Auszeichnung trotz Messeabsage Lutz Seiler bekommt den Preis der Leipziger Buchmesse
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Die Leipziger Buchmesse ist aufgrund des Coronavirus abgesagt. Der zugehörige Preis wurde trotzdem vergeben, die Prämierten wurden aber lediglich benannt. Auf dem Siegertreppchen steht mit Lutz Seiler ein alter Bekannter, er hatte 2014 für seinen Roman "Kruso" schon den Deutschen Buchpreis bekommen.

Der Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik geht an Lutz Seiler für seinen Roman "Stern 111". Das gab die Jury am Donnerstag bekannt. "Dieser Roman leuchtet auf jeder Seite – und das mit menschenfreundlichem Humor," lobte Jurymitglied Wiebke Porombka den Gewinnerroman. Darin erzählt Seiler die Geschichte seines Bestsellers "Kruso" weiter und taucht ab in das Chaos der Nachwendezeit. Seiler selbst freute sich am Frühstückstisch über die Preisvergabe: "Es ist ein wunderschöner Preis und umso schöner, weil er aus meiner Lieblingsstadt Leipzig kommt."
Dieser Roman leuchtet auf jeder Seite – und das mit menschenfreundlichem Humor.
Für Seiler ist es bereits die zweite große Auszeichnung. Für "Kruso" hatte er 2014 den Deutschen Buchpreis bekommen, der traditionell auf der Frankfurter Buchmesse verliehen wird.
Bettina Hitzer hat das beste Sachbuch geschrieben
Den Preis für das beste Sachbuch bekam Bettina Hitzer für "Krebs fühlen. Eine Emotionsgeschichte des 20. Jahrhunderts". In der Jurybegründung wird der emotionale Zugang der Autorin herausgehoben: "(Es) entsteht so ein Panorama, das über einfache Fallgeschichten und Ratgeber von Krebs weit hinausreicht. Mit ihrem emotionsgeschichtlichen Zugriff vertritt Bettina Hitzer einen fruchtbaren neuen Ansatz der Geschichtswissenschaft."
Pieke Biermann ist mit "Oreo" beste Übersetzerin
In der Kategorie Übersetzung wurde Pieke Biermann für die Übersetzung des Buchs "Oreo" von Fran Ross ausgezeichnet. Mit seiner außergewöhnlichen Sprache war dieses Buch nicht leicht zu übersetzen. Das erkannte Biermann direkt: "Meine ersten Gedanken waren: Es ist saukomisch, es ist irre klug und es ist sehr schwer zu übersetzen." Das erkennt auch die Jury in ihrer Begründung an: "Jiddische Ausdrücke, Gossenslang und akademisches Highbrow-Palaver stellen die Übersetzung vor enorme Herausforderungen. Pieke Biermann hat sie bravourös gelöst."
Ein guter Jahrgang
Der Juryvorsitzende Jens Bisky sprach von einem guten Jahrgang, bei dem die Jury schon Schwierigkeiten hatte, sich auf die 15 Nominierten zu beschränken. Im Gespräch mit MDR KULTUR betonte er, dass die Entscheidung für die drei Preisträger in diesem Jahr daher schwer war. Auffällig war, dass bei den belletristischen Büchern des Jahrganges die Beziehungen zwischen Eltern und Kindern häufig eine Rolle spielt, ob bei Ingo Schulze, Verena Güntner oder auch im Siegertitel "Stern 111" von Lutz Seiler.
Es hätte jeder, in jeder Kategorie von den Titeln, auch einen Preis verdient!
Bisky fühle angesichts der Absage der Buchmesse eine "leichte Melancholie", er hätte gerne die Rede beispielsweise von László F. Földényi bei seiner Auszeichnung mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung gehört. Doch er erkenne auch, dass das unvernünftig gewesen wäre und die Absage eine richtige Entscheidung. Sobald die Entwicklung der Corona-Pandemie es zulässt, soll es aber, so Bisky, in Leipzig noch einer Feier für die Preisträger geben.
Der Preis der Leipziger Buchmesse
Eigentlich wäre die Auszeichnung zum Eröffnungstag der Leipziger Buchmesse verliehen worden. Nach der Messeabsage wegen des Coronavirus wurden die Prämierten heute nur benannt. Preisträgerin Hitzer beschrieb es nach der Bekanntgabe des Preises als skurriles Gefühl, mit der Freude allein zu sein. Die Vergabe der Preise soll laut Leipziger Buchmesse nun zu einem späteren Zeitpunkt in einem angemessenen Rahmen stattfinden.
Der Preis der Leipziger Buchmesse gehört zu den wichtigsten Literaturpreisen in Deutschland und ist mit insgesamt 60.000 Euro dotiert. Im vergangenen Jahr hatte Anke Stelling die Auszeichnung in der Kategorie Belletristik für ihr Buch "Schäfchen im Trockenen" erhalten.
Am Abend wird es im Radioprogramm von MDR KULTUR von 17 bis 18 Uhr eine Spezialsendung über und mit den Preisträgern geben. Auch im MDR KULTUR Fernsehmagazin "artour" wird der Preis der Leipziger Buchmesse diskutiert.
Jahr | Prämierte | Titel |
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2019 | Harald Jähner | "Wolfszeit" |
2018 | Karl Schlögel | "Das sowjetische Jahrhundert. Archäologie einer untergegangenen Welt" |
2017 | Barbara Stollberg-Rilinger | "Maria Theresia. Die Kaiserin in ihrer Zeit" |
2016 | Jürgen Goldstein | "Georg Forster. Zwischen Freiheit und Naturgewalt" |
2015 | Philipp Ther | "Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent. Eine Geschichte des neoliberalen Europa" |
2014 | Helmut Lethen | "Der Schatten des Fotografen" |
2013 | Helmut Böttiger | "Die Gruppe 47. Als die deutsche Literatur Geschichte schrieb" |
2012 | Jörg Baberowski | "Verbrannte Erde. Stalins Herrschaft der Gewalt" |
2011 | Henning Ritter | "Notizhefte" |
2010 | Ulrich Raulff | "Kreis ohne Meister. Stefan Georges Nachleben. Eine abgründige Geschichte" |
Jahr | Prämierte | Übersetzter Titel |
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2019 | Eva Ruth Wemme | "Verlorener Morgen" |
2018 | Sabine Stöhr und Juri Durkot | "Internat" (von Serhij Zhadam) aus dem Ukrainischen |
2017 | Eva Lüdi Kong | "Ungewisser Verfasser. Die Reise in den Westen" aus dem Chinesischen |
2016 | Brigitte Döbert | "Die Tutoren" (von Bora Ćosić) aus dem Serbischen |
2015 | Mirjam Pressler | "Judas" (von Amos Oz) aus dem Hebräischen |
2014 | Robin Detje | "Europe Central" (von William T. Vollmann) aus dem Amerikanischen |
2013 | Eva Hesse | "Die Cantos" (von Ezra Pound) aus dem Amerikanischen |
2012 | Christina Viragh | "Parallelgeschichten" (von Péter Nádas) aus dem Ungarischen |
2011 | Barbara Conrad | "Krieg und Frieden" (von Lew Tolstoi) aus dem Russischen |
2010 | Ulrich Blumenbach | "Unendlicher Spaß" (von David Foster Wallace) aus dem Amerikanischen |
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 12. März 2020 | 10:30 Uhr