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KulturpolitikSchloss Friedenstein in Gotha: Pläne für neue Großstiftung vom Tisch?

16. Mai 2023, 04:00 Uhr

Monatelang hat die Stiftung Schloss Friedenstein in Gotha ein Gutachten unter Verschluss gehalten, das eine mögliche Fusion mit der benachbarten Forschungsbibliothek beleuchtet. Nun liegen MDR Kultur Kernaussagen aus dem Papier vor: Es werden mögliche Vor- und Nachteile einer Zusammenlegung benannt, und auch Angaben zu möglichen Kosten gemacht. Daraus geht hervor: Es könnte teuer werden.

von Mareike Wiemann, MDR KULTUR-Landeskorrespondentin für Thüringen

Träumen darf man immer – das mag sich wohl Tobias Pfeifer-Helke gedacht haben, als er im Januar 2022 vor die Presse trat und seine Zukunftsideen für den Friedenstein in Gotha skizzierte. Er warb damals für eine neue Großstiftung, in der die verschiedenen dort beheimateten Institutionen aufgehen könnten: neben der Stiftung Schloss Friedenstein also die zur Universität Erfurt gehörende Forschungsbibliothek Gotha, sowie die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, die die bauliche Hülle des Schlosses verwaltet und saniert. "Warten Sie mal ab, am Ende werden wir bis nach Weimar expandieren", schloss Pfeifer-Helke seine Ausführungen ab. Mit einem Augenzwinkern zwar, aber dennoch viel spürbarem Ehrgeiz.

Uni und Stiftung in Thüringen ziehen an einem Strang

Gestützt wurden Pfeifer-Helkes Ideen damals von einem Positionspapier, das er gemeinsam mit der Universität Erfurt erarbeitet hatte. Ein Lenkungsausschuss unter Leitung der Thüringer Staatskanzlei wurde eingesetzt um zu klären, ob und wie eine solche Zusammenführung umgesetzt werden könnte. Schnell war allerdings klar, dass sich die Thüringer Schlösserstiftung weiterhin um die Schlossverwaltung kümmern würde.

Zunächst war geplant, auch die Verwaltung des Schlosses mit in die neue Großstiftung zu integrieren. Diese Idee verschwand jedoch wieder schnell von der Bildfläche und wurde im Actori-Gutachten nicht analysiert. Bildrechte: imago images/Nico Stengert

So blieben zwei Player in Gotha übrig: Um eine mögliche Zusammenlegung von Forschungsbibliothek und Friedenstein-Stiftung näher zu durchleuchten, wurde die Unternehmensberatung Actori mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieses wurde Ende 2022 fertig gestellt. Weder Mitarbeitende der Stiftung Schloss Friedenstein noch die Presse konnten jedoch Einblick erhalten. Es sei lediglich als internes Arbeitspapier für den Lenkungsausschuss gedacht, so Pfeifer-Helkes Argument für die Geheimhaltung.

Synergieeffekte in Gotha erhofft

Erst nach mehrmaligem Nachfragen hat die Stiftung Schloss Friedenstein nun doch zentrale Aussagen des Gutachtens veröffentlicht, diese liegen MDR Kultur exklusiv vor. Eine Fusion bietet demnach "verschiedene Chancen, darunter insbesondere gemeinsame Erforschung und Präsentation von zusammengehörigen Sammlungen, größere Sichtbarkeit nach Außen, neue Zugänge zu Förderungen, Zugang zu internationalem und wissenschaftlichem Publikum", heißt es in dem Papier. Außerdem könne der Standort Gotha gemeinsam besser belebt werden, Abstimmungen bei gemeinsamen Entscheidungen könnten schneller getroffen werden, und durch mehr Verwaltungspersonal könnten Vertretungsregelungen besser eingehalten werden.

Umbau wird Geld kosten

Gleichzeitig macht Actori in der Studie auch auf "große Herausforderungen" bei einer Zusammenführung aufmerksam. Schwierig seien etwa die "unterschiedlichen inhaltlichen Ausrichtungen der beiden Einrichtungen, die z. B. bei Marketing/Kommunikation unterschiedliche Zielgruppen haben und die limitierten Depotkapazitäten." Nicht auszuschließen seien außerdem höhere Verwaltungskosten und ein zusätzlicher Stellenbedarf durch die Übernahme von Dienstleistungen, die bisher die Universität Erfurt erbrachte.

Insgesamt, so schreibt die Stiftung Schloss Friedenstein, stelle das Gutachten fest, dass eine Zusammenführung "nicht kostenneutral" wäre. Die Höhe der Kosten sei vom jeweiligen Szenario abhängig.

Traum von Großstiftung passé?

Für die Zukunftspläne auf dem Friedenstein, die Anfang 2022 noch mit viel Optimismus in die Öffentlichkeit getragen wurden, könnte diese Kostenkalkulation einen erheblichen Dämpfer bedeuten. Denn die Stadt Gotha ist finanziell nicht in der Lage, Mehrkosten zu stemmen, und der Freistaat Thüringen hat sich in den vergangenen Monaten sehr zurückhaltend zu solch einem Engagement geäußert. Der Bund, den man sich in Gotha zunächst als neuen Finanzierungspartner erhofft hatte, hat einer dauerhaften Beteiligung bereits eine Absage erteilt.

Wie die beteiligten Institutionen mit den Ergebnissen der Studie umgehen werden, ist aktuell unklar. Die Stiftung Schloss Friedenstein hat ihrerseits ohnehin mit erheblichen innerbetrieblichen Problemen zu kämpfen. Direktor Tobias Pfeifer-Helke steht seit Monaten in der Kritik, Mitarbeitende werfen ihm schlechtes Management vor. Einige von ihnen haben die Einrichtung jüngst verlassen.

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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 16. Mai 2023 | 08:40 Uhr