Neue Leipziger Schule Ausstellungstipp: Arno Rink-Schülerin Miriam Vlaming in Markkleeberg
Hauptinhalt
Alles ist auf Suche ausgerichtet bei Miriam Vlaming, eine Malerin der Neuen Leipziger Schule. 1971 wurde sie in Düsseldorf geboren, ihre Ausbildung erhielt sie bei Neo Rauch und Arno Rink. 23 ihrer Arbeiten, vor allem großformatige Gemälde und Lithografien, zeigt jetzt das Weiße Haus in Markkleeberg und führt damit in Vlamings farbsprühende Bilderwelten ein.
Das Weiße Haus am Rande von Leipzig, eine neoklassizistische Parkvilla im agra-Gelände, ist ein überaus überraschender Ort für Miriam Vlamings Arbeiten aus den letzten 10 bis 15 Jahren. "Ein wunderschöner Ort", sagt die Künstlerin selber. "Man glaubt fast, ich hätte vorher noch die Wände gestrichen, es passt einfach gut." Frappierend, wenn diese Farbigkeit der Werke auf die Farbigkeit der Wände trifft, cremegelb im Foyer, grün im Parksalon und rosé im Rosenzimmer, als hätten Werke und Wände nur auf diese Begegnung gewartet.
Es ist wie ein inneres Oszillieren, ein unbestimmbares Flirren, ein Taumeln – auch Schwindel. Miriam Vlaming mag es, die Betrachter ihrer Bilder in diesen Zustand zu versetzen. "Das ist eigentlich das zentrale Thema meiner Malerei. Der Fokus liegt auf dem Menschen in Korrelation zu seiner Umgebung." So auch in dem Bild "Push the Sky away", 2019 entstanden: "Der Ikarus ist für mich ein sehr aktuelles Thema, das spiegelt ja in gewisser Weise den menschlichen Hochmut wieder, die Gefahr zu scheitern, aber wieder aufzustehen. Deswegen gibt es auch diese Narbe in der Leinwand, weil das Leben natürlich Spuren hinterlässt. Ganz ohne Pathos mein ich das."
Der Ikarus ist für mich ein sehr aktuelles Thema, das spiegelt ja in gewisser Weise den menschlichen Hochmut wieder, die Gefahr zu scheitern, aber wieder aufzustehen.
Der Mensch im Zentrum seiner Umwelt
Helles Licht und Feuerkugeln schießen über den glutroten Himmelssaum, darunter im Dunkel steht Ikarus, eine schwarze Gestalt mit blassweißen Flügeln. Miriam Vlaming verrät uns nicht, ob die Welt gerade untergeht oder neu erschaffen wird. "Was mich immer wieder fasziniert, ist der Mensch in symbiotischer, aber auch gefährlicher Verbindung zu seiner Umwelt. Er ist auch Schöpfer. Deswegen heißt diese Ausstellung 'Kreaturen' - in der Natur gibt es ja kein Gut und Böse, aber in dem Moment, wo der Mensch auf die Bühne tritt, geht das Chaos los. Aber es sind jetzt keine moralisierenden Arbeiten, weil ich bin natürlich Teil des ganzen Welttheaters dieser Zeit, in der wir leben."
Und wie genau das zusammen spielt, der Mensch, das Universum, die Zeit, das schnappt Miriam Vlaming im echten Leben auf, unterwegs auf Reisen, in Büchern, in der Musik, auf alten Fotos. Und das schichtet sie mit enormer sinnlicher Wirkung über- und ineinander. "Malerei ist auch dieser sehnsuchtsvolle Gedanke – wie alles kreative Schaffen – dagegen anzuarbeiten. Aus der Flüchtigkeit der Momente eine Beständigkeit zu kreieren, an die wir uns erinnern, und Erinnerung spielt in meiner Malerei eine wichtige Rolle."
Erinnerung spielt in meiner Malerei eine wichtige Rolle.
Im richtigen Moment die Bilder loslassen
Miriam Vlaming schickt ihre Figuren immer wieder als Zeitreisende in ornamentreiche Welten, die nie eindeutig zuzuordnen sind. Eitempra, eine der ältesten und inzwischen seltenen Farbtechniken, ist ihr Element, ist der Energieträger für Bilder, die Menschliches, Vertrautes, immer wieder Existentielles in den Fokus nehmen, um es zeitlich zu verwischen.
Arno Rink, ihr Leipziger Meister, hat sie nicht nur gelehrt, im richtigen Moment ihre Bilder loslassen. "Er machte mir in vielen Gesprächen immer wieder deutlich: Wenn du nur das Bild um die Stelle herum malst, die du so sehr liebst, wirst du nie ein gelungenes Bild schaffen. Und dann hab ich angefangen, Sachen runter zu waschen. Das ist Teil meines Arbeitsprozesses: also immer wieder zerstören, in Frage stellen. Und dann wieder drauf gehen, und dann diese verschiedenen Energien, ja wie eine Black Box zu verdichten – bis zu einem Punkt, wo ich sage, da fällt mir jetzt nichts mehr ein, das ist jetzt so fertig."
Das ist Teil meines Arbeitsprozesses: also immer wieder zerstören, in Frage stellen.
Die Weiße Villa in Markkleeberg mit ihren bunten Räumen und Vlamings vielen großformatigen Bildern, die immer auch Zeugen ihres eigenen Lebens sind. Unbedingt Zeit einplanen für diese Welten und Wunder.
Infos zur Ausstellung:
"Kreaturen" – Miriam Vlaming im Weißen Haus
Raschwitzer Straße 13
04416 Markkleeberg
Deutschland
Haltestelle:
Bus: Parkstraße; S-Bahn: Markkleeberg Nord (S3, S5, S5X, S6)
Dienstag bis Donnerstag: 10 bis 17 Uhr
Eintritt frei
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 24. Januar 2020 | 12:40 Uhr