Innovatives Kunststoffrecycling Start-up aus Dresden: Wie aus Plastikmüll neues Spielzeug entsteht

Dass wir ein weltweites Problem mit Plastikmüll haben, wird kaum einer bestreiten. Nicht einmal zehn Prozent davon werden recycelt. Das Dresdner Start-up HolyPoly hat allerdings Ideen, damit sich der Kunststoff-Kreislauf lohnt, und entwickelt maßgeschneiderte Recyclingprogramme. So werden zum Beispiel aus alten Babyflaschen zunächst Spielzeug und in Zukunft vielleicht auch wieder Babyflaschen.

Hände in schwarzen Gummihandschuhen sortieren Plastikfläschchen.
Mithilfe des Dresdner Start-ups Holy Poly werden Babyfläschchen zu Spielzeug. Bildrechte: HolyPoly

Das mechanische Recycling von Kunststoff hat das Start-up HolyPoly nicht erfunden, das vorweg. Doch die Dresdner Agentur nutzt diese seit den 1980er-Jahren erprobte und immer weiter entwickelte Technologie, um aus vermischtem Plastikmüll wieder sortenreine Kunststoffe zu gewinnen. Dazu liefert HolyPoly gleich noch geeignete Kunststoffrezepturen und passende Prototypen mit, die anschließend in Serie gehen. Darauf hat sich das junge Unternehmen, dessen Leidenschaft für Kunststoff sich bereits im Namen manifestiert, spezialisiert: Plastik im Wertstoffkreislauf zu halten.

Blaues Plastikgranulat wird aufeinandergeschüttet.
Aus recyceltem Plastik entsteht Neues. Bildrechte: HolyPoly

Das Rundum-Paket hat unter anderem den Spielzeuggiganten Mattel überzeugt. Seit der Gründung des Dresdner Unternehmens vor zwei Jahren gehört der Konzern zu dessen Kunden. In Deutschland kümmert sich HolyPoly um die Rücknahme von kaputtem Mattel-Spielzeug, aktuell lagern beispielsweise zwei Tonnen alte Barbies im Keller des Unternehmens und warten auf ihr Recycling. Aus den daraus gewonnen Rezyklaten, wie man recyceltes Plastik nennt, soll demnächst ein Spielplatz entstehen.

Alte Schnuller werden in Dresden zu Dinos

Ein weiteres Projekt läuft derzeit mit dem Schnuller- und Babyflaschenhersteller NUK, denn deren Produkte landen meist im Restmüll und werden daher verbrannt. "Das wollen wir ändern", sagt Jacqueline Walter von NUK. Nachhaltigkeit, so die Marketingexpertin, sei im Unternehmen schon lange Thema. Bisher bezog es sich zumeist auf die technische Seite der Produktion – mit Ökostrom, Energieeinsparungen und Abfallreduzierung – auch auf einzelne Produkte, Recycling gehörte bisher jedoch nicht dazu

Sandförmchen in Dinosaurier-Form
Babyfläschchen und Schnuller werden in Dresden zu strapazierfähigen Sandförmchen. Bildrechte: HolyPoly

Mit HolyPoly im Boot wurde eigens eine deutschlandweite Sammelaktion ins Leben gerufen, um überhaupt an den Rohstoff heranzukommen. Beteiligt sind daran bereits über 500 Kitas, die eine Pappbox in Form eines Monsters aufgestellt haben, in dessen Klappmaul Kleinkinder ihre ausgedienten Schnuller und Fläschchen selbst entsorgen können. In Dresden werden sie dann demnächst zu Dino-Sandförmchen recycelt, vorerst. Denn Ziel ist sowohl für NUK als auch für HolyPoly, dass aus dem Rezyklat wieder Fläschchen und Schnuller entstehen. Ebenso wie aus dem Barbie-Material im Idealfall wieder eine Barbie gegossen wird.

Recylcing mit Know-how aus Sachsen

Produkte für Kinder sind die Königsklasse des Recyclings, denn bei Spielzeugen und erst recht bei Schnullern, die Babys in den Mund nehmen, steht Reziklat auf der Material-Blacklist. Doch "Geht nicht, gibt’s nicht" für die inzwischen 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von HolyPoly und so wird weiter geforscht und entwickelt.

Ein Mann schaut auf eine komplexe technische Anlage
Das Know-how ist selbst beigebracht: mit Open-Source-Bauplänen und jahrelangem Learning-by-doing im Dresdner Makerspace "Konglomerat". Bildrechte: HolyPoly

Das Know-how dafür hat sich das Gründer-Team um Fridolin Pflüger in der Kunststoffschmiede, einer von vielen offenen Werkstätten des Dresdner Makerspace "Konglomerat", selbst beigebracht, mit Open-Source-Bauplänen und jahrelangem Learning-by-doing. Um letztlich wirklich etwas bewirken zu können, haben sie sich mit ihrer Idee von einem funktionierenden Plastikkreislauf 2020 als HolyPoly selbstständig gemacht, denn schließlich verfolgen sie eine Mission: Ressourcenschonung.

Porträtbild von Fridolin Pflüger: Ein Mann mit Brille und langen, braunen Haaren schaut in die Kamera.
Der Dresdner Gründer Fridolin Pflüger und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter setzen auf die Nachhaltigkeit von Kunststoff. Bildrechte: HolyPoly

Durch Fridays for Future ist das als absoluter Imperativ verstanden worden. In dem Moment haben wir gesagt: Ok, jetzt ist die Zeit, wir sind vor der Welle. In der Garage hat eigentlich alles ganz gut funktioniert, warum soll das mit German Engineering in der deutschen Industrie nicht funktionieren.

Fridolin Pflüger, Gründer und einer der Geschäftsführer von HolyPoly

Die Nachfrage an ihrer Expertise gibt den Mitstreiterinnen und Mitstreitern von HolyPoly recht, und auch wenn im Moment das Recyceln von Kunststoff noch teuer ist, als neues Material aus Erdöl herzustellen, wird sich ihre innovative Plastikveredelung, die ja noch am Anfang steht, mit Sicherheit in Zukunft auszahlen.

Redaktionelle Bearbeitung: tsa

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 23. November 2022 | 12:10 Uhr