"Vater und Sohn"-Schöpfer Körper und Akte: Zeichnungen von Erich Ohser in Plauen zu sehen
Hauptinhalt
Der Plauener Künstler Erich Ohser ist berühmt für seine legendären "Vater und Sohn"-Geschichten. Eine Ausstellung in der galerie e.o. plauen zeigt den Karikaturisten nun von einer völlig anderen Seite: als begabten Aktzeichner. Erstmals sind sämtliche seiner Werke mit Fokus auf unbekleidete Körper zu sehen – von klassischen Aktstudien aus der Leipziger Studienzeit über Witzzeichnungen bis hin zu Auftragsarbeiten für die Nazis.

Diese Ausstellung in der Galerie e. o. plauen des Erich-Ohser-Hauses ist ein Novum. Noch nie wurden Aktzeichnungen von Erich Ohser in solcher Fülle der Öffentlichkeit präsentiert. Über 200 Blätter sind es, die Dr. Iris Haist, die Chefin des Hauses, aus dem Archiv zutage gefördert hat. Die Schau ist eine Entdeckung. Sie zeigt den Erfinder der berühmten "Vater & Sohn"-Bildergeschichten von einer ganz anderen Seite – als einen lebenslang den nackten Tatsachen verfallenen Zeichner.
Erste Aktstudien in Leipzig
Die Aktdarstellung gehörte an der Staatlichen Akademie für Graphische Künste und Buchgewerbe in Leipzig, wo Ohser ab 1921 studierte, zu den Grundlagen. Auf einem Foto aus dieser Zeit, sieht man ein sich sehr freizügig präsentierendes weibliches Aktmodell, dicht umstanden von einer Studentenriege in gestärkten Malerkitteln.
Immerhin, auch drei junge Frauen gehörten dieser Aktklasse offensichtlich an. Einer der Herren im Hintergrund hat sich für diesen frivolen Fototermin extra mit einer Malerpalette ausgestattet: Erich Ohser, der seine Meisterschaft fortan allerdings eher mit dem Bleistift als mit dem Pinsel zum Ausdruck brachte.
Erich Ohser zeichnete vielfältige Körper
Stilistisch beherrschte Ohser den Realismus, wie das expressionistisch Überhöhte im Ausdruck. Er zeichnete fast schon surrealistische Körperhaltungen oder fröhliche Nackte, die den späteren Karikaturisten in ihm verraten. Ein breites Spektrum der Darstellungen, was wohl auch den Titel der Ausstellung "Körperformen" ausmacht. Der weibliche Körper diente ihm dabei genauso zur Inspiration wie der männliche.
Zeitgenössische Kunst kommentiert Ausstellung
Von besonderer Schönheit sind die Zeichnungen, die Erich Ohser immer wieder von schwarzen Frauen anfertigte. Dies animierte die Museumschefin Iris Haist, die Ausstellung um einen zeitgenössischen künstlerischen Kommentar zu ergänzen. In einem Extraraum kann man faszinierende Fotoarbeiten der in Berlin lebenden Fotografin und Installationskünstlerin Semra Sevin sehen, auf denen schwarze Frauen das von Erich Ohser aufs Papier gebannte Selbstbewusstsein gleichsam in eine künstlerische Formensprache des 21. Jahrhundert transponieren.
Nackte Tatsachen bei Ohsers "Vater und Sohn"
Die letzte Abteilung der Ausstellung widmet sich den nackten Tatsachen in der Karikatur. Da gibt es Episoden, in denen "Vater und Sohn" auf liebevolle Weise mit dem Thema konfrontiert sind und ein paar harmlos heitere Zeichnungen aus den 1930er-Jahren zu sehen. Der Blick bleibt dann aber auch an mehreren Blättern hängen, die Erich Ohser als Karikaturist für Propagandablätter der Nazis gezeichnet hat.
Auf einem ist die untergehende "Athenia" zu sehen. Bei diesem Schiff handelt es sich um das erste zivile englische Passagierschiff, das im Zweiten Weltkrieg torpediert wurde. Auf Ohsers Zeichnung sinkt es am Horizont, während ihm im Vordergrund, an Pin-up-Girls erinnernde üppig-nackte Syrenen von einem deutschen U-Boot aus hinterherwinken.
Ausstellung beinhaltet Zeichnungen für die Nazis
Das wirft Fragen auf: Warum engagiert sich ein Künstler, der nachgewiesener Weise nichts mit den Nazis am Hut hatte, auf solch eine Weise? Ein bisschen Heulen mit den Wölfen? Das gute Honorar in für den Künstler sonst schlechten Zeiten? Vielleicht auch das Gefühl des inneren Emigranten und Freundes von Erich Kästner, wie dieser durch solche "Mitarbeit" geschützt zu sein? Warf man Ohser doch gerade in den 1940er-Jahren immer mal wieder "undeutschen Stil" in seinen Zeichnungen vor.
Die Rechnung ging nicht auf. Der freche Freigeist Erich Ohser wird wegen seiner allzu laut vorgetragenen Regimekritik im privaten Kreis von einem Nachbarn denunziert und nimmt sich, der Wehrkraftzersetzung angeklagt, 1944 in einer Gestapozelle das Leben. Auch das eine nackte Tatsache.
Mehr Informationen
Ausstellung "Körperformen - Aktdarstellungen von Erich Ohser"
Vom 15. Oktober 2022 bis 26. März 2023
Ausstellung "Semra Sevin zum Thema Body Positivity"
Vom 15. Oktober 2022 bis 26. März 2023
Galerie e.o.plauen im Erich-Ohser-Haus
Nobelstraße 7
08523 Plauen
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag, an Feiertagen von 11 bis 17 Uhr
Öffentliche Ausstellungsführung:
jeden zweiten Samstag im Monat
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 06. Februar 2023 | 12:40 Uhr