Ausstellung Ruth Wolf-Rehfeldt-Werkschau in Altenburg: Kunst aus der DDR-Schreibmaschine
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Das Lindenau-Museum zeigt Werken der Berliner Künstlerin Ruth Wolf-Rehfeldt. Die gebürtige Wurzenerin wird international für ihre Schreibmaschinenkunst und Typewritings aus DDR-Zeiten geschätzt. Bekannt wurde sie auch als Vertreterin der Mail Art – durch Kunstwerke, die sie per Post in alle Welt verschickte. Die Ausstellung entstand im Zusammenhang mit der Verleihung des Gerhard-Altenbourg-Preises an die 89-Jährige.

Mail Art war zu DDR-Zeiten fest im Visier der Stasi. Der künstlerische Austausch von Briefen, Karten, gar ganzen Kunstprojekten per Post war suspekt. Wichtige Mail Art-Protagonisten in der DDR: Ruth und Robert Rehfeldt, wohnhaft in Berlin-Pankow. Bereits 2020 wurde Ruth Wolf-Rehfeldt – 2022 wird sie 90 – für ihre Kunst aus Poesie und Grafik, auf Karten und Schreibmaschinenbögen, mit dem Gerhard-Altenbourg-Preis ausgezeichnet.
Auf der DDR-Schreibmaschine "Erika" tippte sie ihre Kunstwerke, ordnete ihre Wörter zu Bildern. Die "Erika" darf in der Ausstellung nicht fehlen. Eine Reiseschreibmaschine, wie Kurator Benjamin Rux erklärt: "An der sind die meisten Typewritings entstanden. Das ist ein ganz normales Gerät. Man denkt immer, sie hat an einem Wundergerät gearbeitet, wo sie dann wirklich auch diese Feinheiten und Strukturen schaffen konnte. Aber es ist eine 'Erika' wie sie tausendfach auch in anderen Haushalten existiert."
Erste Typewritings von Ruth Wolf-Rehfeldt Anfang der 70er
Anfang der 70er-Jahre entstanden die ersten Typewritings. Ruth Wolf-Rehfeldt, Autodidaktin im Maschineschreiben, wird zur Schrift-Stellerin im Sinne des Wortes, formt Figuren, Gebilde, Türme, gar Schmetterlinge, aber auch geometrische Arrangements mit den Lettern der Schreibmaschine.
Ganze Worte, gar halbe Sätze, nehmen Gestalt an: "We shall overcome someday" als Hommage an Martin Luther King von 1978 etwa spaltet sich genau in der Mitte des Wortes "someday", oder findet zusammen – hier liegt die Auffassung im Auge des Betrachters.
Mehr Informationen zur Ausstellung
Preisträgerinnenausstellung zum Gerhard-Altenbourg-Preis 2021: Werke von Ruth Wolf-Rehfeldt
26. September bis zum 14. November 2021
Ort: Prinzenpalais des Residenzschlosses Altenburg
Abstrakte Kompositionen aus Wörtern
Ruth Wolf-Rehfeldt arbeitet viel mit Wortsemantik, kombiniert einzelne Lettern, wiederholt Buchstaben, Worte oder Zeichen zu abstrakten und abstrahierenden Kompositionen. So trägt ein dünner, vertikaler Stamm aus Punkten etwa spärliche Wortblätter: "'Evolution, nature. Nature and men. Men and nature. Men and nature. Men and men. Nature.' Nachher habe ich das Englisch hauptsächlich deswegen gemacht, für die Mail Art, weil ja die meisten Englisch können und nicht so viel Deutsch", erklärt Wolf-Rehfeldt.
DDR-Kunst mit der "Erika"-Schreibmaschine
Im Westen hatten Konkrete Kunst und Typewriting ihren Zenit bereits überschritten, als sich Ruth Wolf-Rehfeldt an ihre "Erika" setzte. Sie ließ sich davon nicht beeindrucken, kombinierte Typewriting und Mail Art, schuf ihre persönliche Auffassung von beiden. Sie wurde dazu von ihrem Mann, dem DDR-Mail-Art-Künstler Robert Rehfeldt, angeregt, ergänzte ihre Typewritings später mit den Mitteln der Collage, stand über die ausgetauschte Postkartenkunst mit Künstlern in aller Welt in Kontakt. So schuf sie sich in der DDR ihre Gedankenfreiheit – an Reisefreiheit war nicht zu denken. In den 20 Jahren ihres Schaffens legte sie eine große Produktivität an den Tag und stellte mit dem Ende der DDR ihre Kunst ein – da das Eingesperrtsein als Bedingung ihres Postkarten- und Briefschreibens weggefallen war.
Gut 25 Jahre lagen die Blätter und Karten in einer Schublade ihrer Pankower Wohnung, dann – Ruth Wolf-Rehfeldt hatte inzwischen die 80 überschritten – nahm ihre Karriere Fahrt auf. Sammler zahlen für jedes Blatt inzwischen mehrere tausend Euro, 2017 erfolgte die Einladung zur documenta in Kassel und damit der internationale Durchbruch für die in Wurzen geborene Künstlerin. 2020 wurde ihr schließlich der 12. Gerhard-Altenbourg-Preis zuerkannt.
Ausstellung im Prinzenpalais des Residenzschlosses Altenburg
"Ich glaube auch, dass man jetzt eben die widerständigen Künstler, die früher unsichtbar waren, in die Sichtbarkeit rückt, weil man die gar nicht kannte", sagt Roland Krischke, Direktor des Lindenau-Museums Altenburg, über die geistige und künstlerische Verwandtschaft von Altenbourg und Ruth Wolf-Rehfeldt. "Carlfriedrich Claus, Gerhard Altenbourg und Ruth Wolf-Rehfeldt gehörten auf jeden Fall auch in diese Kategorie", so Krischke, "und ich wünsche ihr und dieser Ausstellung, dass sie noch weit hin nach oben offen bleibt, diese Begeisterung für ihr Werk."
In vier Räumen präsentiert das Lindenau-Museum ihre Kunst, darunter auch ihre frühen Gemälde, die zeigen wie Ruth Wolf-Rehfeldt von der Malerei zum Typewriting und der Mail Art kam.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 25. September 2021 | 12:15 Uhr