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AtelierbesuchWarum der Leipziger Maler Johannes Rochhausen immer wieder sein Atelier malt

19. November 2020, 12:45 Uhr

Für den Leipziger Maler Johannes Rochhausen ist sein Atelier nicht nur der Ort, wo seine Kunstwerke entstehen, sondern auch das, was sie zeigen. Seit seiner Studentenzeit bei Arno Rink und Neo Rauch malt er immer wieder das eigene Atelier. So entstehen keine nüchternen Architekturabbilder, sondern stimmungsvolle Gemälde, die die Betrachterinnen und Betrachter mit in diesen besonderen Raum nehmen.

von Andreas Höll, MDR KULTUR-Kunstredakteur

Das Atelier von Johannes Rochhausen ist der Inbegriff einer intimen Maler-Werkstatt. Es ist eine Welt zwischen weiß getünchten Wänden und grauem Estrichboden, eine Welt mit Zimmerpflanzen, Pinseln und der Staffelei – und überall Leinwände in allen möglichen Stadien des Malprozesses.

Diese Bilder zeigen immer wieder Ausschnitte seines eigenen Ateliers, doch angefangen hat er damals an der Leipziger Kunsthochschule mit der Porträtmalerei. Die Zeit der Porträtierten ist allerdings beschränkt. Das Atelier dagegen hat immer Zeit für eine Porträt-Sitzung – ob Tag oder Nacht. Und seitdem hat der Maler alle seine Werkstätten porträtiert. Von der Kunsthochschule über das Atelier in der Leipziger Baumwollspinnerei bis hin zu einem Studio in New York.

Das Atelier bei Tag und bei Nacht

Auch sein aktuelles Atelier im Leipziger Stadtteil Leutzsch wird für ihn wieder zum Hauptdarsteller. Was hier auffällt, sind die eigenartigen Lichtverhältnisse. Normalerweise bevorzugen Maler das Nordlicht, Johannes Rochhausen malt in Ateliers mit Ostlicht: "Es ist eigentlich nicht so ideal für die Malerei, weil du am Vormittag starkes, direktes Sonnenlicht hast, das sich schnell verändert", erklärt der Maler. "Daran habe ich mich gewöhnt und gelernt, damit umzugehen. Oft sind die Bilder bei Kunstlicht entstanden, es gibt aber auch einige Tageslichtbilder."

Zu den Tageslichtbildern gehört auch ein Gemälde mit dem Titel "Südseite." Man sieht einen lichtdurchfluteten Raum – und der ist getaucht in ein fast schon impressionistisches Flirren aus weichen Rot- und Ockertönen. Pfützen aus Licht werden da auf dem Boden ausgeschüttet – und das ist ganz anders als bei seinen Nachtbildern. Sie entstehen, wenn die Tage kürzer und die Nächte länger werden. Rochhausen erzählt: "Dahinter steckt der Versuch, die Härte des Neonlichts herauszuarbeiten."

Der Leipziger Maler Johannes Rochhausen Bildrechte: MDR/Andreas Höll

Das erinnert von ferne an die Lichtregie des großen amerikanischen Malers Edward Hopper. Und so erscheint das Atelier von Rochhausen beinahe wie eine Art Operations-Saal. Und auf dem metallenen Beistelltisch auf Rädern – da kommen einem die Pinsel fast wie Sezierbestecke vor.

Kunstvolle Stimmungsbilder

Das Arrangement wirkt indessen zufällig, obwohl alles streng komponiert ist. Dazu gehört auch die genaue Position eines Stuhls oder die exakte Position einer Tasse. Die Position der Gegenstände markiert der Maler für seine Bilder – und dazu kann auch ein Tisch gehören, der vor dem Fenster steht. Daraus entsteht dann ein Gemälde in warmen, erdigen Farben – zugleich ist es ein Schaufenster, das Innen und Außen verbindet. Doch der Gegenstand seiner Malerei ist für Rochhausen gar nicht so entscheidend. Für ihn ist das Motiv lediglich wie ein Sprungbrett für seine Kunst: "Die Malerei ist das Thema und das Atelier ist Anlass oder Auslöser, mich mit der Malerei zu beschäftigen. Für mich ist die Frage spannender, wie ich Sachen löse malerisch."

Das Wie steht für ihn im Vordergrund, nicht das Was. Doch nichtsdestotrotz begreift er seine Arbeiten immer auch als Selbstporträts:

Es geht mir viel um Stimmung oder ein Gefühl vom 'Im-Raum-Sein'. Es sind nicht nur nüchterne Abbilder von Architektur.

Johannes Rochhausen, Maler

Die eigenen Stimmungen, das ständige Wechselspiel von Ich und Raum – das alles lotet Johannes Rochhausen in seinen Bildern aus. Und nicht zuletzt deshalb bleibt das eigene Atelier ein unerschöpfliches Thema für ihn – als permanente Erforschung des eigenen Lebens.

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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | Spezial "Genius loci - Wo Kunst entsteht" | 27. November 2020 | 18:05 Uhr