Corona-Shutdown Thüringen und Sachsen-Anhalt uneinig bei Öffnung des Kulturbetriebes
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In Sachsen-Anhalt öffnen Kultureinrichtungen ab dem 4. Mai, eine Woche nach Thüringen. Sachsen-Anhalts Kulturminister Robra kritisiert seinen Amtskollegen Hoff fürs Vorpreschen. Der wiederum rechtfertigt die Entscheidung – und fordert langfristige Hilfen. Die Debatte im Überblick.

In Sachsen-Anhalt sollen Museen und Bibliotheken ab dem 4. Mai wieder öffnen dürfen. Das hat Kulturminister Rainer Robra am Freitag bei MDR KULTUR angekündigt. "Ich will gar nicht verhehlen, dass Sachsen-Anhalt schon jetzt die Museen und Ausstellungshäuser und die Bibliotheken hätte öffnen wollen." Das sei zunächst auch in dem Beschluss der Ministerpräsidenten und Bundeskanzlerin Merkel vorgesehen gewesen.
Dann sei die Öffnung der Kultureinrichtungen aber "in einer sehr langen und kontroversen Diskussion" zu seinem Bedauern zurückgestellt worden. Ausschlaggebend sei letztlich die Sicht großer Städte wie Hamburg gewesen, deren Museen größere Besucherströme zu erwarten hätten.
Zunächst Voraussetzungen für Öffnung schaffen
Robra erklärte, die Einrichtungen sollten nun die hygienischen Voraussetzungen schaffen und sich auf die Öffnung vorbereiten. "Ich habe die Museen, Bibliotheken, Theater, Orchester im Lande schon informiert, dass sie sich auch Gedanken darüber machen müssen, welche Formate geeignet sind", so Robra.
Eine Wiedereröffnung der Karl-Lagerfeld-Ausstellung im Kunstmuseum Moritzburg in Halle etwa sei nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich: "Das wird wohl nur dann gehen, wenn ausschließlich Slots übers Internet gebucht werden können, damit wir nicht wieder die Situation haben, dass sich draußen lange Schlangen bilden", so Robra.
Robra wirft Thüringen "Strebermentalität" vor
Der CDU-Politiker kritisierte zugleich die Entscheidung der Landesregierung in Thüringen, Kultureinrichtungen schon am 27. April zu öffnen. Damit verlasse der Freistaat die gemeinsame Linie der 16 Bundesländer. Robra warf Thüringen in dem Punkt "Strebermentalität" vor. Um die Öffentlichkeit nicht noch mehr zu verwirren, sei gerade jetzt ein gemeinsames Vorgehen der Länder wichtig.
Thüringens Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff wies die Kritik zurück. Der Linken-Politiker sagte am Freitag MDR KULTUR, es gehe nicht um Strebermentalität. Zwar hätten die Ministerpräsidenten und die Bundeskanzlerin bundesweit einheitliche Maßstäbe vereinbart. Andererseits gebe es "nach dem Infektionsgeschehen regional differenziertes Vorgehen."
Das gelte für die Kultur genauso wie für den Einzelhandel. Beispielsweise lasse Thüringen Geschäfte länger geschlossen als andere Bundesländer. "Das Wichtige ist, und da bin ich mit Rainer Robra völlig einig: Der Infektionsschutz steht im Vordergrund und nicht der Wettbewerb, wer als Erster jetzt am meisten aufmacht", so Hoff.
Wir haben gelernt, dass die Kultur der Hoffnungsanker für die Menschen in dieser Krisensituation war.
Hoff stellt für Kultur langfristige strukturelle Hilfe in Aussicht
Für übernächste Woche kündigte Hoff eine Videokonferenz mit den Intendanten Thüringer Theater und Orchester an. Dabei solle es um die Vorbereitung der nächsten Spielzeit gehen – um praktische Fragen wie räumliche Bedingungen, Kurzarbeit oder Probenarbeit mit Mund-Nasen-Schutz.
Hoff stellte langfristige finanzielle Unterstützung für die Kulturszene in Aussicht. Es sei klar, dass die Kommunen wegen der bevorstehenden Rezession in eine sehr schwierige finanzielle Lage kämen. "Und eins darf nicht passieren: dass die Kultur unter die Räder kommt in dieser Rezession", so Hoff. "Wir haben gelernt, dass die Kultur der Hoffnungsanker für die Menschen in dieser Krisensituation war." Deshalb müssten die bestehenden Soforthilfen für die Kultur "in strukturelle, langfristig wirksame Hilfen überführt werden". Wichtig sei etwa, dass Tarifverträge gehalten würden.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 17. April 2020 | 08:40 Uhr