Auf einem Steinpodest mit Stufen steht ein Denkmal mit einer Soldatenfigur.
Will eine Debatte anregen: Die Kunstaktion am Sowjetischen Ehrenmal in Dresden. Bildrechte: Svea Duwe

"Dieses Gebilde ist fragil" Dresden: Kunstaktion will Debatte über Sowjetische Ehrenmale anregen

11. Mai 2023, 14:40 Uhr

Mit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine ist vielerorts eine Diskussion um den Umgang mit Sowjetischen Ehrenmalen entfacht. So auch in Dresden. Eine Kunstaktion setzt sich kritisch mit dem Denkmal am Olbrichtsplatz auseinander. Unter dem Titel "Dieses Gebilde ist fragil!" regt die Dresdner Künstlerin Svea Duwe eine Neukontextualiserung des umstrittenen Gedankortes an.

"Dieses Gebilde ist fragil!", "This structure is fragile!" und "Эта конструкция хрупкая!" steht in roten Buchstaben auf einer Art Banner am Sowjetischen Ehrenmal am Dresdner Olbrichtsplatz. Was für einen Hinweis der Denkmalschutzbehörde auf den maroden Zustand des Ehremals gehalten werden könnte, ist tatsächlich eine Kunstaktion. Seit dem 3. Mai regt die Künstlerin Svea Duwe hier eine kritische Auseinandersetzung mit dem Gedenkort an.

Ukraine-Krieg löst Debatten um Ehrenmale aus

Spätestens mit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine ist auch hierzulande eine Debatten über den Umgang mit Sowjetischen Ehrenmalen entfacht. In den Diskussionen wird mitunter deren Abriss gefordert. Doch das ist nicht so einfach, denn Deutschland hat sich 1990 im Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik, der DDR und den vier Siegermächten des Zweiten Weltkriegs dazu verpflichtet, diese Denkmäler zu ehren und zu pflegen.

Statt Abriss wird in Dresden deshalb auf Neukontextualisierung gesetzt. So ist das temporäre Kunstwerk am Sowjetischen Ehrenmal von Svea Duwe entstanden. Hintergrund ist die für das kommende Jahr geplante Sanierung des Denkmals. Diese solle über eine bauliche Maßnahme hinausgehen, denn auch inhaltlich müsse das Denkmal aus heutiger Sicht 'saniert' werden, sagt die Dresdner Künstlerin. Im Rahmen einer Kunstaktion mit dem Titel "Dieses Gebilde ist fragil!" will sie eine kritische Auseinandersetzung mit dem umstrittenen Gedenkort anregen.

Auf den Stufen vor einem Denkmal sitzt eine Frau mit kurzen Haaren und einem hellgrünen Mantel.
Die Dresdner Künstlerin Svea Duwe vor dem Sowjetischen Ehrenmal. Bildrechte: Anja Schneider

Das Sowjetische Ehrenmal muss aus heutiger Sicht nicht nur in Bezug auf seinen baulichen Zustand, sondern auch inhaltlich ‚saniert‘ werden.

Svea Duwe, Künstlerin

Beitrag zu lebendiger Erinnerungskultur

Am 25. November 1945 wurde das Ehrenmal für die gefallenen Soldaten der 5. Gardearmee eingeweiht und war damit das erste im Auftrag der Roten Armee errichtete Denkmal für sowjetische Soldaten auf deutschem Boden nach dem Zweiten Weltkrieg.

Nicht erst der Krieg gegen die Ukraine ließ Kritik an dem Denkmal laut werden. Die kriegsverherrlichende Darstellungsweise der Figurengruppe auf einem Obelisken erschien schon lange nicht mehr zeitgemäß. Anfang der 90er-Jahre wurde das Denkmal vom zentral gelegenen Albertplatz an seinen jetzigen eher peripheren Standort am Militärhistorischen Museum versetzt. Hinzu kommt, dass der Bilderhauer Otto Rost, der das Ehrenmal im Auftrag der Roten Armee entworfen hat, eine streitbare Figur gewesen ist – er war Mitglied der NSDAP.

Die temporäre Kunstinstallation soll nun einen ersten Schritt auf dem Weg zu einer dauerhaften Kontextualisierung des Sowjetischen Ehrenmals bilden. Es sei wichtig, "den Platz als lebendigen Diskussions- und Begegnungsort für Pazifismus, Demokratie, Menschlichkeit und Frieden zu gestalten", betonte Annekatrin Klepsch, Beigeordnete für Kultur, Wissenschaft und Tourismus der Landeshauptstadt Dresden. Dadurch solle die Vielfältigkeit von Geschichte und Geschichtsschreibung aufgezeigt sowie zu einer lebendigen Erinnerungskultur beigetragen werden.

Auf einem Steinpodest mit Stufen steht ein Denkmal mit einer Soldatenfigur.
Die kriegsverherrlichende Darstellungsweise des Denkmals wird kritisiert. Bildrechte: Svea Duwe

Infos: "Dieses Gebilde ist fragil!"
Temporäres Kunstwerk von Svea Duwe
am Sowjetischen Ehrenmal am Olbrichtsplatz in Dresden.
3. Mai bis 4. Juni 2023

Quelle: Pressemitteilung Kunsthaus Dresden, Recherche von MDR KULTUR Landeskorrespondentin Grit Krause
Redaktionelle Bearbeitung: Lilly Günthner

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 08. Mai 2023 | 08:40 Uhr