt ist in vollem Gange. Das Landgericht Erfurt hat nicht die erste Klage im Fall des Hauses der Frau von Stein auf dem Tisch, aber derzeit wohl eine nicht nur für Weimar sehr entscheidende.

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 07. September 2020 | 08:40 Uhr

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