Natur und Umwelt Ausstellung "Zero Waste" in Leipzig: Kunst gegen Vermüllung
Hauptinhalt
Die Ausstellung "Zero Waste" im Museum der bildenden Künste Leipzig (MdbK) macht die menschliche Maßlosigkeit im Umgang mit natürlichen Ressourcen und der Umwelt zum Thema. Es geht etwa um Gewächshäuser, Plastikberge oder die Verschmutzung des Wassers. Mit dabei sind Arbeiten von Raul Walch, Wolf von Kries, Swaantje Güntzel, Michel de Broin, Alexander Oelofse, Tita Salina und Irwan Ahmett. MDR KULTUR-Autorin Heike Schwarzer mit Eindrücken aus Klamottenbergen und Müllinseln.

Müll ist überall. Und nun auch im Museum. Mit "Zero Waste" ist eine Ausstellung im Museum der bildenden Künste (MdbK) in Leipzig zu sehen, die in Kooperation mit dem Umweltbundesamt genau das zum Thema macht: Unsere Maßlosigkeit im Umgang mit Ressourcen und die Folgen, die das für die Menschheit und jeden einzelnen Menschen hat. "Individueller Fußabdruck" – ein großes Thema, das in Installationen, Videos, Fotografien, Objekten, Zeichnungen, Augmented- und Virtuell-Reality-Arbeiten verhandelt wird.
Gewächshäuser und Plastikberge
Eine Landschaft von Gewächshäusern und Plastikplanen überzogen und so weit, dass kein Kamerazoom sie erfasst. Der Mann, der in dem Video durch diese triste Landschaft rennt, entkommt ihr nicht und auch nicht den gigantischen Schutt- und Plastikbergen, die sich links und rechts des Weges häufen. Fetzen von andalusischen Tomatenplantagen wehen nun als sowohl zauberhaftes wie auch mahnendes Windspiel von der Leipziger Museumsdecke.
"Wir sehen hier auf der Terrasse, die 16 Meter hoch ist, die ortsspezifische Arbeit von Raul Walch", erklärt Lena Fließbach, eine der beiden Kuratorinnen von "Zero Waste": "Er hat in Almería in Spanien geforscht, wo einfach dieses Plastikmeer, dieses 'Mar del Plástico', sich befindet. Plantagen, Gewächshäuser, die sich wirklich über Kilometer erstrecken. Und dieses ganze Material der Planen, Schattierungsfolien, das fliegt dort überall in die Landschaft und auch ins Meer."
Verschmutztes Wasser und eine Insel aus Müll
Woher der Müll im Meer kommt, durch den der junge Mann im Film von Tita Salina und Irwan Ahmett watet, wird fast zur Nebensache. Denn wie ein Wunder scheint es, dass hier noch Leben existiert. Fließbach erklärt: "Wir zeigen von dem Künstlerduo zwei Videos im Loop. In dem einen Video retten sie einen kleinen Fisch aus einem völlig verschmutzten und mit Öl übersäten Gewässer. In dem anderen Video sehen wir, wie aus Plastikmüll eine Insel gebaut wird."
Wandteppiche aus alten Umzugsdecken
Das Meer, die Müllhalde der Menschheit – und nicht die einzige. 60 Kleidungsstücke kaufen sich die Deutschen im Durchschnitt pro Jahr und gut, wenn einige davon als Rohstoff für Umzugsdecken recycelt werden. Wolf von Kries, neben Swaantje Güntzel mit mehreren Arbeiten vertreten, näht schöne Wandteppiche daraus. Kuratorin Hannah Beck-Mannagetta erklärt: "Und zwar ist das ein Wandteppich, der eben in der Patchwork-Technik – was eben eine der ältesten Traditionen des Recyclings ist –, aus Umzugsdecken aus der ganzen Welt von Hand zusammengenäht wurde."
Dieses Material, also Umzugsdecken, ist selbst aus recycelten Stoffresten entstanden.
Fundstücke aus allen Ecken der Welt
Der menschengemachte Konsumwahnsinn liefert die Basis für viele der Ausstellungsobjekte. "Zero Waste" – null Abfall also – apostrophiert den Wunsch, die Behauptung, die Vision. Rund 20 künstlerische Positionen im Untergeschoss des Leipziger Bildermuseums - wie das MdbK umgangssprachlich genannt wird - markieren nur einige Baustellen.
Die Themen reichen von Müllstrudeln im Pazifik über Mikroplastik in der Nahrungskette, Feinstaubbelastungen in Metropolen bis hin zu maßlosem Konsum und der Infragestellung globaler Produktionsketten.
Internationale Beiträge
Die Halbwertszeit mancher Arbeiten scheint begrenzt, auch das Postulat ein Kunstwerk zu sein, darf hier und da hinterfragt werden. Doch das ist zu verschmerzen. Wenn Michel de Broin, ein kanadischer Fundstück-Künstler, einen amerikanischen Straßenschlitten ausschlachtet, wie 2007 geschehen, Tretpedale einbaut und seine Spritztour durch Toronto filmt, dann kann man sogar lachen. Und staunen geht auch beim Anblick der Fotoserie von Alexander Oelofse, in Kapstadt zu Hause. Er hat Müllteile einzeln edel ausgeleuchtet und fotografiert.
Traurig-schön sozusagen.
Drei Jahre Recherche
Die beiden Kuratorinnen begannen vor drei Jahren mit den ersten Recherchen für die Ausstellung. Inzwischen ist das Thema längst ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Hannah Beck-Mannagetta erklärt: "Man dachte, man ist jetzt fast schon wieder zu spät dran. Aber nein, es stellt sich heraus, es ist hochaktuell und es wird uns noch viele Jahre begleiten, das Thema."
"Zero Waste" im Bildermuseum Leipzig setzt den Finger in die Wunde und macht sichtbar, was wir im Alltag gern verdrängen. Auch verpackt als Kunstwerk tut das weh.
Ausstellung "Zero Waste"
bis 8. November 2020
Museum der bildenden Künste Leipzig
Katharinenstraße 10
04109 Leipzig
Öffnungszeiten:
Montag - geschlossen
Dienstag, Donnerstag bis Sonntag - 10-18 Uhr
Mittwoch - 12-20 Uhr
Feiertage - 10-18 Uhr
Am 24. und 31. Dezember geschlossen.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 26. Juni 2020 | 13:10 Uhr