MIlitärgeschichte Von Bombenwagen und Kugelpyramiden: Neue Dauerausstellung auf dem Königstein
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Auf der Festung Königsstein ist eine neue Dauerausstellung eingerichtet worden. Im Alten Zeughaus werden vor allem Kanonen und andere Artillerie gezeigt, die vorher im Fundus des Schlosses lagerten. Anhand der Waffen wird europäische Kriegsgeschichte erzählt, andere Objekte zeigen die Historie des Gebäudes. Leider werden die Ausstellungsstücke selbst nicht als das hinterfragt, was sie sind: Tötungsinstrumente und brutale Machtsymbole.

Zwei mächtige 12-Pfünder-Kanonen mit über drei Metern Länge strecken sich im Raum. Sie wiegen fast zwei Tonnen, haben eine Schussweite von drei Kilometern und es brauchte acht bis zehn Pferde, um sie zu bewegen. Beide Rohre aus Eisen tragen neben der Jahreszahl 1732 die Initialen von Augustus Rex, also von August dem Starken. Die Kanonenrohre waren solide genug, um sie offenbar noch Anfang des 19. Jahrhunderts einzusetzen, erklärt Kurator Ingo Busse.
Zeugen europäischer Kriegsgeschichte
Zwar hat kein Feind die Festung Königstein jemals ernsthaft belagert, dennoch blieb die Besatzung immer schwer gewappnet – während des 30-jährigen und des siebenjährigen Krieges sowie in den Jahren Napoleon Bonapartes. 1813, als russische Truppen ganz in der Nähe einer französischen Division den Weg abschneiden wollten, griff die Festungsartillerie in die Kämpfe ein und beschoss die Russen. "Aber die russischen Truppen waren natürlich klug genug sich dann weiter zurückzuziehen. So war es nicht mehr möglich, von der Festung aus diese Truppen zu beschießen", erzählt Busse.
Auch andere Kanonen tragen Hinweise auf die europäische Kriegsgeschichte. Buchstaben oder Monatsnamen dienten als Signatur. So wusste der Feldherr nach einer Schlacht, welches Rohr für immer verloren oder sogar vom Feind erbeutet worden war. "Das hintere Rohr ist das Augustusrohr. Das trägt das Sternbild Jungfrau für den Monat August und gehörte zur Monatsserie. Von diesen Rohren sind einige im Nordischen Krieg von den Schweden erbeutet worden und sind heute in Stockholm im dortigen Armeemuseum zu sehen. Wir haben einige Rohre dieser Art auf dem Königstein und eines in dieser Ausstellung", sagt Museumsleiterin Angelika Taube.
Schon immer ein Museum
Das alte Zeughaus selbst ist eines der bemerkenswertesten Objekte auf dem Königstein: ein 1594 fertiggestellter mehrgeschossiger Renaissancebau – trutzig, schlicht, funktional. Von Anfang an diente das Gebäude nicht nur als Waffenlager, sondern auch als Schauraum für Kanonen, Mörser, Blank- und Handfeuerwaffen – eben all dem 'Zeug', das die Besatzung für ihre Verteidigung brauchte und womit die sächsischen Kurfürsten oder ab 1806 die sächsischen Könige Freund und Feind zu beeindrucken versuchten.
"Dann wurde das alte Zeughaus mehr und mehr durch das Neue abgelöst. Zu guter Letzt wurden hier viele historische und veraltete, teilweise auch kuriose Waffen gezeigt. Eigentlich war das Alte Zeughaus damals schon so etwas wie ein kleines Museum, auch wenn es nicht so hieß", resümiert Kurator Busse. Selbst als seit 1876 in den oberen Etagen zivile Gefangene ihre Festungshaft verbüßten, lagerten im Erdgeschoss weiter Waffen und Trophäen.
Wechselhafte Geschichte eines Gebäudes
Busse zeigt ein historisches Bild der Ausstellung, "dass im Obergeschoss einer der berühmtesten Gefangenen zeigt: August Bebel. Deswegen wurde zu DDR-Zeiten hier eine Gedenkstätte eingerichtet, die es inzwischen aber nicht mehr gibt." In dieser Weise hat der Bau mehrere Transformationen erlebt: Während des Ersten Weltkriegs nutzten russische Kriegsgefangene das Gewölbe im Untergeschoss als orthodoxe Kapelle. Französische Offiziere spielten während des Zweiten Weltkriegs Theater.
All das kann man in Vitrinen und auf eingeblendeten Bildinstallationen nachlesen. Wie auch viel über die Entwicklung der Artillerie seit der Antike oder die Verteidigungstechniken einer Festung zu erfahren ist. In einer der Videostationen laden Männer in historischen Uniformen eine Kanone. Und schießen sie auch ab. Pyramiden von Eisengeschossen stehen im Raum neben einem hölzernen Bombenwagen für schwere Mörserkugeln. Ein Minenwerfer aus dem Ersten Weltkrieg weist darauf hin, dass auch damals mehr als 150 moderne Geschützen hier gelagert wurden. Die Reichswehr wollte sie vor den alliierten Waffenkontrolleuren verstecken, die sie dann aber doch aufspürten. "Dann blieb als allerletzte Bewaffnung der Festung nur noch zwei oder drei schwere MG‘s und ebenso viele Minenwerfer", schließt Busse.
Tötungsinstrumente und Machtsymbole
Es wird auch berichtet, dass die Sowjets bei ihrer kurzzeitigen Besetzung des Königsteins 1945 einen großen Teil der historischen Waffen mitnahmen. Es kostete viel Mühe, das in den 50er-Jahren gegründete Museum mit originalen Exponaten auszustatten. Kaum thematisiert wird hingegen, dass all die mit viel Fleiß und handwerklichem Kunstsinn gefertigten Kanonen, Mörser oder Langwaffen letztlich Tötungsinstrumente sind, Symbole von Macht und Männlichkeit.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 01. August 2020 | 17:45 Uhr