Entscheidung in Berlin Chemnitz soll Kulturhauptstadt 2025 werden
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Nach dem Votum der Auswahljury muss noch die Kulturministerkonferenz zusammen mit Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) die ausgewählte Stadt offiziell zur deutschen "Kulturhauptstadt Europas 2025" ernennen. Die Titelvergabe soll bis Ende des Jahres erfolgen.
All die Leute und Orte sichtbar machen, die man nicht sieht, und damit auch ein Chemnitz, das in Europa - noch - keiner auf dem Schirm hat.
Man möchte mit kulturellen Mitteln Gräben überwinden, so das Bewerbungsteam Chemnitz. Die Stadt war vor zwei Jahren tagelang im Ausnahmezustand gewesen, nachdem Daniel H. am Rande des Stadtfests von einem Asylbewerber erstochen worden war. Es folgten Demonstrationen, bei denen auch der Hitlergruß gezeigt wurde. Die Ereignisse des Sommers 2018 wurden genau wie brachliegende Flächen und leerstehende Häuser zunächst als Schwäche in der Bewerbung der drittgrößten Stadt in Sachsen betrachtet. Ob Wende, Strukturwandel oder jetzt die Corona-Pandemie: Mit Macher-Mentalität will Chemnitz aktiv werden.
Reaktionen auf die Ernennung zur Kulturhauptstadt
"Wir sind einfach glücklich und überwältigt", sagte die Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD):
Es wird der Stadt so gut tun. Das ist einfach ein ganz großartiges Gefühl.
Mit Blick auf die rechtsextremen Ausscheitungen in Chemnitz vor rund zwei Jahren sagte Ludwig, diese hätten die Stadt in einer Art und Weise an ihre Grenzen gebracht, "die uns zum Teil auch sehr weh getan hat". Daraus sei eine Jetzt-erst-recht-Reaktion erwachsen. Man habe zeigen wollen, "dass wir so viel mehr sind als die Bilder, die 2018 um die Welt gegangen sind", sagte Ludwig.
Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig bezeichnete die Ernennung von Chemnitz zur Europäischen Kulturhauptstadt 2025 als verdiente Entscheidung:
Ich freue mich auf die facettenreichen Projekte, die in den kommenden Jahren mit Leben gefüllt und viele unterschiedliche Menschen in Europa verbinden werden.
Michael Kretschmer, Ministerpräsident von Sachsen, sagte auf Facebook, in Chemnitz habe man zusammengehalten: "Was für eine Arbeit, was für Engagement, wie viel Kreativität, wie viele kluge Ideen waren dafür notwendig." Chemnitz stehe dafür, "wie wichtig es ist, die Gefahr von Spaltungen zu überwinden und aktiv für unsere europäischen Werte und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt einzutreten.":
Rainer Robra, Staats- und Kulturminister von Sachsen-Anhalt gratulierte Chemnitz. Aber auch Magdeburg habe sich hervorragend präsentiert, sagte er:
Auch wenn die Jury Magdeburg nicht ausgewählt hat, hat der langjährige Bewerbungsprozess bewiesen, mit wieviel Kreativität und Engagement die Menschen in Magdeburg und im Osten Deutschlands sich immer wieder neu erfinden und ihr Leben tatkräftig gestalten.
Jahrelanges Bewerbungsverfahren
In den Bewerberstädten wurden jahrelang Ideen gewälzt, Programme aufgestellt und dicke Bewerbungen geschrieben. Die Kandidaten wurden aufgrund umfangreicher Bewerbungsbücher bewertet. Außerdem gab es zuletzt Stadtbesuche, wegen der Corona-Pandemie allerdings ausschließlich digital.
Förderung der kulturellen Vielfalt Europas
Wer den Titel holt, kann zugleich auf ein großes Konjunkturprogramm für Stadt und Region hoffen. Das Kulturhauptstädteprogramm ist eine EU-Initiative, mit der die Verbundenheit zur gemeinsamen europäischen Kultur gefördert und die Vielfalt Europas verdeutlicht werden soll. Pro Jahr gibt es zwei Kulturhauptstädte aus zwei Mitgliedsstaaten. Welche Länder in welchem Jahr gemeinsam eine Kulturhauptstadt benennen, wird lange vorab festgelegt. 2025 sind dies Slowenien und Deutschland.
Deutsche Kommunen wurden bisher drei Mal mit dem Titel versehen. Das waren 1988 West-Berlin, die thüringische Klassikerstadt Weimar im Jahre 1999 sowie Essen und das Ruhrgebiet im Jahre 2010.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 28. Oktober 2020 | 13:30 Uhr