"WerkZeuge(n)"Ausstellung in Kirschau bei Bautzen: Warum Werkzeug auch Kunst sein kann
Letzte Chance: Die Ausstellung "WerkZeuge(n)" im sächsischen Kirschau bei Bautzen zeigt am kommenden Sonntag noch einmal, welche künstlerische Kraft im vermeintlich Gewöhnlichen steckt. Ein DDR-Paddelboot wird zum Klangkunstwerk, uralte Fotografietechnik lichtet Aktuelles ab, eine alte Säge wird zum Kunstobjekt.
In der Art Facory Flox in Kirschau bei Bautzen kreist die Ausstellung mit dem hintersinnigen Titel "WerkZeuge(n)" um das Werkzeug im Spiegel der Gegenwartskunst. 16 Künstlerinnen und Künstler aus fünf Ländern beschäftigen sich auf dem Areal einer früheren Textilfabrik mit der Ästhetik und der Wirkung von Werkzeugen.
Ein Paddelboot macht Musik
So erklingen in der Ausstellung eigenartige Geräusche, wenn man sich einer turmartigen Skulptur in der Ausstellungshalle nähert. Man glaubt, das hölzerne Gerippe eines Paddelboots zu erkennen und sieht Drähte aus Metall und ein altes Spinnrad. Diese zusammengebastelte Musik-Installation hat der japanische Künstler Taka Kagitomi geschaffen.
Holger Wendland, der Kurator der Schau, erklärt, dass es sich um ein DDR-Paddelboot RZ 85 handele, das Kagitomi mit Tonabnehmern bestückt habe. Aus dem Spinnrad und dem Paddelboot wird so eine Klang-Skulptur, und es entsteht aus den Werkzeugen des Textilhandwerks und den Werkzeugen der Mobilität etwas völlig Neues.
Uralte Fotografietechnik
Ganz anders dagegen nähert sich die Spanierin Maider Kuadra dem Thema. Sie benutzt ein altes Werkzeug, eine archaische Plattenkamera. Die baskische Künstlerin mache seit Jahren Aufnahmen mit einer uralten Fotografie-Technik, erzählt Wendland: "Sie benutzt den alten Balgenapparat ihres Großvaters. Sie hat sich selbst diese Sache angeeignet. Chemikalien, die es heute nicht mehr gibt, mixt sie selbst und beschäftigt sich ganz stark mit der baskischen Kultur." So werden die uralten Werkzeuge zu Zeugen der baskischen Kultur, festgehalten in exquisiten Grau- und Silbertönen der Plattenkamera.
Ein Flohmarktfund wird zu Kunst
Eine Arbeit des Künstlers Sandro Porcu mit dem Titel "Restzeuge" wiederum kreist um ein klassisches Handwerkszeug, das er auf einem Flohmarkt gefunden hat: eine Säge aus den 30er-Jahren. Eingraviert ist ein Baum, denn die Säge habe den Baum schließlich niedergemacht – "deshalb ist der 'Restzeuge' eigentlich der Baum, der dadurch umgefallen ist." Dabei gehe es mehr um das Wortspiel als um das Objekt selbst.
Wie man mit einem Werkzeug handfeste Botschaften hervorbringen kann, machen Schriftschablonen von Birger Jesch deutlich. Diese Schriftschablonen hat der Künstler in einer verlassenen Werkstatt eines Anstreichers gefunden. Da gibt es beispielsweise einen Warnhinweis aus DDR-Zeiten, der damals auf den Türen von Baustoff-Lagern stand: "Betreten verboten! Jede Entwendung von Holz und Baustoffen wird gerichtlich verfolgt! – Die Liquidatoren"
Verfallene Industrie und Lost Places
Im Werkzeug steckt auch der Begriff des Werks – und das Werk als Fabrik umkreist der Fotograf Uwe E. Nimmrichter. Er hat in einer verlassenen Färberei fotografiert, gerade einmal einen Steinwurf entfernt von der Ausstellungshalle. Herausgekommen ist ein fast surreal anmutendes Bild, das selbst wie eine farbenprächtige Kunstinstallation aussieht: Es zeigt Wagen, die dort stehen, umgeben von Verfall – als habe sie erst gestern jemand verlassen.
Die Schau beleuchtet die unterschiedlichsten Facetten des Werkzeugs, sie zeigt es als Arbeitsinstrument oder als Zeuge für ein vollbrachtes Werk. Und so spielt man phantasievoll auf der Klaviatur dieses Themas – und der Besucher kann dann auch selbst Musik dazu machen: auf einem Kunstobjekt aus alten Klaviertasten und leeren Weinflaschen.
Die Ausstellung"WerkZeuge(n)"
12. September bis 21. November 2021
Geöffnet jeweils Sonntag: 14 bis 18 Uhr
Kunstinitiative “Im Friese” e.V.
Art Factory Flox
Friesestraße 31, 02681 Schirgiswalde-Kirschau
www.im-friese.de
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 16. November 2021 | 18:05 Uhr