"Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer" Kunsthaus Dresden zeigt Ausstellung über das Verhältnis von Mensch und Natur
Hauptinhalt
"Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer" heißt eine Ausstellung im Kunsthaus Dresden, die die Beziehungen zwischen Zivilisation und Natur thematisiert. Mit dabei sind Arbeiten von Lois Weinberger, Melanie Bonajo und Gabriela Oberkofler. Gezeigt werden etwa Porträts von Umwelt-Aktivistinnen oder eine in ihre Einzelteile zerlegte Birke. Selbst eine Kleingartensparte wird zum künstlerischen Begegnungsort. MDR-Autorin Heike Schwarzer hat sich die Ausstellung angesehen.

Es ist nicht nur ein schlechtes Bauchgefühl, inzwischen sprechen die Fakten für sich: Eine Million Spezies von Tieren und Pflanzen sind vom Aussterben bedroht, urbane Flächen haben sich seit nur 30 Jahren mehr als verdoppelt, mehr als 300 Millionen Tonnen Industrieabfälle, Schwermetalle und Lösungsmittel gelangen jedes Jahr ins Wasser. So steht es im ersten Bericht des globalen Biodiversitätsrates. Doch nicht nur die Politik, auch die zeitgenössische Kunst macht diesen Missstand zu ihrem Thema. "Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer" heißt eine Ausstellung im Kunsthaus Dresden mit zehn internationalen Positionen, die Beziehungen zwischen Zivilisation und Natur untersucht.
Komposthaufen im Biennale-Pavillon
Was verbindet uns mit der Natur, wie leben wir mit der Natur, und wie lebt Natur in uns? Diese Fragen sind in den letzten Wochen durch die Corona-Krise zu globalen Fragen von Millionen Menschen geworden. Lois Weinberger, der 73-jährig im April 2020 verstarb, setzte 2009 einen Komposthaufen in den österreichischen Biennale-Pavillon in Venedig. Er gehört zu den wichtigsten und visionären Künstlern, die sich seit den 70er-Jahren mit Natur- und Zivilisationsfragen künstlerisch auseinandersetzen. Mehrere von Weinbergers Arbeiten, kleine humoristische Installationen ebenso wie großformatige Zeichnungen sind im Kunsthaus Dresden zu sehen.
Aktivistinnen, Natur und Menschen
Auf Säcken mit Pflanzenerde und blutroten Teppichen kann man der filmischen Langzeitrecherche der niederländischen Künstlerin Melanie Bonajo folgen. 2022 wird sie die Niederlande auf der Biennale in Venedig vertreten. Vier Frauen hat sie porträtiert, die von den Früchten des Waldes leben, als Food-Aktivistin benachteiligte Menschen mit Gemüse versorgen oder eben eine Therapiefarm für die Begegnung von Schwein und Mensch unterhalten.
Die künstlerische Leiterin des Kunsthauses Dresden, Christiane Mennicke-Schwarz, erklärt, dass viele Arbeiten der Ausstellung wunderschön seien. Sie würden aber auch den Eingriff des Menschen in die Natur deutlich aufzeigen.
Das sind so wahnsinnig beeindruckende Beispiele, die einem auch helfen, in das ganze Szenario hineinzuschauen.
Birke in Einzelteile zerlegt
Künstlerin Gabriela Oberkofler hat immer wieder mit ganzen Bäumen gearbeitet und deren Lebensbrüche in ihren Zeichnungen und Installationen sichtbar gemacht. Jetzt hat sie eine Woche lang im Kunsthaus Dresden einen ausgewachsenen Birkenbaum bis zu Samen und Blättern in kleinste Einzelteile zerlegt. Laut Oberkofler sei der Baum noch als solcher erkennbar, aber das Bild sei ein anderes.
Der Lebenskreislauf ist gar nicht mehr da. Der Mensch hat die Macht.
Sperrzone von Tschernobyl
Macht und Ohnmacht liegen oft dicht beieinander. Bedruckend und eindrucksvoll zugleich sind die großformatigen schwarz-weiß Fotografien Volker Kreidlers aus der Sperrzone von Tschernobyl. Entstanden sind sie 2014 und 2016 und eingebettet in eine Installation von Makro- und Mikroaufnahmen aus einem Herbarium zusammengestellter Pflanzen in Tschernobyl. Auch die Foto-Serie und filmische Recherche von Sonya Schönberger von 2019 widmet sich dem ökologischen und damit verbundenen sozialen Kollaps, der zerstörenden Schnittrosenindustrie am Lake Naivasha in Kenia. Forschende und intuitive Arbeiten führen im Kunsthaus Dresden auf alle Kontinente.
Das Schöne ist eigentlich, dass die Arbeiten ganz von alleine korrespondieren.
Kleingartensparte als Begnungsort
In den nächsten Monaten sprießen denn auch Pilze und wachsen Trockenbiotope in der "Flora 1", einer Dresdner Kleingartensparte, die sich auswächst zur künstlerischen Sommerdependenz des Kunsthauses Dresden und somit zum luftigen Begegnungsort. Natur und Mensch – ein klassisches Thema der Kunst im Spiegel aktueller Arbeiten, das bestärken, aufrütteln und neue Türen öffnen will.
Mehr Informationen
Die Ausstellung "Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer" läuft bis zum 4. Oktober 2020
Kunsthaus Dresden
Städtische Galerie für Gegenwartskunst
Rähnitzgasse 8
01097 Dresden
Öffnungszeiten:
Di–Do 14–19 Uhr, Fr–So 11–19 Uhr
Montag geschlossen
Freitag Eintritt frei
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 22. Juni 2020 | 16:10 Uhr