Auszeichnung Preis der Leipziger Buchmesse 2023 für Dinçer Güçyeter
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Am ersten Besuchertag der Leipziger Buchmesse ist die mit Spannung erwartete Entscheidung über den Preis der Leipziger Buchmesse 2023 gefallen: Dinçer Güçyeter ist der Sieger in der Kategorie "Belletristik". Er wurde für seinen Roman "Unser Deutschlandmärchen" ausgezeichnet. Vergeben wurde der Preis außerdem in den Kategorien "Sachbuch" und "Übersetzung".

Der Preis der Leipziger Buchmesse 2023 in der Kategorie "Belletristik" geht an den Schriftsteller Dinçer Güçyeter. Das verkündete am Donnerstag die Jury bei der Festveranstaltung in der großen Glashalle der Leipziger Buchmesse. Die mit 15.000 Euro dotierte Auszeichnung in der Kategorie Belletristik erhält der Lyriker und Verleger für seinen Debüt-Roman "Unser Deutschlandmärchen", der im Verlag mikrotext erschienen ist. Für die Auszeichnung waren auch Autor*innen wie Clemens J. Setz und Ulrike Draesner nominiert.
Güçyeter schreibt in dem Roman von den Schmerzen, Entbehrungen, Einsamkeiten und Sehnsüchten seiner Eltern, die Ende der 60er-Jahre aus der Westtürkei nach Deutschland kamen. In ihrer Laudatio erklärte Jury-Mitglied Cornelia Geißler, dass es sich um ein Buch mit großer politischer Bedeutung handele. Mit eigener Sprache und lyrischer Innovation erzähle Güçyeter die Geschichte seiner Familie stellvertretend für viele sogenannte Gastarbeiter, die Rassismus und unmenschliche Arbeitsbedingungen erleben mussten. "Dinçer Güçyeter schenkt uns einen mehrstimmigen Roman, dessen poetischer Chor uns noch lange nachklingen wird", so Geißler.
Der 1979 in Nettetal geborene Autor bedankte sich in einer emotionalen Rede vor allem bei seiner Frau, die er extra dafür auf die Bühne holte. Kurz darauf holte er die vier anderen Nominierten auf die Bühne und sagte unter dem Applaus der Glashalle: "Das ist unser Preis, lasst ihn uns zusammen feiern."
Regina Scheer für außergewöhnliche Biografie gekürt
In der Kategorie "Sachbuch/Essayistik" wurde die Autorin Regina Scheer für die Biografie "Bittere Brunnen: Hertha Gordon-Walcher und der Traum von der Revolution" ausgezeichnet. Darin blickt sie auf das Leben der jüdischen Kommunistin, die in den 1920er-Jahren Sekretärin der Politikerin und Frauenrechtlerin Clara Zetkin war. In ihrer Laudatio hob Jury-Mitglied Anne-Dore Krohn hervor, die Autorin verwebe meisterlich und transparent historische Recherchen und persönliche Erinnerungen aus jahrelangen Gesprächen mit Gordon-Walcher.
Mit ihrem Buch stelle die Autorin eine außergewöhnliche Frau, die immer in der zweiten Reihe stand, in die erste Reihe.
"Bittere Brunnen" gehe über eine gewöhnliche Biografie hinaus – es handele sich um ein "Gedächtnisbuch", welches für große Offenheit stehe und gleichzeitig eine genau Dokumentation politischer Zusammenhänge sei.
Übersetzerin Johanna Schwering ausgezeichnet
In der Kategorie "Übersetzung" setzte sich Johanna Schwering durch. Sie hat den Coming-of-Age-Roman "Die Cousinen" von Aurora Venturini aus dem argentinischen Spanisch ins Deutsche übertragen. Das Buch erzählt das Leben einer Teenagerin in den 40er-Jahren, die einen Missbrauch erfährt.
"Dieser harte, dabei niemals zynische Roman braucht die kongeniale Übersetzung, weil er die Aufklärung in der sprachlichen Entwicklung der Erzählerin bis in die Kommasetzung hinein konkret vorführt", so die Jury-Mitglied Shirin Sojitrawalla. Sie lobte in ihrer Laudatio, dass Schwering einen außergewöhnlichen Roman "in ein sagenhaftes Deutsch gebracht" habe. "So eine Ich-Erzählerin hat die Welt noch nicht gehört." Es handele sich um eine mutige Übersetzung.
Über den Preis der Leipziger Buchmesse
Der Preis der Leipziger Buchmesse ist mit insgesamt 60.000 Euro dotiert. Insgesamt wurden 465 Titel eingereicht, 15 wurden nominiert. Die Auszeichnung, die herausragende deutschsprachige Neuerscheinungen und Übersetzungen in den Kategorien Belletristik, Sachbuch/Essayistik und Übersetzung ehrt, wird seit 2005 von einer siebenköpfigen Jury vergeben.
Erstmals seit drei Jahren wurde der Preis nun wieder auf der Messe statt digital verliehen. In den Jahren 2020 und 2021 war die Leipziger Buchmesse wegen der Pandemie ausgefallen, im vergangenen Jahr wurde sie wegen Absagen vieler Aussteller kurzfristig gestrichen.
Zu den Preisträgerinnen und Preisträgern des letzten Jahres zählen Tomer Gardi (Belletristik), Anne Weber (Sachbuch/Essayistik) und Uljana Wolf (Übersetzung). Sie folgen auf namhafte Schriftstellerinnen und Schriftsteller wie Ingo Schulze, Clemens Meyer, Saša Stanišić, Natascha Wodin und Anke Stelling, die bereits in den Vorjahren mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet worden sind.
Quelle: Livestream Buchmesse on air, kna, dpa, afp / Redaktionelle Bearbeitung: Valentina Prljic
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | Kultur Kompakt | 27. April 2023 | 17:30 Uhr