Doppelausstellung in DresdenDie faszinierenden Bilderwelten der Cornelia Schleime
Cornelia Schleime gehört zu den bedeutenden Malerinnen unserer Zeit. Mehrfach wurde sie ausgezeichnet, unter anderem 2016 mit dem renommierten Hannah-Höch-Preis für ihr Lebenswerk. In diesem Jahr feiert die Künstlerin ihren 70. Geburtstag. Aus diesem Anlass gibt es in Dresden, wo sie einst studiert hat, gleich zwei Ausstellungen zu sehen, eine in der Städtischen Galerie und eine im Albertinum.
Sich den Bildern von Cornelia Schleime zu entziehen ist schier unmöglich. Zumeist zeigen sie Frauen oder auch Mischwesen aus Mensch und Tier, deren Blicke sich hineinzubohren scheinen in das betrachtende Gegenüber.
Es sind Gesichter in zum Teil extremer Nahsicht, etwa bei dem Gemälde "Für den, der von mir was will, was ihm nicht zusteht", herausfordernde Augen, während die Hand mit der Pistolenmündung direkt auf die Betrachtenden zielt.
Selbstironisch präsentiert sich wiederum ihr "Selbstportrait als Schaf", eine Frau mit Schafskopf, die lässig eine Zigarette hält. Beim Malen schalte sie den Kopf ab, wolle sie Magie erzeugen, sagt Schleime, sie sei dann in ihren Farben drin, in dem Material.
Es ist gar nicht so, dass ich jetzt an was Surreales denke beim Malen. Ich bin sehr in der Sinnlichkeit der Farbberge, fast wie im Buddelkasten.
Cornelia Schleime
Prägung durch die Alten und Neuen Meister in Dresden
Schleime, 1953 in Ost-Berlin geboren, kam Anfang der 1970er-Jahre nach Dresden, um sich an der Hochschule der Bildenden Künste zur Maskenbildnerin ausbilden zu lassen. Sie wechselte dann aber 1975 ins Fach Grafik- und Malerei. Ihre Wochenenden verbrachte die junge Frau in den Bildermuseen bei den Alten und den Neuen Meistern.
Diese prägten die Künstlerin nachhaltig. Zu den Bildern habe sie eine ganz starke Liebesbeziehung, "und das bleibt, das ist wie die erste große Liebe", so Schleime: "Ich bin ja auch in die Welt gegangen und habe sehr viele andere Kunst gesehen – aber ich komme immer drauf zurück. Es ist diese Romantik, Böcklin und Hans von Marées. Es muss ja etwas sein, dass auch selber ein Teil von mir ist, was mich damals unheimlich geflasht hat."
Ausstellung eins: Städtische Galerie Dresden
Schleimes künstlerische Wurzeln liegen in Dresden. Auch die experimentierfreudigen, die sie zusammen mit Künstlerfreunden wie A.R. Penck, Ralf Kerbach und Helge Leiberg hier entfalten konnte.
Das war für Gisbert Porstmann, Direktor des Städtischen Museen, Anlass, ihr eine Ausstellung zu widmen, die erste Einzelausstellung dieser international renommierten Künstlerin in Dresden. Dafür hat er 20 ihrer großformatigen Gemälde aus den letzten 20 Jahren ausgewählt.
Über Schleimes künstlerische Entwicklung in der Elbestadt sagt Porstmann: "Hier hat sie wesentliche Inspiration erfahren und hat sie ihre künstlerischen Mittel ausgebildet: Wie baue ich ein Bild, wie setze ich Farbflächen zusammen, dass im Rechteck der Leinwand eben diese neue Welt entsteht? Das hat sie immer verfügbar, das ist immer präsent. Und damit ist dieser Schritt in die Meisterschaft getan. Sie hat einen individuellen Malstil, einen Personalstil entwickelt."
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Gezeigt werden in der Städtischen Galerie auch fotografische Selbstinszenierungen und Postkarten von Moritzburgern oder auch Pillnitzer Ansichten, die Schleime leichthändig, aber mit großem kompositorischem Gespür übermalt hat. Und die Ausstellung bringt uns die Poetin nahe. So stammt der Titel der Schau "ich lass mich nicht spannen - lass mich nicht flechten" aus einem ihrer Gedichte, die in Auszügen in Räumen nachzulesen und sogar zu hören sind.
Ausstellung zwei: Albertinum Dresden
Zeitgleich blickt man im Albertinum auf die frühen Werke Schleimes. Keine intensive Farbigkeit, wie in der Städtischen Galerie, sondern Schwarz und Weiß dominieren hier bei den Fotografien und den experimentellen Super-8-Filmen.
Nach dem Studium zurück in Berlin, erhielt Schleime 1981 Ausstellungsverbot. Zu unangepasst, nicht staatskonform erschien den Funktionären ihre Kunst. Dennoch arbeitete sie weiter, bis sie 1984 schließlich nach Westberlin ausreisen durfte.
Bedrückende Fotos aus DDR-Zeiten
Anfang der 80er-Jahre seien in Hüpstedt, aber auch in Dresden Körpermalaktionen entstanden, die Schleime fotografisch dokumentiert habe und auch Selbstinszenierungen, bei denen sie sich in Draht eingewickelt habe, sagt Astrid Nielsen, Konservatorin und Kuratorin an den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und fährt fort, diese Fotos seien wirklich sehr schmerzhafte Äußerungen und Ausdruck des ganzen Lebensgefühls, das Schleime in der DDR hatte, ein Ausdruck von Bedrängnis.
Schleimes Wirklichkeiten sind zu allen Zeiten faszinierend, die alten wie auch die aktuellen Arbeiten. Und das zeigt sich auch in beiden Ausstellungen in Dresden – in der Städtischen Galerie wie im Albertinum.
Es geht hier nicht um Erfolg, sondern ich ertrage oft die Wirklichkeit nicht. Und das ist sozusagen meine Position, mir durch meine Bilder eine andere Wirklichkeit zu schaffen.
Cornelia Schleime zu ihren aktuellen Arbeiten.
Redaktionelle Bearbeitung: op
Die beiden Cornelia-Schleime-Ausstellungen"ich lass mich nicht spannen – lass mich nicht flechten"
4. März bis 13. August
Städtische Galerie Dresden
Wilsdruffer Straße 2, 01067 Dresden
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag: 10 bis 18 Uhr
Freitag: 10 bis 19 Uhr
Montag geschlossen
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"Ich halte doch nicht die Luft an."
4. März bis 13. August 2023
Albertinum
Tzschirnerplatz 2, 01067 Dresden
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag: 10 bis 18 Uhr
Montag geschlossen
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 04. März 2023 | 08:45 Uhr