"Perfektion in Pastell" "Sie war der Superstar": Dresdner Ausstellung zeigt Porträt-Kunst von Rosalba Carriera

09. Juni 2023, 14:13 Uhr

Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) holen das Werk einer venezianischen Malerin des 18. Jahrhunderts ans Licht. Einst für ihre Porträts in Pastelltechnik gefeiert, heute kaum bekannt, sind aus Anlass ihres 350. Geburtstages rund 150 Werke von Rosalba Carriera in der Ausstellung "Perfektion in Pastell" zu sehen, vom 9. Juni bis zum 24. September 2023 im Semperbau des Zwingers. Für SKD-Chefin Marion Ackermann ist die Malerin ein vergessener Superstar.

Wenn man das Leben der Rosalba Carriera Revue passieren lässt, dann kann man aus heutiger Perspektive nur staunen, wie eine solche Künstlerinnenkarriere im 18. Jahrhundert möglich war. Normalerweise führten ihre Kolleginnen zumeist ein Schattendasein.

Ganz anders die Venezianerin. Sie stand als virtuose Malerin im Rampenlicht, war zudem Geschäftsfrau, gehörte den Kunstakademien in Rom, Bologna und Paris an, agierte in einem internationalen Netzwerk und residierte in einem Palazzo am Canale Grande, wo sich die damalige Prominenz, man könnte fast sagen, die Klinke in die Hand gab.

Künstlerin war ein Superstar des 18. Jahrhunderts

Daher spricht Marion Ackermann, die Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen in ihrem Fall nur mit Zurückhaltung von einer Künstlerin: "Wenn ich sagen würde: 'Rosalba Carriera ist die bedeutendste Künstlerin im 18. Jahrhundert.' Dann wäre das ja eine kleine Gruppe von namentlich zu nennenden Personen. Wenn ich aber sage: 'Künstler des 18. Jahrhunderts.' Dann heißt das, dass sie wirklich der Superstar ihres Jahrhunderts war und aus ganz Europa die Menschen zu ihr geströmt sind, um sich von ihr porträtieren zu lassen."

Dresden in Pastell: Ausstellung zu Rosalba Carriera

Das Metier der 1673 in Venedig geborenen Rosalba Carriera war die Pastellmalerei, eine Ende des 17., Anfang des 18. Jahrhunderts noch vergleichsweise junge künstlerische Gattung. Damit hatte sie, über deren künstlerische Ausbildung so gut wie nichts bekannt ist, eine Nische besetzt. Denn: Zumeist wurden Kreidestifte damals für Zeichnungen bzw. Vorzeichnungen genutzt.

Rosalba Carriera jedoch perfektionierte diese Technik und setzte nicht mehr nur bloße Striche, wie der Kurator der Ausstellung, Roland Enke, beschreibt:

"Sie hat eben auch diese Striche gesetzt, vielleicht ganz viele nebeneinander, dann aber mit der Hand oder einem Lederballen diese Striche verrieben, so dass sie als Strich nicht mehr wahrnehmbar gewesen sind, sondern eine Fläche wurden. Und dann hat sie eine andere Farbe draufgesetzt und eine dritte, vierte, fünfte, sechste, um dann in der Summe eine entsprechende Farbe eines Hintergrundes, eines Mantels und auch der Haut zu erreichen. Das ist im Prinzip das Malerische. Deshalb sind diese Pastelle auch bei uns in der Gemäldegalerie."

Europas Adel saß bei Rosalba Carriera Porträt

Das Geheimnis ihres Erfolgs lag auch darin begründet, dass sich in ihren Porträts Kunst und Natur extrem annäherten, ja nahezu identisch waren. Das Schönheitsideal des Rokoko mit den blassen, artifiziell geschminkten Gesichtern, den gepuderten Haaren und Perücken fand in der pulvrigen Oberfläche der Pastelle seine ideale Entsprechung, wie Enke weiter erläutert: "Dann kam dieser Mode-Faktor dazu, dass man einen Star an der Wand hatte oder sich von solch einer Person hat darstellen lassen können. Und das war wirklich so, dass sie bei ihren Aufenthalten in Paris und Wien nicht hinterherkam mit den ganzen Aufträgen."

Zu den Porträtierten, die in der Ausstellung gezeigt werden, gehörten unter anderem die Erzherzogin und spätere Kaiserin Maria Theresia von Österreich, aber auch europaweite gefeierte Sängerinnen und Tänzerinnen. Einer ihrer größten Bewunderer war aber wohl der sächsische Prinz Friedrich August der II., Sohn von August dem Starken.

Sohn von August dem Starken als größter Fan

Einer ihrer größten Bewunderer war aber wohl der sächsische Prinz Friedrich August der II., Sohn von August dem Starken. Er lernte die Porträtmalerin in jungen Jahren bei einem Aufenthalt in Venedig kennen und kaufte danach jedes Bild von ihr, das er kriegen konnte. Damit richtete er 1746 sogar im Johanneum, der damaligen Gemäldegalerie ein nach ihr benanntes Pastellkabinett ein.

"Bei der Zahl von 157 Werken, das ist unvergleichlich. Woher diese Manie kam, können wir nicht sagen. Vielleicht war es dann auch so, dass Dresden für Pastelle stand und man jedes Pastell, das auf dem Markt war, nach Dresden verortete und die Agenten haben dann auch fleißig und gerne diese Angebote entgegen genommen, da galt Dresden als ein guter Abnehmer, die haben gut bezahlt und dann immer ab nach Dresden mit den Pastellen", so Enke.

Dresden besitzt weltweit größtes Konvolut

Und natürlich ließ sich auch der junge Friedrich August von Rosalba Carriera porträtieren, allerdings und aus unbekannten Gründen in Öl. In der aktuellen Sonderschau sind neben zahlreichen Portraits auch ausgewählte Heiligenbilder der Künstlerin zu sehen, ein Großteil des heute nur noch 73 Werke umfassenden Dresdner Konvoluts. Außerdem werden, um eine zeitgemäße Atmosphäre zu vermitteln, Ansichten der Lagunenstadt, feines Tuch, Spitze und sogar originale Schminkutensilien präsentiert. Und selbst wenn das "Kabinett der Rosalba" längst nicht mehr existiert, so bietet die Ausstellung zum 350. Geburtstag der Künstlerin, wenn auch nur temporär, ein würdiges Äquivalent.

Parallel zur Carriera-Schau richtet übrigens eine weitere Sonderausstellung mit dem Titel "Aus dem Schatten. Künstlerinnen vom 16. bis 18. Jahrhundert" bis zum 20. August 2023 den Blick auf weitere Künstlerinnen, die bislang eher ein Schattendasein neben den großen und meist männlichen Namen der Kunstgeschichte führten.

Angaben zur Ausstellung "Perfektion in Pastell"
9. Juni bis 24. September 2023

Gemäldegalerie Alte Meister Dresden, Semperbau
Sophienstraße
01067 Dresden

Öffnungszeiten
Täglich außer montags,
10 bis 18 Uhr

Eintritt: 14 Euro, ermäßigt 10,50 Euro, Kinder und Jugendliche unter 17 Jahren frei

Katalog:
Roland Enke und Stephan Koja, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Rosalba Carriera. Perfektion in Pastell", Sandstein-Verlag Dresden, 280 Seiten, rund 220 meist farbige Abbildungen

Redaktionelle Bearbeitung: Katrin Schlenstedt

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Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 08. Juni 2023 | 12:30 Uhr