Ausstellung in Dresden Christa Petroff-Bohne – Design, das zum Diebstahl verführte
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Die Designerin Christa Petroff-Bohne ist die wohl wichtigste und wirkmächtigste Gestalterin der 1950er- und 60er-Jahre. Ihr widmet das Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden seine diesjährige Saisonausstellung: "Schönheit der Form. Die Designerin Christa Petroff-Bohne".
Auch wem der Name Christa Petroff-Bohne nicht geläufig ist, vor dem großen Tisch im Wasserpalais mit den von ihr entworfene Produkten ist der Wiedererkennungseffekt gewiss groß: bei den sachlich-eleganten Edelstahlkännchen mit dem Klappdeckel , den Servierschalen, die in den besseren Hotels gereicht wurden, den schlichten Vasen, den Bestecken, auch die Urform des Handrühr- und Mixgerätes RG 5 stammt von ihr.
Studium in Dresden und Berlin
Petroff-Bohne hat Generationen von DDR-Formgestalteneden ausgebildet und geprägt. Begonnen aber hatte die 1934 in Colditz im Muldental geborene Künstlerin sehr bodenständig und praktisch als Malerin im Steingutwerk Colditz. Einen Büroberuf, wie von den Eltern empfohlen, wollte sie auf keinen Fall ausüben, sondern etwas mit Zeichnen und Gestalten.
Im Studium an der Dresdner Kunsthochschule war sie eine der Jüngsten. Als hier 1953 die Formgestaltung ganz der Malerei weichen musste, setzte sie ihr Studium der Keramik und Formgebung an der Hochschule in Berlin-Weißensee fort, an die sie später als Lehrende zurückkehrte. Dazwischen liegen Jahre als Industrieformgestalterin in vielen Sparten und für viele Auftraggeber. Allein zwischen 1956 und 1959 waren es über 80 Produkte, die sie gestaltete und die in hohen Stückzahlen produziert wurden.
Mein Ziel war es nicht, Luxusgegenstände zu machen und einzelne Gruppen oder einzelne Menschen damit glücklich zu machen, die auch zahlungsfähig sind. Ich wollte ein Design machen, was vielen Menschen zugutekommt.
Design für die Menschen
Im VEB Auer Besteck- und Silberwarenwerke modernisierte die erst 24-jährige die Gestaltung von Bestecken, die bis dato nach Stilvorlagen aus dem 19. Jahrhundert produziert wurden. Den Messern zum Beispiel verpasste sie einfache, geschwungene Formen, sie sollten leicht und doch gut in der Hand liegen und nicht schwere Materialität vorgaukeln. Ihre Beweggründe beschreibt sie: "Das sollte nach etwas kostbarem aussehen, nach Silber, nach schwerem Metall, deshalb füllte man da Sand rein in die Hohlformen dieser Griffe. Aber das war für mich irrsinnig und das konnte doch nicht die Geisteshaltung sein für eine Generation, die den Krieg gerade überwunden hat und nichts hat."
Designverführung zum Diebstahl
Im Handel war vieles von Petroff-Bohne kaum erhältlich, weil es als zu modern gar nicht erst geordert wurde, so dass die Bewunderer ihrer Arbeit die Bestecke im Hotel Berolina nach dem Essen einfach mitgehen ließen. Auch um ihre einfachen, undekorierten Vasen und Gefäße entbrannte ein Streit, die Formalismusdebatte wirkte lange nach. Aber sie erntete auch viel Zustimmung: Der Besucher einer Ausstellung vermerkte im Gästebuch: Endlich mal Blumen drin statt Blumen drauf!
Ich habe ja auch Dekore gemacht, sehr zurückhaltend, wollte nie durch Dekor die Form stören, die Form war für mich immer etwas Wesentliches. Und die muss funktional stimmen – für die Menschen brauchbar sein.
Woher ihre Vorbilder kamen, das zeigt die Ausstellung auch: aus der Kunst der Vor- und Zwischenkriegszeit, vom Werkbund, aus dem Kunsthandwerk und von Bauhäuslern wie Albert Buske. Den internationalen Vergleich müssen ihre Arbeiten nicht scheuen, bestätigt Thomas Geisler, der Direktor des Kunstgewerbemuseums: "Und das ist ja genau auch das, was die Entwürfe von Christa Petroff-Bohne auszeichnen, dass sie heute genauso Gültigkeit haben wie vor 50 oder 60 Jahren. Natürlich sind sie auch in diesem modernistischen Denken der damaligen Zeit entstanden. Sie waren damals radikal, durch diese Radikalität haben sie nichts an Ästhetik und Gefallen verloren oder an Schönheit."
Nachhaltigkeit war und ist Petroff-Bohne wichtig: Materialgerechtigkeit, Reparaturfähigkeit und Langlebigkeit! Ihre beeindruckende Vita und eine auf das Ästhetische gerichtete Arbeit an der Alltagskultur, das macht die Ausstellung "Schönheit der Form. Die Designerin Christa Petroff-Bohne". so besonders.
Über die Ausstellung
"Schönheit der Form. Die Designerin Christa Petroff-Bohne".
Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Kunstsammlungen im Pillnitzer Wasserpalais
27. Juni bis 1. November 2020
Öffnungszeiten: täglich 10 bis 18 Uhr, Montag geschlossen
Bitte beachten Sie die aktuellen Hygienevorschriften vor Ort
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 02. Juli 2020 | 07:40 Uhr