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Buchstadt-Chronik: 2006-2017Lesekompass, Verlagsumzüge, Hochschuljubiläum

20. März 2017, 17:20 Uhr

2006

Der US-amerikanische Internet-Versandhandel Amazon, nach eigenen Angaben mit der weltweit größten Auswahl an Büchern, CDs und Videos, nimmt im August in Leipzig sein zweites deutsches Logistikzentrum in Betrieb. Die neue Niederlassung besitzt eine Fläche von über 75.000 Quadratmetern.

Am 29. Juni tritt das neue "Gesetz über die Deutsche Nationalbibliothek" in Kraft. Das Gesetz benennt die Bibliothek mit ihren Häusern in Leipzig, Frankfurt am Main und Berlin um. Aus der Deutschen Bücherei Leipzig wird der Leipziger Standort der Deutschen Nationalbibliothek.

2007

Die Leipziger Buchmesse feiert ein kleines Jubiläum: Seit zehn Jahren findet sie auf dem neuen Messegelände statt. 1998 zog die Messe von der Innenstadt in die Glashalle am nördlichen Stadtrand. Der Umzug vor die Tore der Stadt war anfangs umstritten. Skeptiker fürchteten durch das Wegfallen des bisherigen Zusammenkommens von Messe, Lesefest und Alltagsleben in der Innenstadt einen Bedeutungsverlust des Standorts. Bereits die erste Messe auf dem neuen Areal war aber erfolgreich. Sie verzeichnete einen neuen Rekord von damals 47.000 Besuchern.

Kulturstaatsminister Bernd Neumann legt am 4. Dezember den Grundstein für den vierten Erweiterungsbau der Deutschen Nationalbibliothek. Im Zuge der Bauarbeiten für 60 Millionen Euro entstehen Magazine für die Bestände der Nationalbibliothek, das Buch- und Schriftmuseum und das Musikarchiv sowie ein Lesesaal und Ausstellungsflächen für das Deutsche Buch- und Schriftmuseum. 136 Kilometer Regalböden finden im Neubau Platz, um der Flut von täglich 24 Regalmetern an derzeit 1200 neuen Büchern, Zeitschriften, Schallplatten und CDs Herr zu werden.

2008

Nach über 200 Jahren schließt der Brockhaus Verlag seinen Standort in Leipzig. Mit der Schließung verlieren auch 60 Mitarbeiter ihre Arbeit. Hintergrund ist der Verkauf des Lexikongeschäfts an den Medienkonzern Bertelsmann. Der Verlag hatte vergeblich versucht, die Brockhaus-Enzyklopädie ins digitale Zeitalter zu retten. Fortan konzentriert er sich auf die Marke Duden.

2009

Das Deutsche Buch- und Schriftmuseum begeht seinen 125. Geburtstag mit einer öffentlichen Festveranstaltung. Das Museum sammelt, erschließt und präsentiert wertvolle Zeugnisse der Buch-, Schrift- und Papierkultur. Das weltweit älteste Fachmuseum seiner Art wurde 1884 in Leipzig gegründet.

2010

Der Verlag Faber & Faber feiert sein 20-jähriges Bestehen. Der 1990 von Elmar Faber und seinem Sohn Michael in Berlin gegründete Verlag zog 1995 nach Leipzig. Faber & Faber gibt Kunstbücher, Originalgrafiken sowie belletristische Werke in bibliophiler Austattung heraus. Zu den bekanntesten Veröffentlichungen des Verlags gehört die "DDR-Bibliothek".

Der renommierte Inselverlag gibt seine Niederlassung in Leipzig auf. Der bedeutende Literaturverlag wurde 1901 in Leipzig gegründet und ging aus der Literatur- und Kunstzeitschrift "Die Insel" hervor. Seinen Sitz hat er seit 2010 in Berlin. Bekannt ist der Verlag durch die seit 1912 herausgegebene Buchreihe "Insel Bücherei" mit über 1600 anspruchsvoll gestalteten literarischen und künstlerischen Titeln.

Die Leipziger Buchmesse etabliert Noten- und Musikliteratur als neuen Schwerpunkt. Damit soll die langjährige Tradition Leipzigs als Musikverlagsstadt unterstrichen werden. In einem eigenen Ausstellungsbereich auf rund 300 Quadratmetern präsentieren sich rund 20 Musikverlage wie Edition Peters, Schott Music und Breitkopf & Härtel.

Das deutsche Buch- und Schriftmuseum zieht in die neuen Räume des vierten Erweiterungsbaus der Deutschen Nationalbibliothek.

Das Deutsche Musikarchiv wird im Dezember in der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig untergebracht. Seit seiner Gründung 1970 war es in Westberlin ansässig. Das Archiv sammelt zentral Musikalien und Tonträger und arbeitet für ganz Deutschland als Informationszentrum. Schwerpunkt sind Tonträger ab 1970 und Musikalien ab 1973.

Nach sieben Jahren Pause wird im Oktober der Leipziger "Literarische Herbst" wiederbelebt. Das Lesefestival findet zum 14. Mal statt. Über 70 Autoren, darunter Jonathan Franzen (USA) , Claudia Piñeiro (Argentinien) und Habib Selmi (Tunesien), nehmen am Revival teil.

Rekordbeteiligung beim MDR-Literaturwettbewerb: Erstmals treffen über 2.000 Einsendungen ein. Gewinnertext wird die Kurzgeschichte "Lose Spekulationen über Erotik im Kino" von Leif Randt. Der Wettbewerb startete 1996 mit 228 eingesandten Kurzgeschichten und wird seitdem jährlich veranstaltet. 2010 fand er zum 15. Mal statt.

2011

Das parallel zur Buchmesse stattfindende Lesefest "Leipzig liest" feiert seinen 20. Geburtstag. 1.500 Autoren lesen auf 2.000 Veranstaltungen an über 300 Plätzen in Leipzig. Erstmals entfällt aufgrund von Sparzwängen die ARD-Radionacht der Hörbücher.

Das Zentrum für Bucherhaltung zieht im Juli in den Nordosten Leipzigs. Auf 1.400 Quadratmetern steht im neuen Restaurierungszentrum modernste Technologie zur Bestandserhaltung von Papier und Forschungs- und Entwicklungsarbeit bereit. Auch die Produktionsanlagen für das neue "ZFB:2-Verfahren" zur Entsäuerung von Papier können bis Jahresende fertiggestellt werden. Das Zentrum für Bucherhaltung ist Branchenführer bei der Bestandserhaltung für Bibliotheken, Archive und Museen.

Der vierte Erweiterungsbau der Deutschen Nationalbibliothek wird am 9. Mai in Anwesenheit von Kulturstaatsminister Bernd Neumann eröffnet. Eingeweiht wird auch der neue Lesesaal für das Deutsche Musikarchiv mit 20 Plätzen. Grund für die unkonventionelle Unterbringung des Saals in einem Innenhof des historischen Gebäudes ist die späte Entscheidung über den Umzug des Musikarchivs nach Leipzig. Die Architektin Gabriele Glöckler erhält den Architekturpreis der Stadt Leipzig.

2012

Pünktlich zur Buchmesse eröffnet im März die neue Dauerausstellung zur Mediengeschichte im Deutschen Buch- und Schriftmuseum. Auf knapp 900 Quadratmetern erzählt die Ausstellung die Mediengeschichte der Menschheit ausgehend von der Entstehung der Schrift, über den Buchdruck mit beweglichen Lettern bis zur digitalen Netzwelt.

Mit mehreren öffentlichen Festveranstaltungen feiert die Deutsche Nationalbibliothek im Dezember ihr 100-jähriges Bestehen.

Stiftung Lesen und Leipziger Buchmesse vergeben erstmals ihren "Leipziger Lesekompass für Kinder- und Jugendliteratur". Junge Leser sollen damit für das Medium Buch begeistert werden, Eltern und Pädagogen durch das Qualitätssiegel Orientierung in der Flut der Neuerscheinungen erhalten.

2013

Auf MDR.DE geht ein "Bookomat" online, mit dem sich Nutzer gezielt Veranstaltungen von "Leipzig liest" je nach Interessenlage, sortiert nach Genres, suchen lassen können.

2014

Die Schweiz als Gastland der Leipziger Buchmesse spendiert 40 rote Bänke, die überall in der Stadt aufgestellt werden, um so neue Leseorte zu kreieren. Schweizer Autoren veranstalten erstmals im Rahmen der Leipziger Buchmesse "Wohnzimmerlesungen" in privaten Wohnungen.

Der Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung geht an den indischen Publizisten Pankaj Mishra und damit zum ersten Mal an einen nicht-europäischen Autor.

Der Preis der Leipziger Buchmesse, der 2005 etabliert wurde, wird 2014 zum zehnten Mal vergeben. Er ist mit insgesamt 45.000 Euro dotiert und wird zu gleichen Teilen in den Kategorien Belletristik, Sachbuch/Essayistik und Übersetzung verliehen. Der Freistaat Sachsen und die Stadt Leipzig unterstützen den Preis der Leipziger Buchmesse. Parallel zur offiziellen Eröffnung der Leipziger Buchmesse am Abend des 12. März im Gewandhaus präsentieren sich die nominierten Belletristik-Autoren Katja Petrowskaja, Fabian Hischmann, Per Leo, Martin Mosebach und Saša Stanišić zu einer gemeinsamen Lesung im Hôtel de Pologne , einem der schönsten neobarocken Festsäle der Stadt.

Premiere hat die Manga-Comic-Convention im Verbund mit der Leipziger Buchmesse. 89.000 meist jugendliche Besucher werden dort gezählt.

Die Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst begeht ihr 250-jähriges Bestehen. 1764 als "Zeichnungs-, Mahlerey- und Architecturakademie" gegründet, unterhielt sie ab 1872 enge Verbindungen mit dem Buchgewerbe. 1875 wurden Werkstätten für Kupferstich, Lithografie und Holzschnitt eingerichtet. Ab 1901 konzentrierten sich die Lehrinhalte an der "Königlichen Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe" auf das Buch in höchster gestalterischer und verarbeitungstechnischer Qualität. 1909 wurde dort der “Verein Deutscher Buchgewerbekünstler" gegründet. Von ihm gingen entscheidende Impulse für die erste Internationale Buch- und Grafikausstellung (BUGRA) 1914, für die Internationale Buchkunst Ausstellung (IBA) 1927 und für den Wettbewerb schönster Bücher Deutschlands ab 1929 aus. 1955 besteht an der Hochschule ein Institut für Buchgestaltung.

Der traditionsreiche Musikverlag Edition Peters nimmt seinen Stammsitz wieder in Leipzig. 1950 war er infolge der Verstaatlichung des Verlages in der DDR nach Frankfurt/Main verlegt worden. Edition Peters gehörte bis 1990 zu den 32 deutsch-deutschen Parallelverlagen (wie u. a. Breitkopf & Härtel, Hofmeister, Reclam, Insel, Brockhaus, Teubner, Thieme, Hirzel, Paul List, Gustav Fischer, Hermann Haack und Bibliographisches Institut). Für die Rückkehr der Edition Peters nach Leipzig sprachen außer wirtschaftlichen Erwägungen auch das engmaschige musikalische Netzwerk in der Stadt sowie die Nähe zu Einrichtungen wie Bach-Archiv oder Gewandhausorchester.

Der Musikverlag Breitkopf & Härtel gibt den Standort Leipzig auf. Das Archiv mit 1.200 Musikalien, Druckvorlagen und Autographen bleibt als Bestandteil des Sächsischen Staatsarchivs in der Stadt.

2015

Buchmesse-Gastland ist Israel. 50 Jahre zuvor hatten Bundesrepublik Deutschland und Israel diplomatische Beziehungen aufgenommen. Neu auf der Messe ist das Forum "Die Unabhängigen". Das Gemeinschaftsprojekt mit der Kurt Wolff Stiftung gibt unabhängigen Verlagen und ihren Autoren eine Bühne. Mit "Regentonnenvariationen" von Jan Wagner wird in der Kategorie Belletristik erstmals ein Lyrikband mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet.

Peter Hinke von der 1990 gegründeten Connewitzer Verlagsbuchhandlung in Leipzig wird mit dem Förderpreis der Kurt Wolff Stiftung ausgezeichnet.

2016

Die Leipziger Buchmesse vermeldet mit 195.000 Besuchern einen neuen Rekord. Dagegen ist die Ausstellerzahl leicht rückläufig. Erstmals steht kein Gastland im Mittelpunkt. Stattdessen befasst sich ein thematischer Schwerpunkt mit der Zuwanderung und der Zukunft Europas.

Nach der 20. Auflage des MDR-Literaturwettbewerbes um die beste deutschsprachige Kurzgeschichte endet diese Tradition. Man wolle den Wettbewerb überdenken und das Verfahren überarbeiten, so die Begründung des Senders.

2017

Gastland der Leipziger Buchmesse ist in diesem Jahr Litauen. Für 2018 ist Rumänien avisiert.

Kurz vor der Buchmesse meldete Anfang März die Verlagsgruppe Seemann Henschel Insovlvenz an. Zu ihr gehören Deutschlands ältester Kunstbuchverlag E.A. Seemann und die Verlage Henschel, Edition Leipzig sowie Koehler & Amelang. Als Grund wurden hohe Rückzahlungsforderungen der Verwertungsgesellschaften VG Wort und VG Bild/Kunst genannt. Die Verlagsgruppe will den Geschäftsbetrieb im Rahmen des laufenden Verfahrens fortführen und plant eine Sanierung des Unternehmens.

Über dieses Thema berichtet MDR KULTUR auch im ...Radio | 24.03.2017 | 12:40 Uhr