Radeburg Wohin mit scharfen Waffen in kleinen Museen?

In kleinen Heimatmuseen und in etlichen musealen Sammlungen lagern historische Waffen, die dem deutschen Waffenrecht unterliegen. Manches Museum sieht sich da an der Grenze dessen, was es in puncto sicherer Aufbewahrung oder überhaupt in puncto Besitz zu leisten fähig ist. Aber wohin mit solchen geschichtlich wertvollen, immer noch scharfen Waffen? Das Heimatmuseum im sächsischen Radeburg hat sich mit dieser Frage an das Militärhistorische Museum der Bundeswehr in Dresden gewandt – und es ist nicht das einzige.

Ein sogenannter Taschenrevolver mit Faltabzug aus dem Bestand des Heimatmuseums Radeburg.
Wohin mit geschichtlich wertvollen, aber immer noch scharfen Waffen wie diesem Taschenrevolver? Diese Frage treibt manches Heimatmuseum um, wie das Heimatmuseum in Radeburg. Bildrechte: Robert Rösler/Heimatmuseum Radeburg

Vormittags im Hof des Heimatmuseums der Kleinstadt Radeburg. Ein Auto der Bundeswehr parkt am Gebäude, Männer tragen ein gutes Dutzend Waffen zum Wagen, Gewehre und Pistolen, sorgsam in Decken und Tücher gehüllt, darunter ein schon leicht rostspuriger Taschenrevolver mit Faltabzug. "Alles Waffen, schwerpunktmäßig aus dem 19. Jahrhundert, die dem Waffenrecht unterliegen", sagt Peter Hauschild vom Militärhistorisches Museum der Bundeswehr in Dresden, Sammlungsbereich Handwaffen.

Auch eine sogenannte Windbüchse ist dabei, eigentlich ein Luftgewehr. Aber auch das verschießt im Zweifelsfall Projektile mit einer bestimmten Energie.

Peter Hauschild, Militärhistorisches Museum der Bundeswehr
Ein sogenanntes Werdergewehr aus dem Bestand des Heimatmuseums Radeburg. 5 min
Bildrechte: Robert Rösler/Heimatmuseum Radeburg

Das deutsche Waffenrecht ist aus guten Gründen sehr streng – und das Heimatmuseum im sächsischen Radeburg hat in Kenntnis dieser Gesetzgebung beim Militärhistorischen Museum der Bundeswehr nachgefragt: Was dürfen wir als kommunales Museum überhaupt an Blankwaffen, Pistolen, Revolvern oder Gewehren zeigen oder auch nur besitzen?

Waffenrecht verlangt Waffenbesitzkarte

In enger Absprache mit dem Bundeswehrspezialisten gibt Heimatmuseumsleiter Robert Rösler nun 13 wertvolle Stücke ab, auch eine gänzlich verbotene Waffe, das Fragment einer Spazierstockwaffe. "Die darf niemand in einer normalen musealen Sammlung haben", so Rösler: "Der Rest des Konvoluts sind doppelläufige Flinten, auch modernere Gewehre, die wir hier laut aktuellem Gesetz nicht zeigen können."  

Der Griff einer als Spazierstock getarnten Schusswaffe aus dem Bestand des Heimatmuseums Radeburg.
Eine sogenannte Spazierstockwaffe darf nicht ohne Weiteres im Museum gelagert werden. Bildrechte: Robert Rösler/Heimatmuseum Radeburg

Besonders kleinere, von der Gemeinde betriebene Museen mit geringer Finanzausstattung kämen aus Kostengründen schnell an ihre Grenzen, um die scharfen, dem Waffenrecht unterliegenden Stücke gesetzesgetreu zu verwahren oder zu zeigen, sagt Handwaffenexperte Hauschild vom Museum der Bundeswehr.

Auch das qualifizierte Personal dafür fehle meistens: "Die Kommune dürfte so eine Waffe als Institution eigentlich gar nicht besitzen, weil solche Waffen nach dem Waffenrecht auf einer Waffenbesitzkarte eingetragen werden müssten – und wenn es diese Person nicht gibt, dann dürfte die Waffe so nicht im Verkehr sein."

Schutz vor Amokläufen oder Attentaten

Aus der gesamten Bundesrepublik erhalte das Bundeswehrmuseum inzwischen Anfragen, welche Pistolen oder Gewehre im Zweifelsfall aus der kommunalen Sammlung entfernt werden müssten, so Hauschild: "Darunter sind auch Anfragen in der Art: Was können wir machen, wenn wir es nicht mehr besitzen dürfen, können wir das abgeben?"

Bei Waffen möchte man ja sichergehen, dass sie nicht in unbefugte Hände gelangen. Kommunen sind vorsichtig geworden, auch angesichts der Ereignisse aus jüngerer Zeit.

Peter Hauschild, Handwaffenexperte

Der Schutz vor Amokläufen oder Attentaten fängt somit beim sicheren Verwahren von funktionierenden Feuerwaffen an. Insofern hat das Heimatmuseum von Radeburg wohl den besten möglichen Ausweg gefunden, die historisch wertvollen Waffen aus der über hundertjährigen Sammlung im Original zu erhalten. Auch wenn Heimatmuseumsleiter Rösler die Stücke mit einem weinenden Auge aus der Hand gibt: "Auch, weil man weiß, dass diese Sammlung schon eine Weile besteht. Andererseits freut man sich darauf, dass man sie vielleicht einmal in einem neuen Ausstellungskontext sehen kann."

Ein sogenanntes Werdergewehr aus dem Bestand des Heimatmuseums Radeburg.
Prävention beginnt beim sicheren Verwahren von funktionierenden Feuerwaffen wie diesem sogenanten Werdergewehr. Bildrechte: Robert Rösler/Heimatmuseum Radeburg

Dresdner Bundeswehr-Museum übernimmt nicht alle Waffen

Vorerst lagern die Radeburger Büchsen allerdings im Dresdner Bundeswehr-Depot. Und dieses zum Besitz jeglicher Waffen befugte Museum der Bundeswehr übernimmt auch nicht jedes historische Schießeisen, das ein kleineres Museum abgeben will oder abgeben muss.

Wer seine Sammlungsstücke in Dresden unterbringen darf, hat demnach Glück – im Falle Radeburg interessierte sich der Waffenspezialist aus einem bestimmten Grund für die Exponate. "Weil sie für eine Art von Waffen stehen", so Hauschild, "die in einer bestimmten Zeit gebräuchlich für die Zivilgesellschaft waren. Wir sind nicht nur das Museum für Militärhistorie, sondern widmen uns museal auch der Geschichte der Gewalt. Die kann auch im zivilen Raum ausgeübt werden – mit zivilen Waffen aus Schützenvereinen oder von Jägern. Dafür ist das kleine Radeburger Konvolut ein gutes Beispiel."

Eine englische Leuchtpistole aus dem Bestand des Heimatmuseums Radeburg.
Eine englische Leuchtpistole aus dem Bestand des Heimatmuseums Radeburg. Bildrechte: Robert Rösler/Heimatmuseum Radeburg

Wer als kleines Museum vom Waffenrecht betroffene Stücke partout behalten will, hat noch eine andere legale Chance, so der Fachmann: Die Waffe umarbeiten lassen, sodass sie technisch unbrauchbar sind. Hieße: Der historische Gegenstand würde als Original zerstört – es bliebe von Jagdflinten oder Damen-Revolvern jedoch immerhin der Schauwert.

Redaktionelle Bearbeitung: Simon Bernard

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 17. November 2022 | 08:40 Uhr

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