"Meine Wunderkammern"Wie Kinder in der Leipziger GfZK mittels VR in fremde Welten eintauchen
Heute, in unserer überaufgeklärten Zeit, scheint das Bedürfnis umso stärker zu sein, sich zu wundern und ins Staunen zu geraten. Ein Impuls, dem auch die Kunst und die Pädagogik gerne folgen. Und so mag es nicht verwundern, dass die Leipziger Galerie für Zeitgenössische Kunst jetzt ein kunstpädagogisches Projekt für Kinder (und Erwachsene) startet, das "Meine Wunderkammern" heißt und den gleichnamigen Film der Regisseurin Susanne Kim mit einbezieht.
In Wunderkammern oder Kuriositätenkabinetten häuften Sammler der Renaissance und der Barock-Zeit alles an, was ihnen rätselhaft und somit kostbar erschien. Jene Institutionen gewinnen für uns heute wieder an Reiz, obwohl spätestens seit der Aufklärung schwer aus der Mode.
Um Leipziger Kinder von heute für die Aura einer Wunderkammer aufzuschließen, hat man sich bei der Galerie für Zeitgenössische Kunst (GfZK) entschieden, dies per Virtualität, per VR-Brille, zu tun. Fünf Exemplare stellt die Galerie zur Verfügung – einer Schulklasse etwa, die sich zum Wunderkammerbesuch im Erdgeschoss des Hauses angemeldet hat. Geduldig sein und sich abwechseln können, gehört also dazu. Hat man schließlich die Brille auf, wird es, wie versprochen, teils exotisch, manchmal auch monströs.
Liebevoll gezeichnete Fabelwesen und Räume
Die in Leipzig lebende Zeichnerin und Illustratorin Franziska Junge hat liebevoll Fabelwesen gezeichnet und farbenfrohe Räume geschaffen, die die Lebenswelten von vier, ganz unterschiedlichen, Kindern vorstellen. Lebenswelten, die den Besuchern und Besucherinnen in der Regel fremd sind: von Wisdom, einen Jungen mit Wurzeln in Kamerun, von Roya, vor fünf Jahren kam sie aus dem Iran, von Joline, sie kämpft mit einer Lese- und Rechtschreibschwäche und von Elias, der mit seinem Autismus lebt.
Die in Dresden geborene Filmemacherin Susanne Kim hat alle vier Kinder 2020 in ihrem Film "Meine Wunderkammern" feinfühlig portraitiert. Gemeinsam mit Susanne Kim und vielen Mitwirkenden macht die GfZK daraus nun eine Kunst-Ausstellung für Kinder – die per VR-Brille etwa mit einem Floß auf einem Fluss in Afrika fahren können, die lernen, sich mit Käfern und Insekten aus dem Schattenreich der traurigen Gedanken auseinanderzusetzen oder aber, die im Eingangsmenü eine virtuelle Wunderkammer in ihrer Strahlkraft erleben können. Doch damit nicht genug!
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Die Leipziger GfZK als Wunderkammer für Kinder
Im Ausstellungssaal wartet zudem ein phantasievoll zusammengezimmertes sowie hellblau beleuchtetes Baumhaus auf die Kinder; mindestens 25 haben darin Platz. Dort können sie Susanne Kims Film anschauen, der auf eine Leinwand projiziert wird. Und, damit der White Cube kindgerechter wird, hat Franziska Junge eine ganze Wand bemalt. Ein flauschiger Teppich in Pink gleich am Eingang nimmt die Gestalt einer Löwenzunge aus Wisdoms virtueller Afrikawelt auf. Auf ihm können sich die Kinder niederlassen und den Kunstpädagoginnen der Galerie zuhören, die das junge Publikum, falls gewünscht, bei seinem Besuch dieser speziellen Wunderkammer begleiten.
Einfacher kann man es Kindern nun wirklich nicht machen, sich in einem Studierkabinett mit den Anderswelten von vermeintlichen Außenseitern auseinanderzusetzen! Ob zudem echte Meerschweinchen zum Einsatz kommen sollen, darüber dachte man in der GfZK noch bei Redaktionsschluss nach.
Weiterführende Informationen
Fast ein ganzes Jahr, bis zum 27. Januar 2024, lässt sich in der gfzk das kunstpädagogische Projekt "Meine Wunderkammern" erleben.
Galerie für zeitgenössische Kunst
Karl-Tauchnitz-Straße 9 - 11
04107 Leipzig
(Redaktionelle Bearbeitung: Tina Murzik-Kaufmann)
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR am Vormittag | 10. Februar 2023 | 11:15 Uhr