Sonderschau zum 100. Todestag in Großjena Warum Max Klinger im Weinberg seine letzte Ruhe fand
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Eigentlich verbindet die Kunstwelt den Grafiker, Maler und Bildhauer Max Klinger mit seiner Geburts- und Heimatstadt Leipzig. Gestorben ist er am 4. Juli 1920 jedoch auf seinem Weinberg in Großjena. Dort wirkte er bis zuletzt und dort wurde er auch auf eigenen Willen beigesetzt. Warum er zum Großstadt-Flüchtling wurde und was er in der lauschigen Gegend an der Unstrut fand, beleuchtet zum 100. Todestag eine kleine, feine Sonderschau im Max-Klinger-Haus Großjena.

In Sichtweite des Naumburger Domes, wo sich Unstrut und Saale durchs weite Tal schlängeln, grünt bis heute Max Klingers Weinberg. Oben zwischen den Reben hatte der berühmte Künstler ab 1903 seinen Rückzugsort gefunden: Ruhig, abgelegen, unbeobachtet, wie Siegfried Wagner erzählt, der das Ensemble mit Radierstube und Wohnhäuschen museal betreut.
Klinger als Großstadt-Flüchtling: Von Leipzig nach Großjena
"Im Endeffekt war er ein Großstadt-Flüchtling. Er hatte ja sein Atelier, seine Villa in Leipzig, er war dort in das gesellschaftliche Leben integriert, was aber auch bedeutete, ständig unter Beobachtung zu sein." Was dem Künstler vor allem wegen seiner Liason unangenehm gewesen sein dürfte, wie Wagner weiter erklärt: "Er hatte schon seit der Jahrhundertwende diese Beziehung zu seinem Modell Elsa Asenijeff. Ohne Trauschein. Das war skandalverdächtig und musste verheimlicht werden."
"Skandal!" im Blütengrund
Allerdings, erzählt Wagner, kam Klinger auch in Großjena nicht so ohne Weiteres davon, die Dorfbewohner riefen: "Skandal!" Vor allem als Klinger nach der Liaison mit Elsa Asenijeff schließlich mit der wesentlich jüngeren Gertrud Bock anbändelte. Auch diese privaten Details werden in der ständigen Ausstellung thematisiert, neben Klingers Leben als Bücher- und Musikmensch.
Im Mittelpunkt steht freilich sein künstlerisches Tun. Museumsleiter Siegfried Wagner zufolge zeigt diese Schau einen Querschnitt aus seinem Schaffen: "Zu den bildhauerischen Werken gehört ein extrem seltenes Exemplar einer Nietzsche-Büste. Wir haben eines seiner letzten Gemälde, zwei kleine Studien und Radierwerkzeuge."
Sonderschau zum Todestag
Neben Details seines Lebens setzt sich die aktuelle Sonderausstellung unter dem Titel "Das Grab im Weinberg" anlassgemäß mit den Umständen seines Todes und dem Begräbnis auseinander, wobei das Bildmaterial dazu eher rar ist, wie Wagner feststellt: 1919 hatte Klinger auf dem Weinberg einen Schlaganfall erlitten. Danach war er gesundheitlich sehr eingeschränkt: "Und in dieser Zeit hat ihn seine Lebensgefährtin bzw. spätere Frau zunehmend von der Öffentlichkeit abgeschirmt, so dass die letzten Monate seines Lebens tatsächlich wenig dokumentiert sind."
Über Klinger in Großjena
- Max Klinger erwarb 1903 einen Weinberg mit dazu gehörigem Haus in Großjena. Er lebte dort mit der Schriftstellerin Elsa Asenijeff.
- Zwischen 1903 und 1920 entstanden dort zahlreiche Radierungen, Zeichnungen, Aquarelle und Ölbilder.
- Ab 1909 ließ er das obere Weinbergshaus zu einem komfortablen Wohnhaus ausbauen.
- 1910 lernte er in Großjena die 17-jährige Gertrud Bock kennen, die ihm zusammen mit ihrer Schwester Ella Modell stand.
- Nach einem Schlaganfall 1919 verlegte Klinger seinen Hauptwohnsitz nach Großjena und heiratete Gertrud Bock.
Quelle: Max-Klinger-Haus Großjena
Letzte Ruhestätte sollte der Weinberg sein
Eines allerdings wird über die vorhandenen Fotografien, einen Film und auch die Archivmaterialien deutlich: Es war Klingers unbedingter Wunsch, nicht in seiner Geburts- und Heimatstadt Leipzig begraben zu werden, sondern auf seinem Weinberg bei Großjena: "Das setzte er auch gegen den Friedhofszwang durch. Auch auf die Gestaltung seines Grabes nahm er Einfluss", wie Wagner erklärt: "Oberhalb des Wohnhauses, vielleicht 30 Meter entfernt, kommt man zum Grab Klingers. Auf dem Weg dorthin geht es vorbei an zwei marmornen Hermen-Figuren, die Johannes Hartmann hergestellt hat. Das Grabmal befindet sich auf einem Plateau, darüber steht die Bronzefigur des Athleten, die Klinger sich selbst als Grabschmuck gewünscht hat."
Wer also der Person Klingers näher kommen will, der sollte unbedingt den Weinberg besuchen. Zwar gibt es hier nicht wie in Leipzig die Vielzahl bedeutender Kunstwerke. Dafür aber kann man hier dem Genius Loci nachspüren, geprägt vor allem durch die Landschaft, die Klinger mit der Toskana verglichen haben soll.
Über die Ausstellung
Das Grab im Weinberg
Bis 1. November
Blütengrund 3
06618 Naumburg-Großjena
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag 10-17 Uhr
Montag Ruhetag
Klingers Weinberg ist immer einen Ausflug wert, wer mag sollte sich unbedingt die Ausstellung im Klingerhaus anschauen momentan mit der Sonderschau.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 04. Juli 2020 | 12:15 Uhr