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Buchstadt-Chronik 1840-1900Schnellpresse und Buchhändlerhaus im Grafischen Viertel

25. Januar 2011, 18:36 Uhr

1840

400 Jahre nach Gutenbergs Erfindung bestehen in Leipzig 108 Buch- und Verlagsbuchhandlungen, 24 Druckereien und sieben Schriftgießereien. Die meisten befinden sich im Grafischen Viertel, das sich seit Einführung der Dampfmaschinen in der polygrafischen Industrie in der Ostvorstadt und dem Vorort Reudnitz herausgebildet hat. Nach der Gutenbergfeier 1840 wird Leipzig Sitz des ersten deutschen Literaturvereins.

1843

Johann Jakob Weber gibt in Leipzig die "Illustrirte Zeitung" heraus, das erste reich bebilderte Periodikum in Deutschland.

1853

Gründung der Buchhändler-Lehranstalt. Untergebracht ist sie im Gebäude der Buchhändlerbörse.

Im Verlag von Ernst Keil erscheint "Die Gartenlaube". Die erste populäre Sonntagszeitung in Deutschland liefert Lese-Stoff zur Entspannung. Wegen für damalige Zeiten kritischen Analysen ist das Blatt den Behörden oft ein Dorn im Auge. Auflagen von mehr als 400.000 Stück werden von keinem anderen Periodikum auch nur annähernd erreicht.

1867

Anton Philipp Reclam eröffnet in Leipzig mit Goethes "Faust" seine Universal-Bibliothek. Er nutzt dabei die eben erst frei gewordenen Urheberrechte deutscher Klassiker.

Gründung der Buchdrucker-Lehranstalt. 1873 wird sie während eines Druckerstreiks von den Druckerei-Besitzern wieder geschlossen. Die Lehrlinge werden als Streikbrecher eingesetzt. Erst 1886 wird sie Technikum für Buchdrucker. An dessen Tradition knüpft heute in Leipzig die Gutenbergschule und die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur an.

1870

Die Zahl der ansässigen Kommissionäre und vor allem der von ihnen vertretenen Verlage, der Kommittenten, wächst. In Leipzig werden für 3440 Verlage Bücher ausgeliefert. Das sind mehr als sechs Mal so viel wie im nächstgrößeren Buchhandelsort Stuttgart.

1880

In Leipzig existieren 350 Buch-, Kunst- und Musikalienhandlungen, außerdem 82 Druckereien, 72 lithografische Anstalten und 200 Buchbindereien

1884

Gründung des "Centralvereins für das gesammte Buchgewerbe" (ab 1899 Deutscher Buchgewerbeverein) und des Deutschen Buch- und Schriftmuseums. Es ist Deutschlands erstes Buchmuseum und eins der ältesten der Welt.

1888

Einweihung des Deutschen Buchhändlerhauses im Grafischen Viertel. Das prächtige, im Neorenaissance-Stil errichtete Gebäude wird neuer Sitz des Börsenvereins der deutschen Buchhändler zu Leipzig, der Zentrale des deutschen Buchhandels. 1899-1900 wird im gleichen Stil das Deutsche Buchgewerbehaus gebaut. Es beherbergt Sammlungen zur Geschichte der Typografie, und der übrigen grafischen Gewerbe und Künste, d.h. kostbare Drucke, eine Maschinen-Ausstellung sowie Denkmale für Gutenberg, für Alois Senefelder, den Erfinder der Lithografie und Friedrich König, der die Schnellpresse entwickelte.

1890

An der "Königlichen Kunstakademie und Kunstgewerbeschule", ab 1918 "Staatliche Akademie für Graphische Künste und Buchgewerbe", werden Werkstätten für Holzschnitt, Lithografie und Radierung eingerichtet, 1893 auch für Fotografie. Berühmte Pädagogen sind der Typograf Walter Tiemann (zu seinen Meisterschülern gehört Jan Tschichold), aber auch der Buchkünstler Hugo Steiner-Prag. Sie haben großen Anteil daran, dass um die Jahrhundertwende neben Berlin und München auch Leipzig zu den Zentren der Buchkunst-Bewegung gehört. Dafür steht nicht zuletzt Anton Kippenbergs Insel-Verlag, der ab 1900 in Leipzig tätig ist.

1894

Die Deutsche Zentralbücherei für Blinde wird als erste öffentliche Blindenleihbücherei Deutschlands gegründet.

1900

Das Adressbuch der Stadt Leipzig verzeichnet rund 1.500 Firmen des Buchhandels und des Buchgewerbes, darunter 848 Verlage und Buchhandlungen, 113 Musikalienhandlungen, 44 Antiquariate, 201 Buchbindereien und 189 Druckereien. 95 Prozent von ihnen hatten ihren Sitz im Grafischen Viertel.

Über dieses Thema berichtet MDR KULTUR auch im ...Radio | 24.03.2017 | 12:40 Uhr