Doppelausstellung in Dresden Die faszinierenden Bilderwelten der Cornelia Schleime

Cornelia Schleime gehört zu den bedeutenden Malerinnen unserer Zeit. Mehrfach wurde sie ausgezeichnet, unter anderem 2016 mit dem renommierten Hannah-Höch-Preis für ihr Lebenswerk. In diesem Jahr feiert die Künstlerin ihren 70. Geburtstag. Aus diesem Anlass gibt es in Dresden, wo sie einst studiert hat, gleich zwei Ausstellungen zu sehen, eine in der Städtischen Galerie und eine im Albertinum.

Bild von Cornelia Schleime, eine Frau, in deren Haaren sich eine Taube verfangen hat
Cornelia Schleime, Die Taube, 2020, Acryl, Asphaltlack und Schellack auf Leinwand, 210 x 360 cm, Privatbesitz Bildrechte: Bernd Borchardt

Sich den Bildern von Cornelia Schleime zu entziehen ist schier unmöglich. Zumeist zeigen sie Frauen oder auch Mischwesen aus Mensch und Tier, deren Blicke sich hineinzubohren scheinen in das betrachtende Gegenüber.

Es sind Gesichter in zum Teil extremer Nahsicht, etwa bei dem Gemälde "Für den, der von mir was will, was ihm nicht zusteht", herausfordernde Augen, während die Hand mit der Pistolenmündung direkt auf die Betrachtenden zielt.

Bild von Cornelia Schleime, eine Frau zielt auf den Zuschauer, hinter ihr fliegt eine Krähe
Cornelia Schleime, Für den, der von mir was will, was ihm nicht zusteht, 2022, Acryl, Asphaltlack und Schellack auf Leinwand, 210 x 180 cm, Privatbesitz Bildrechte: Städtische Galerie Dresden, Philipp WL Günther

Selbstironisch präsentiert sich wiederum ihr "Selbstportrait als Schaf", eine Frau mit Schafskopf, die lässig eine Zigarette hält. Beim Malen schalte sie den Kopf ab, wolle sie Magie erzeugen, sagt Schleime, sie sei dann in ihren Farben drin, in dem Material.

Es ist gar nicht so, dass ich jetzt an was Surreales denke beim Malen. Ich bin sehr in der Sinnlichkeit der Farbberge, fast wie im Buddelkasten.

Cornelia Schleime

Gemälde: Ein Frauenkörper mit Bikinioberteil, eine Zigarette haltend, der Kopf ist der eines Schafes
Cornelia Schleime, Selbstporträt als Schaf, 2010, Acryl, Asphaltlack und Schellack auf Leinwand, 220 x 180 cm, Privatbesitz Bildrechte: Städtische Galerie Dresden, Philipp WL Günther

Prägung durch die Alten und Neuen Meister in Dresden

Schleime, 1953 in Ost-Berlin geboren, kam Anfang der 1970er-Jahre nach Dresden, um sich an der Hochschule der Bildenden Künste zur Maskenbildnerin ausbilden zu lassen. Sie wechselte dann aber 1975 ins Fach Grafik- und Malerei. Ihre Wochenenden verbrachte die junge Frau in den Bildermuseen bei den Alten und den Neuen Meistern.

Porträtfotografie, Cornelia Schleime 4 min
Bildrechte: Lena Giovanazzi
4 min

Cornelia Schleime gehört zu den bedeutenden Malerinnen unserer Zeit. In diesem Jahr feiert die Künstlerin ihren 70. Geburtstag. Aus diesem Anlass gibt es in Dresden, wo sie einst studiert hat, gleich zwei Ausstellungen.

MDR KULTUR - Das Radio Sa 04.03.2023 06:00Uhr 04:08 min

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

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Diese prägten die Künstlerin nachhaltig. Zu den Bildern habe sie eine ganz starke Liebesbeziehung, "und das bleibt, das ist wie die erste große Liebe", so Schleime: "Ich bin ja auch in die Welt gegangen und habe sehr viele andere Kunst gesehen – aber ich komme immer drauf zurück. Es ist diese Romantik, Böcklin und Hans von Marées. Es muss ja etwas sein, dass auch selber ein Teil von mir ist, was mich damals unheimlich geflasht hat."

Ausstellung eins: Städtische Galerie Dresden

Schleimes künstlerische Wurzeln liegen in Dresden. Auch die experimentierfreudigen, die sie zusammen mit Künstlerfreunden wie A.R. Penck, Ralf Kerbach und Helge Leiberg hier entfalten konnte.

Das war für Gisbert Porstmann, Direktor des Städtischen Museen, Anlass, ihr eine Ausstellung zu widmen, die erste Einzelausstellung dieser international renommierten Künstlerin in Dresden. Dafür hat er 20 ihrer großformatigen Gemälde aus den letzten 20 Jahren ausgewählt.

Gemälde: EIne Frau schaut den Betrachter frontal an, vor ihr ist eine Blume
Cornelia Schleime, Porträt mit violetter Blume, 2006, Acryl, Asphaltlack und Schellack auf Leinwand, 200 x 160 cm, Besitz der Städtischen Galerie Dresden Bildrechte: Städtische Galerie Dresden, Philipp WL Günther

Über Schleimes künstlerische Entwicklung in der Elbestadt sagt Porstmann: "Hier hat sie wesentliche Inspiration erfahren und hat sie ihre künstlerischen Mittel ausgebildet: Wie baue ich ein Bild, wie setze ich Farbflächen zusammen, dass im Rechteck der Leinwand eben diese neue Welt entsteht? Das hat sie immer verfügbar, das ist immer präsent. Und damit ist dieser Schritt in die Meisterschaft getan. Sie hat einen individuellen Malstil, einen Personalstil entwickelt."

Gezeigt werden in der Städtischen Galerie auch fotografische Selbstinszenierungen und Postkarten von Moritzburgern oder auch Pillnitzer Ansichten, die Schleime leichthändig, aber mit großem kompositorischem Gespür übermalt hat. Und die Ausstellung bringt uns die Poetin nahe. So stammt der Titel der Schau "ich lass mich nicht spannen - lass mich nicht flechten" aus einem ihrer Gedichte, die in Auszügen in Räumen nachzulesen und sogar zu hören sind.

Ein Mann im Anzug mit einer Art Speer, der in seinem Mund steckt und am Ohr wieder austritt
Dieses Gemälde trägt den Titel "Der Verräter" Bildrechte: Städtische Galerie Dresden

Ausstellung zwei: Albertinum Dresden

Zeitgleich blickt man im Albertinum auf die frühen Werke Schleimes. Keine intensive Farbigkeit, wie in der Städtischen Galerie, sondern Schwarz und Weiß dominieren hier bei den Fotografien und den experimentellen Super-8-Filmen.

Fotografie einer Frau, die eine Plastiktüte über den Kopf gestülpt hat.
"Ich halte doch nicht die Luft an" hat die Künstlerin dieses Bild genannt. Bildrechte: Sammlung zeitgenössische Kunst der Bundesrepublik Deutschland, Foto: Bernd Hiepe

Nach dem Studium zurück in Berlin, erhielt Schleime 1981 Ausstellungsverbot. Zu unangepasst, nicht staatskonform erschien den Funktionären ihre Kunst. Dennoch arbeitete sie weiter, bis sie 1984 schließlich nach Westberlin ausreisen durfte.

Bedrückende Fotos aus DDR-Zeiten

Eine nackte Frau ist mit Seil um Kopf und Körper gefesslt.
"Bondage" heißt dieses Bild und verweist auf die erotische Fesselkunst. Bildrechte: Städtische Galerie Dresden

Anfang der 80er-Jahre seien in Hüpstedt, aber auch in Dresden Körpermalaktionen entstanden, die Schleime fotografisch dokumentiert habe und auch Selbstinszenierungen, bei denen sie sich in Draht eingewickelt habe, sagt Astrid Nielsen, Konservatorin und Kuratorin an den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und fährt fort, diese Fotos seien wirklich sehr schmerzhafte Äußerungen und Ausdruck des ganzen Lebensgefühls, das Schleime in der DDR hatte, ein Ausdruck von Bedrängnis.

Schleimes Wirklichkeiten sind zu allen Zeiten faszinierend, die alten wie auch die aktuellen Arbeiten. Und das zeigt sich auch in beiden Ausstellungen in Dresden – in der Städtischen Galerie wie im Albertinum.

Es geht hier nicht um Erfolg, sondern ich ertrage oft die Wirklichkeit nicht. Und das ist sozusagen meine Position, mir durch meine Bilder eine andere Wirklichkeit zu schaffen.

Cornelia Schleime zu ihren aktuellen Arbeiten.

Redaktionelle Bearbeitung: op

Die beiden Cornelia-Schleime-Ausstellungen "ich lass mich nicht spannen – lass mich nicht flechten"

4. März bis 13. August

Städtische Galerie Dresden
Wilsdruffer Straße 2, 01067 Dresden

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag: 10 bis 18 Uhr
Freitag: 10 bis 19 Uhr
Montag geschlossen
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"Ich halte doch nicht die Luft an."

4. März bis 13. August 2023

Albertinum
Tzschirnerplatz 2, 01067 Dresden

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag: 10 bis 18 Uhr
Montag geschlossen

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Blick in einen Ausstellungsraum, in dem zwischen einer Reihe kleinerer Vitrinen ein großer Wandteppich aufgespannt ist.
Kam einst als Geschenk Napoleons ins Residenzschloss Dresden – die 1791 nach einem Gemälde von Antoine Coypel geschaffene Tapisserie "Die Ohnmacht der Esther" Bildrechte: Staatliche Kunstsammlungen Dresden/Oliver Killig

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 04. März 2023 | 08:45 Uhr

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