"Über Druck" Ausstellung in Görlitz zeigt faszinierende Druckgrafiken aus Sachsen und der Lausitz
Hauptinhalt
Die Bilder in der Ausstellung "Über Druck" im Kaisertrutz Görlitz zeigen Druckgrafik abseits von Mappen: Ein monumentales Werk wird sogar als Bodeninstallation präsentiert. Überwiegend Unikate von Kunstschaffenden aus Sachsen und der Lausitz sind in der Ausstellung zu sehen, die bis zum 20. August 2023 läuft und gemeinsam vom Kulturhistorischen Museum in Görlitz und den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) konzipiert wurde.

Der Auftakt ist überraschend und fulminant. Denn wer handliche Drucke auf Papier erwartet hat, die man sich in Mappen in dafür vorgesehenen Kabinetten anschaut, wird im Kaisertrutz in Görlitz erstaunt sein über die monumentalen Ausmaße. Zum Beispiel "Flucht" von Christoph Ruckhäberle, ein Linolschnitt auf vier Blättern, ein rennender Mann im Anzug, extrem farbig mit Maßen von knapp drei mal zwei Metern.
In direkter Nachbarschaft findet man einen etwa sechs Meter langen Siebdruck von Sabrina Asche, die sich hier mit den Arbeits- und Lebensbedingungen der Textilarbeiterinnen in Südostasien beschäftigt. Er zeigt architektonische Details eines Le-Corbusier-Baus der Textilproduzentenvereinigung und scheint über dem Boden zu schweben, erklärt Kuratorin der Ausstellung Silke Wagler. "Es ist sehr ungewöhnlich, den Siebdruck in einem Format wie diesem, in der Größe zu erleben und zum anderen auch von der Wand weg, also das klassische Format im Rahmen, als Bodeninstallation."
Görlitz präsentiert Kunst sächsischer Druckgrafiker*innen
Silke Wagler, Leiterin des Kunstfonds der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, und Kai Wenzel von den Görlitzer Sammlungen haben die Ausstellung gemeinsam kuratiert. Neben Kriterien, wie dem lokalen Bezug, dass es sich um druckgrafische Werke von Künstlerinnen und Künstlern aus Sachsen und der Lausitz handelt, sowie der zeitlichen Eingrenzung auf die letzten 30 Jahre, habe bei ihrer Auswahl auch der Aspekt des Unikats eine entscheidende Rolle gespielt, so Kai Wenzel. Druckgrafik ist vor mehr als fünf Jahrhunderten entstanden, um mehrere Auflagen von Bildern reproduzieren zu können, erklärt Wenzel. Heute habe sich das verändert:
Eine Reihe von Künstlerinnen und Künstlern in der Ausstellung arbeiten mit Druckgrafik, um ein Bild herzustellen mit einem immensen Aufwand, was sich der Malerei annähert.
Für den Rundgang hat das Kurator*innen-Team die Arbeiten nach den verschiedenen Drucktechniken zusammengefasst, beginnend mit den Hochdruckverfahren Holz- und Linolschnitt, dann folgen eine Vielzahl von Radierungen und sogar Kupferstiche. Diese stammen von Baldwin Zettl.
Er gehört zu den wenigen Künstlerinnen und Künstlern, die sich diesem Medium in der Gegenwart widmen. Kupferstich ist eine sehr alte Drucktechnik, die im 19. Jahrhundert völlig in Vergessenheit geraten ist und im Zeitalter der Moderne vom Görlitzer Künstler Johannes Wüsten wiederentdeckt wurde, erzählt Kurator Kai Wenzel. Und weiter: "In dessen Traditionslinie sieht sich Baldwin Zettl, in einer Bildsprache, die ein bisschen von der Neuen Sachlichkeit angeregt scheint, aber auch der Ästhetik dieses Medium Rechnung zu tragen scheint."
Alumni der Leipziger und Dresdner Kunsthochschulen
Am Beispiel Baldwin Zettls, der u.a. bei Werner Tübke in Leipzig studiert hat, zeigt sich noch ein weiterer Aspekt, der die meisten der über 60 in der Ausstellung vertretenen Künstlerinnen und Künstler verbindet: Ihre Ausbildung haben sie größtenteils an den beiden sächsischen Kunsthochschulen absolviert, an der Hochschule für Grafik und Buchkunst sowie an der Dresdner HfBK – beides Akademien, an denen die traditionsreichen grafischen Künste gelehrt und in den hauseigenen Werkstätten verfeinert werden können.
Faszination Druckgrafik
"Ich denke, dieser Moment der Ungenauigkeit, diese kleinen Feinheiten, die die Holzplatte oder die Metallplatte mit sich bringen vorm Druck, die dann so kleine Unterschiede zwischen den Abzügen produzieren, ich denke dass das so ein Reiz ist", sagt Kuratorin Silke Wagler zur Faszination der Druckgrafik.
Wir leben im Zeitalter digitaler Technik, wo man sehr perfekt alles Mögliche herstellen und auch an Bildern entwerfen kann und da bekommt natürlich dieser Moment der Handarbeit, der in den kleinen Abweichungen hervorscheinen kann, wieder einen besonderen Reiz.
Insofern wird einmal mehr deutlich, dass Künstlerinnen und Künstler die Grenzen dieses Mediums auch in der Gegenwart ausloten, sie immer wieder neu vermessen, und wie lebendig und vielfältig die Druckgrafik nach wie vor ist.
Mehr Informationen
"Über Druck. Zeitgenössische Druckgrafik aus Sachsen und der Lausitz"
11. März bis 20. August 2023
Kaisertrutz Görlitz
Platz des 17. Juni 1
02826 Görlitz
Öffnungszeiten:
Montag geschlossen
Dienstag bis Donnerstag 10 bis 17 Uhr
Freitag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr
Eintritt: 4 Euro, Kinder unter 18 Jahren kostenfrei
Begleitet wird die Ausstellung von zwei Satellitenausstellungen:
In Görlitz im Grafischen Kabinett im Barockhaus ist bis 24. September "Ins Gebirge" zu sehen, wo großformatige Radierungen des zeitgenössischen Künstlers Konrad Henker auf Zeichnungen von Adolf Traugott v. Gersdorf und Karl Andreas v. Meyer zu Knonow aus dem 18. Jahrhundert treffen.
Im Käthe Kollwitz Haus Moritzburg ist bis zum 4. Juni die Sonderausstellung "Schaufenster: Überdruck" zu sehen.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 14. April 2023 | 12:40 Uhr