Gerhard Richter sitzt auf einem Holzblock vor zwei seiner Gemälde
Gerhard Richter ist einer der gefragtesten Maler der Gegenwart. Am 9. Februar 1932 wurde er in Dresden geboren. Bildrechte: IMAGO/Robert Michael

Kunst Gerhard Richter: Diese zwölf Bilder sollten Sie kennen

09. Februar 2024, 00:01 Uhr

Gerhard Richters Bilder sind die teuersten eines lebenden Künstlers. Bekannt sind seine fotorealistischen Kerzen, seine Porträts, aber auch die Kirchenfenster im Kölner Dom und in Tholey. Das Werkverzeichnis des Malers Gerhard Richter zählt insgesamt 957 Bilder, Gemälde und Skulpturen. Geboren wurde Gerhard Richter am 9. Februar 1932 in Dresden. Wir stellen hier zwölf seiner bedeutendsten Werke und deren Geschichte vor.

Tisch (1962)

Mit dem Bild "Tisch" beginnt das Werkverzeichnis von Gerhard Richter 1962. Seine früheren Werke aus der Studienzeit in Dresden ließ er dort zurück, und die Bilder aus der Anfangszeit in Düsseldorf verbrannte er. Sie zählen für den Maler nicht zu seinem Werkverzeichnis. Auch beim Gemälde "Tisch" wird der kritische und schonungslose Umgang mit den eigenen Bildern deutlich: Gefallen sie dem Künstler nicht mehr, werden sie übermalt. Die fotografische Vorlage für das Bild kam Richter zufolge aus einer italienischen Designer-Zeitschrift.  

Motorboot (1965)

In den 60er-Jahren wurde Gerhard Richter bekannt für seine fotorealistischen Gemälde. Anregungen für diese Bilder fand der Maler in Anzeigen, Werbeblättern und Zeitschriften. Er riss sie heraus und malte sie ab. Bei "Motorboot" ließ er sich von einer Anzeigenseite für die Kodak Instamatic Kamera inspirieren. In einem Interview sagte Richter einmal, dass die Pop-Art ihm so etwas wie ein "Alibi" gegeben hätte, diese Fotografien für Bilder zu nutzen.

   

Gerhard Richter 23 min
Bildrechte: picture alliance / dpa | Arno Burgi

Tante Marianne (1965)

Richter malte in den Sechzigern nicht nur Werbeanzeigen ab, sondern beschäftigte sich auch mit Fotos aus dem eigenen Familienarchiv. Das Bild "Tante Marianne" zeigt die Schwester seiner Mutter und Richter selbst als Baby. Seine Tante erkrankte als junge Frau an Schizophrenie und wurde später von den Nationalsozialisten im Rahmen des Euthanasieprogramms ermordet. Das Bild selbst zeigt jedoch ein Idyll. Der grausame Tod der Tante wird nicht thematisiert.

Kerze (1982)

Das Ölbild, auf dem die Fotografie einer Kerze abgebildet ist, kann als ein Symbol für Vergänglichkeit, Tod und Trauer verstanden werden. In den 80er-Jahren hat Richter immer wieder Kerzen gemalt. Sie sind so im Bild platziert, dass man bis auf wenige Ausnahmen nie sieht, worauf sie stehen oder wie sie gehalten werden. Zuletzt hatte der Maler der Deutschen Presse-Agentur gesagt, seine Bilder von brennenden Kerzen ließen sich, wenn man dies wolle, auch auf die Corona-Krise beziehen. Manche erblickten darin vielleicht ein Zeichen der Hoffnung und des Trostes.

Lesende (1994)

Immer wieder porträtiert Richter seine Familienmitglieder, wie beispielsweise seine Töchter Ella und Betty oder seine Ehefrauen. Auf dem Bild "Lesende" ist Richters dritte Frau, Sabine Moritz, abgebildet. Sie steht dort, vor dem Fenster, und liest das Magazin "Der Spiegel". Das Bild wird als Versuch gewertet, an die "Briefleserin am offenen Fenster" von Jan Vermeer anzuknüpfen.

48 Portraits – Biennaleansicht (1972)

Die 48 Portraits sind Abbildungen von einflussreichen Männern – keinen Frauen – unter anderem aus den Bereichen Musik, Literatur und Wissenschaft. Von Franz Kafka über Thomas Mann, Albert Einstein bis Igor Stravinsky. Die Portraits wurden zuerst auf der Biennale in Venedig 1972 ausgestellt, als Richter als alleiniger Künstler den Deutschen Pavillon gestalten durfte. Dort fand er die passenden räumlichen Bedingungen für die Arbeit vor. Die Vorlagen für die Portraits stammen aus verschiedenen Lexika und Enzyklopädien.

18.10.1977 – Gegenüberstellung 1988 – RAF-Zyklus

Etwa zehn Jahre nach dem RAF-Terror thematisierte Richter die Geschehnisse im sogenannten RAF-Zyklus. 15 Ölgemälde, alle schwarz-weiß gehalten, zeigen unter anderem die RAF-Täter Gudrun Ensslin, Andreas Baader sowie Ulrike Meinhof. Der Zyklus, der offiziell den Titel "18.10.1977" trägt, spielt auf die Nacht an, in der Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe in ihren Gefängniszellen in der JVA-Stammhein starben. Die Reaktionen auf die Bilder reichen von großem Lob bis zu heftiger Ablehnung. Intensiv diskutiert wird die bildnerische Repräsentation der Täter, während die RAF-Opfer nicht gezeigt werden.

Birkenau-Zyklus – Installationsansicht Dresden (2014)

Die Bilder des Birkenau-Zyklus sind Richters Versuch, sich künstlerisch mit dem Thema Holocaust auseinanderzusetzen. Diesen vier abstrakten Gemälden liegen vier Fotografien zugrunde, die ein Häftling 1943 heimlich im Konzentrationslager Ausschwitz-Birkenau aufnahm. Gerhard Richter malte diese Fotos ab, verfremdete sie aber später durch mehrere Schichten Öl und bearbeitete diese mit einem Rakel.

Kirchenfenster – Köln (2007)

2002 erhielt Gerhard Richter den Auftrag, ein Südfenster des Kölner Doms neuzugestalten und sich damit dort zu verewigen. Von der ursprünglichen Vorgabe, sechs zeitgemäße Märtyrer abzubilden, wich Richter völlig ab. Er griff schließlich auf seine in den 70er-Jahren entstandenen Farbtafeln zurück. Über das komplette 106 Quadratmeter große Fenster sind 72 unterschiedliche Farbtöne nach dem Zufallsprinzip angeordnet. Seit der Fertigstellung 2007 ist das Fenster so beliebt wie umstritten. Während einige begeistert sind vom Farbenspiel bei Lichteinfall, kritisieren es andere als abstrakt oder beliebig.

Fels (1989)

Das 1989 entstandene abstrakte Gemälde "Fels" steht für die besondere Beziehung zwischen dem Maler und seiner Heimatstadt Dresden. Richter stiftete es nach der Jahrhundertflut 2002, bei der auch die Depots der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) schwer beschädigt wurden. Der "Fels" wurde für die Rekordsumme von 2,6 Millionen Euro versteigert – und der Erlös kam der Sanierung der Kunstsammlungen nach der Flut zugute. Der Käufer gab das Bild dann den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden als Dauerleihgabe.

9 stehende Scheiben (2002)

Die neun stehenden Scheiben sind eine Glasinstallation, die für sich allein steht, aber auch den Betrachterinnen und Betrachtern einen neuen Zugang zu Bildern bietet, die im gleichen Raum ausgestellt sind. Glasarbeiten integriert Gerhard Richter bereits seit 1967 in seine Werkschauen. Durch sie werden fiktive Bilder geschaffen – wenn sich etwa Gemälde im Glas spiegeln oder in den Scheiben überlagern.

Kirchenfenster – Tholey (2020) 

Gerhard Richter hat drei Kirchenfenster in der saarländischen Abteikirche in Tholey gestaltet – und sie als letztes großes Werk angekündigt: Somit endet das Werkverzeichnis mit der Nummer 957. Die Motive basieren auf einem abstrakten Bild von Richter, das er für die Fenster durch wiederholtes Teilen und Spiegeln weiterentwickelt hat. Geld bekam er für die Gestaltung der Fenster nicht: Der Maler hat sie den Mönchen geschenkt.

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 02. Februar 2024 | 07:10 Uhr