Eine Bilanz zum Jubiläum Wittenberg: 25 Jahre Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt
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Die Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt feiert am 3. September 2022 ihr 25-jähriges Bestehen mit einem großen Fest. Aus diesem Anlass blickt ihr scheidender Chef, Stefan Rhein, zurück. Denn als der gebürtige Schwabe und Katholik Rhein 1998 an den Ursprungsort der Reformation nach Wittenberg kam, war er zunächst mehr Bauherr als Museumsdirektor. Seitdem hat sich viel getan. Ab sofort firmieren die Stätten auch als LutherMuseen. Rhein erklärt, warum und welche Herausforderungen die Luthergedenkstätten noch vor sich haben.
Welch Aufregung als 2003 die sogenannte Luthermurmel den 3.000-Seelen-Ort Mansfeld berühmt machte – man hatte das Kügelchen aus Ton in der Abfallgrube an Luthers Elternhaus gefunden und gewann damit neue Erkenntnisse über die Lebenswelt des berühmten Reformators. Ein archäologischer Coup und ein erstes großes Highlight der sieben Jahre zuvor gegründeten Stiftung Luthergedenkstätten. Denn ansonsten sagt der bis heute amtierende Direktor Stefan Rhein, waren die Anfänge eher geprägt vom Erhalt der historischen Infrastruktur.
Und da nutzte man clever die Gunst der Fördermittel, wie sich Rhein erinnert: "Das war natürlich auch eine Herausforderung, diese Förderprogramme zu nutzen. Das wäre heute sehr viel schwieriger, aber vor 25 Jahren gab es noch reiche Investitionsprogramme, auch in den neuen Bundesländern. Und ich glaube, dass wir in Wittenberg, Eisleben und Mansfeld jetzt die reformationshistorische, museale Infrastruktur doch so präsentieren können, dass man sagen kann: Ja, das ist sowohl in der denkmalgerechten Sanierung wie auch in den neuen Gebäuden eine gelungene Kombination von Alt und Neu."
Mehr zu Stefan Rhein und der Stiftung Luthergedenkstätten
- Fünf Museen vereint die Stiftung mittlerweile: das Lutherhaus und das Haus seines Mitstreiters Philipp Melanchthon in Wittenberg, in Eisleben Luthers Geburtshaus und das Museum "Luthers Sterbehaus" sowie Luthers Elternhaus im benachbarten Ort Mansfeld.
- Anfang 1998 übernahm Rhein offiziell die Leitung der am 1. September 1997 gegründeten Stiftung Luthergedenkstätten.
- Rund 60 Millionen Euro flossen seither in die Restaurierung, denkmalpflegerische Sanierung und Erweiterung der historischen Gebäude. Nicht wenige wurden als Beitrag zur zeitgenössischen Baukultur ausgezeichnet.
- Zu Rheins Bilanz gehören 64 Tagungen, 117 Publikationen und etliche große Sonderausstellungen. Höhepunkt war das Reformationsjahr 2017 mit über 250.000 Gästen aus aller Welt.
Preisgekrönte Architektur, die Denkmalschutz und moderne Architektur verbindet
Denn auch das fällt im Rückblick auf, die Stiftung hat immer darauf geachtet, die denkmalgeschützten Gebäude mit moderner Architektur zu verbinden. Das war meist äußerst umstritten, aber auch bewundert, lacht Rhein: "Die Stiftung ist der Bauherr mit den meisten Baupreisen im Land Sachsen-Anhalt – mit 14 Preisen, auch Architekturpreisen, Auszeichnungen auf Bundesebene und auf Landesebene. Das Interessante ist, dass diese Beiträge zur Baukultur, die in der Architektenwelt also sehr anerkannt sind, zunehmend auch allgemein Zuspruch erfahren."
Wittenberger Augusteum beleuchtete Cranach, Luther und Herrn Käthe
So wurde im Lutherhof ein gläserner Kubus als Eingang zum historischen Augusteum geschaffen, der Ort, wo später viele der insgesamt 50 Ausstellungen gezeigt wurden: 2015 zum 500. Geburtstag von Lucas Cranach dem Jüngeren, wo erstmals dessen Bedeutung ins wissenschaftliche Licht gerückt wurde. Aber auch zuvor gab es schon Beachtliches – so wie 1999 die Schau zum 500. Geburtstag von Katharina von Bora: "Die Frau Luthers war eine wirkliche Entdeckung. 'Lieber Herr Käthe', so hieß die Ausstellung. Denn so hat Luther sie genannt: Eine taffe Frau und eine wirklich faszinierende Partnerschaft: der Mönch heiratet die Nonne", staunt Rhein noch immer.
Reformationsjubiläum 2017: Wittenberg im Zentrum der protestantischen Welt
Auch in Eisleben und Mansfeld wurde thematisch an Luther erinnert vor allem natürlich durch die drei modernen und interaktiven Dauerausstellungen in den Museen. Höhepunkt war dann aber für alle drei Standorte das Reformationsjubiläum 2017 und die bereits zehn Jahre vorher ausgerufene "Lutherdekade", durch die man auch auf wissenschaftlicher Ebene internationale Aufmerksamkeit generieren konnte, sagt Rhein: "Wir haben mit Kollegen Ausstellungen in New York, in Atlanta und in Minneapolis gemacht. Wittenberg war ja doch ein Jahr lang der Mittelpunkt nicht der ganzen Welt, aber zumindest der protestantischen Welt."
Jubelnd vermeldete man einen Rekord von 250.000 Besuchern. Dann aber wurde es doch sehr still um Luther. Für die Stiftung ein Durchatmen, findet Rhein. Man habe die Zeit zu einem Relaunch genutzt, mit neuem Erscheinungsbild und Markenname.
Relauch 2022: LutherMuseen
So nennt man sich jetzt LutherMuseen. Dazu erklärt Rhein: "Das finde ich gut so, dass wir uns kritisch prüfen und neu aufstellen, eine neue Gestaltung finden, die frischer, offener, attraktiver ist. Als eine Stiftung, die in den nächsten 25 Jahren sich auch gesellschaftspolitisch einmischen will, die ihre Themen als gegenwärtig platzieren möchte."
Wie beim nächsten großen Jubiläum: Denn 2024/25 erinnert auch Sachsen-Anhalt an 500 Jahre Thomas Müntzer und den Bauernkrieg. Eine große Chance für das Mansfelder Land, findet Rhein, aber durchaus auch eine Herausforderung. Denn, das habe er in den vergangenen 25 Jahren auch gelernt – die Provinz ticke anders und lasse sich auch touristisch nicht ganz so leicht bespielen:
"Da wird die große Herausforderung sein, das Bauernkriegs-Jubiläum mit vielen Partnern gemeinsam zu gestalten, rüberzubringen: 'Das Mansfelder Land ist eine Reise wert.' Denn das liegt nicht an den großen Verkehrsströmen. Das liegt nicht an der Elbe. Es geht kein vielbefahrener Fahrradweg vorbei wie in Wittenberg. So wird es unsere Aufgabe sein, möglichst viele Menschen nach Eisleben und nach Mansfeld zu verführen."
Diese Aufgabe wird dann aber schon sein Nachfolger Thomas T. Müller übernehmen, denn Ende des Jahres geht Stefan Rhein in den Ruhestand. Und der Reformationshistoriker aus Thüringen, Thomas T. Müller, geht an den Start.
Weitere Informationen
Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt
Collegienstraße 54
06886 Lutherstadt Wittenberg
Lutherhaus in Wittenberg
Collegienstraße 54
06886 Lutherstadt Wittenberg
Öffnungszeiten:
November bis März, täglich geöffnet von 10 bis 17 Uhr
Feiertage: 14 bis 17 Uhr
Melanchthonhaus
Collegienstraße 60
06886 Lutherstadt Wittenberg
Öffnungszeiten:
November bis März, täglich außer montags geöffnet von 10 bis 17 Uhr
Luthers Geburtshaus
Lutherstraße 15
06295 Lutherstadt Eisleben
Öffnungszeiten:
täglich außer montags geöffnet von 10 bis 17 Uhr
Luthers Sterbehaus
Andreaskirchplatz 7
06295 Lutherstadt Eisleben
Öffnungszeiten:
täglich außer montags geöffnet von 10 bis 17 Uhr
Luthers Elternhaus
Lutherstraße 26
06343 Mansfeld
Öffnungszeiten:
täglich außer montags geöffnet von 10 bis 17 Uhr
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 02. September 2022 | 12:10 Uhr