Werkstattbesuch in Sonneberg DDR-Spielzeug: Wie die Rupfentiere von Renate Müller zu Designklassikern wurden
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Die Rupfentiere der thüringischen Designerin Renate Müller waren schon zu DDR-Zeiten Kult – heute gelten sie als Design-Klassiker. Ursprünglich entstanden die robusten Stofftiere aus juteähnlichem Material in Sonneberg als Spielzeug für Kinder mit Behinderung. Müller hätte sich nicht träumen lassen, dass ihre Tiere eines Tages in Museen ausgestellt würden. Bis heute erschafft die 77-Jährige solche Rupfentiere in ihrer Sonneberger Werkstatt.

Die Erfolgsgeschichte der Rupfentiere beginnt in den 1950er-Jahren an der Spielzeugfachschule Sonneberg. Aus alten Zuckersäcken, die mit Holzwolle ausgestopft und mit Lederteilen verziert werden, entstehen hier die ersten Modelle. Zwischen all den Plüschtieren war das etwas völlig Neues, sagt Renate Müller.
"Rupfen ist ein einfaches leinenbindiges Gewebe, Naturzellwolle mit Jute. Die ganze Idee war, Materialkontraste zu schaffen, das derbe Leinen in Kombination mit dem kühlen Leder", erklärt Müller. "Rupfen ist griffiger und reizt die Haut, wenn man darüberstreift. Es ist etwas Sinnliches an diesem Material".
Rupfentiere in Sonneberg als therapeutisches Spielzeug entwickelt
Nach dem Studium entwickelt Renate Müller ihre eigene Kollektion und entwirft viele neue Tier-Modelle, die besonders für behinderte Kinder geeignet sind. Die bis zu zehn Kilogramm schweren Rupfentiere sind sehr robust, man kann sie drehen und wenden, auf ihnen sitzen und schaukeln und sie mit allen Sinnen erfahren. Jedes einzelne Detail ist durchdacht, sagt Renate Müller.
"Oft sagt man mir, dass alle meine Tiere so freundlich aussehen, dass sie ein Lächeln im Gesicht haben. Bei Kindern kommt das sehr gut an, sie gehen sofort auf die Tiere zu", erzählt Müller.
DDR-Stofftiere als Spielzeug-Designklassiker in Museen
Weil die Rupfentiere so begehrt waren, wurden die meisten ins westliche Ausland verkauft. Nach der Wende kaufte die Designerin die Rechte für ihre Tiere zurück. Den ersten Großauftrag bekommt sie in den 90er-Jahren aus Japan.
Die Frau vom MoMA war so begeistert und auch erstaunt, sie konnte nicht glauben, dass so ein tolles Spielzeug aus der DDR kommt.
Heute hat sie längst wieder volle Auftragsbücher. Ihre Rupfentiere gelten als Design-Klassiker. Auch der internationale Kunstbetrieb wurde auf sie aufmerksam: Drei Personalausstellungen hatte sie schon in einer New Yorker Galerie, und im berühmten Museum of Modern Art wurden ihre Spielelemente auch schon gezeigt.
"Die Frau vom MoMA war so begeistert und auch erstaunt, sie konnte nicht glauben, dass so ein tolles Spielzeug aus der DDR kommt. Die Leute waren begeistert und haben geklatscht. Und ich habe mich schwer getan, ein Interview in Englisch zu geben."
Sonneberg nicht mehr erste Wahl bei Spielzeugdesign
Renate Müller liebt ihren Beruf und steht auch heute noch jeden Tag in ihrer Werkstatt. Mittlerweile sei es schwierig, einen Job im Bereich Spielzeuggestaltung zu bekommen, sagt sie, es gebe fast keine Betriebe mehr in der einstigen Spielzeugstadt Sonneberg. Auch die Ausbildung an der Sonneberger Fachschule sei stark eingeschränkt. Eine Alternative sei ein Studium an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle, hier könne man "Spiel- und Lerndesign" studieren – ein Angebot, das es zu ihrer Zeit noch nicht gegeben hat.
Redaktionelle Bearbeitung: Valentina Prljic
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 12. Februar 2023 | 08:10 Uhr