
Frauen am Bauhaus Wie Bauhaus-Künstlerin Marguerite Friedlaender das Keramikdesign revolutionierte
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04. Februar 2019, 04:00 Uhr
In der öffentlichen Wahrnehmung sind Männer die Bauhaus-Stars, etwa Walter Gropius oder Mies van der Rohe. In welchem Umfang Frauen die Kunstschule der Moderne mitgestalteten, ist nur wenigen bekannt. Auch die Keramikerin Marguerite Friedlaender prägte das Bauhaus: Sie schuf mit ihren Porzellanen Ikonen der Moderne. Ein Porträt.
Die Bauhaus-Künstlerin Marguerite Friedlaender scheint in ihrer Korrespondenz heilfroh, dass sie das "Didaktische" der berühmten Schule hinter sich lassen konnte. So schrieb sie einmal:
Wir konnten da arbeiten, ohne fortwährend intellektuelle Begriffe zu kauen.
Ab 1925 findet die Künstlerin an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle eine neue Anstellung, gar als Leiterin der Keramikabteilung, als erste weibliche Töpfermeisterin Deutschlands. Für sie ist die Trennung vom Bauhaus besiegelt, als sich im Winter 1924 abzeichnet, dass es in Dessau keine Keramikwerkstatt mehr geben wird. Walter Gropius etablierte das Bauhaus neu, als Symbiose aus Kunst und Technik.
Vom Bauhaus an die Burg
Friedlaender verlässt die Bauhaus-Töpferei im thüringischen Dornburg nicht allein. Sie folgt ihrem Meister Gerhard Marcks, dem ab 1925 in Halle die Leitung der Bildhauerklasse übertragen wird. Renate Luckner-Bien ist Kuratorin der Ausstellung im Kunstverein "Talstraße" in Halle. Derzeit nimmt sie beide Bauhaus- und Burg-Künstler ins Visier: "Für beide war Halle eine ausgesprochen glückliche Zeit, weil sie hier das, was sie am Bauhaus nicht machen konnten, verwirklichen konnten", so Luckner-Bien. "Marguerite wird eine der wichtigsten Designer der Porzellangestaltung in Deutschland und Marcks wird der Bildhauer, den wir kennen."
In sieben Jahren kann Friedlaender ihre gemäßigtere Auffassung von Keramik an der Burg manifestieren. Ihr Einfluss währt Jahrzehnte, noch weit in die DDR hinein. Diverse Design-Ikonen auf dem Gebiet der Vasen und Service hat sie geschaffen – eine besondere Form der Werbung für die Stadt an der Saale sind das Service "Hallesche Form" und jene Vasen-Serie mit dem schlichten Namen "Halle". Letztlich arbeitet Friedlaender doch mit der Industrie zusammen. Die Berliner Porzellan-Manufaktur KPM macht ihre Entwürfe international bekannt.
Das Besondere an den Servicen von Friedlaender ist natürlich auch, dass sie weiß sind. Reinweiß, wie es geheißen hat.
Weiter sagt Katja Schneider, Kunstexpertin und Mitkuratorin der Schau in der Talstraße: "Vorher gab es immer Blümchendekor oder historische Formen, die wiederholt wurden. Und das hat dann natürlich auch eine neue Klientel, die modern sich einrichten wollte, begeistert."
Emigration in die USA
Letztlich setzen die Nazis Friedlaenders künstlerischem Prozess 1933 ein Ende. Die 1896 in Lyon Geborene ist Jüdin und wird in Halle entlassen. Sie emigriert über Holland in die USA. Auch Gerhard Marcks muss 1933 in Halle gehen, weil er sich für den Verbleib Friedländers einsetzt. Obgleich überzeugter Antisemit, verbindet beide letztlich eine lebenslange Freundschaft. 1930 heiratet Friedlaender den gebürtigen Leipziger und Bauhaus-Absolventen Franz Rudolf Wildenhain, von dem sie sich 1950 wieder scheiden lässt. Wildenhain jedoch folgt ihr auf Umwegen in die USA, nachdem er von der Wehrmacht desertiert.
"Pond Farm" in Kalifornien
Bereits 1942 gründet Marguerite Wildenhain, wie sie nun heißt, die Künstlerkolonie "Pond Farm" in Kalifornien mit. Dort bleibt sie bis an ihr Lebensende 1985 und erschafft, als Seele der "Pond Farm", Keramiken nach handwerklichem Bauhaus-Ethos.
Seit 2013 gilt der Ort als "National Treasure". Ihre letzten Porzellan-Service, das Speiseservice "Paris" und das Teeservice "Five o’clock", entwirft die Künstlerin jedoch noch in Europa, 1937 wird sie dafür auf der Weltausstellung in Paris mit einer Silbermedaille geehrt. Nach Deutschland zieht es Friedlaender nicht wieder zurück. 1952 besucht sie in Köln ihre Freunde Maria und Gerhard Marcks und notiert:
Wenn man lange in den USA oder England gelebt hat, fühlt man sehr stark den militaristischen (…) Zug, der durch das ganze Deutschland geht. Ich habe es wieder und wieder gehört, von sehr guten christlichen Deutschen, die nach zehn Jahren wieder in die alte Heimat kamen, dass sie es nicht vertragen konnten, so behandelt zu werden.
Ausstellungs- und Programmtipp
Die Sonderschau zu den Bauhaus- und Burg-Künstlern Marguerite Friedlaender und Gerhard Marcks ist noch bis zum 24. Februar 2019 im Kunstverein Talstraße in Halle zu sehen.
Frauen am Bauhaus – Themenabend im Ersten
Mi, 13.02. | 20:15 Uhr (Film)
Lotte am Bauhaus
Mi, 13.02. | 22:00 Uhr (Doku)
Bauhausfrauen
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 05. Februar 2019 | 07:10 Uhr