ArchitekturWie dieser Architekt Dresden in eine moderne Großstadt verwandelte
Als Dresden Anfang des 20. Jahrhunderts rasant wächst, soll Architekt und Stadtbaurat Hans Erlwein die sächsische Hauptstadt in eine moderne Großstadt umbauen. Unter seiner Leitung entstehen rund 150 neue Industrie- und Zweckbauten, wie der Erlweinspeicher, das "Italienische Dörfchen" am Theaterplatz oder das Gaswerk Reick, die das Stadtbild bis heute prägen. Vor 150 Jahren wurde der bedeutendste städtische Architekt Dresdens geboren.
Am 13. Juni 1872 wurde Hans Erlwein bei Bad Reichenhall geboren, vor 150 Jahren. Fachleuten gilt er als "der bedeutendste städtische Architekt" im Dresden des 20. Jahrhunderts. In seinen neun Jahren als Stadtbaurat habe Erlwein das neuzeitliche Stadtbild maßgeblich geprägt.
Vom Architekturstudenten zum Stadtbaurat von Dresden
Hans Erlwein ist Frühstarter. 1898, mit 26 Jahren, wird der Sohn eines Hoteldirektors aus der Nähe von Bad Reichenhall Stadtbaurat in Bamberg. In den kommenden sechs Jahren entstehen unter seiner Amtsführung rund 60 Gebäude, jeder einzelne Bauplan wird von ihm begutachtet, kritisiert, verändert, so heißt es.
Günter Kloss hält in seiner Erlwein-Monografie fest: "Durch seinen kompromisslosen Durchsetzungswillen, sein bis zur Arroganz gesteigertes Selbstbewusstsein, aber auch seine außergewöhnliche Arbeitsleistung, sein gewandtes Auftreten und diplomatisches Geschick wurde er zu einem der einflussreichsten Männer der Stadt."
Hans Erweil hat Dresden zur Großstadt umgebaut
1904 wechselt Erlwein von Bamberg nach Dresden, wo mit ihm ein neuer Abschnitt in der Stadtentwicklung beginnt. "Erlwein stand vor der Aufgabe, die sächsische Hauptstadt großstadtgerecht umzubauen und dringend benötigte Verwaltungs- und Versorgungseinrichtungen zu schaffen", schreibt der Kunsthistoriker Matthias Donath in der "Sächsischen Biografie. Erlwein versucht an der Elbe Brücken zwischen Moderne und Tradition zu bauen. Sein Credo: "Ehre das überlieferte Gute und schaffe aus ihm Neues. Was aus der Luft geboren werden soll, wird niemals gut und neu."
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So orientiert sich Erlwein an den Barocktraditionen, schreibt sie aber in seiner eigenen Architektursprache fort. Er setzt auf zweckmäßige Lösungen, moderne Verfahren und Einordnung in die jeweilige Umgebung. "Seine Bauten zeichnen sich durch eine einfache, sachliche Grundhaltung und eine freie, malerische Massengliederung aus. Ihr freundliches und behagliches Aussehen ist insbesondere auf den zielsicher eingesetzten Bauschmuck zurückzuführen", so Kunsthistoriker Matthias Donath.
Erlweinspeicher, Ostragehege, Löwenapotheke am Altmarkt
Erlwein kreiert für Dresden eine eigene Ära. Über 130 Zweckbauten entstehen in seiner Zeit, darunter das Gaswerk Reick, der Erlweinspeicher, die Neubauten der Gaststätte "Italienisches Dörfchen" und der Löwenapotheke am Altmarkt, verschiedene Schulen, Feuerwachen, Wasserwerke oder der im Ostragehege errichtete Vieh- und Schlachthof – der gelungene "Versuch, ein ganzes Stadtviertel künstlerisch durchzuorganisieren", so Donath.
Die Bautätigkeit einer Zeit charakterisiert am besten ihre Kultur.
Leitspruch von Hans Erlwein
"Erlweins Bauten fügen sich selbstbewusst in den geschichtsträchtigen Stadtraum Dresdens ein und sind selbst zu wesentlichen Bestandteilen der Dresdner Baugeschichte geworden", urteilt der Kunsthistoriker.
In Dresden mit Architektur ein Denkmal gesetzt
Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs tritt der Auto-Enthusiast Erlwein dem Sächsischen Freiwilligen Automobilkorps bei. Kurz darauf, im Oktober 1914, kommt er, gerade Anfang 40, bei einem Autounfall in Frankreich um.
Hans Erlwein habe sich – so würdigt Dresdens Oberbürgermeister Gustav Otto Beutler in seiner Trauerrede –"mit seinen städtischen Bauten ein dauerhaftes Denkmal geschaffen, das seine Bedeutung und seinen Ruhm noch jahrhundertelang verkünden wird". Tatsächlich: Der Begriff "Erlweinbau" gilt bis heute als Gütesiegel, nicht nur in Dresden.
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 13. Juni 2022 | 06:40 Uhr