Portrait Felix Kummer (alias Felix Brummer, Frontmann von Kraftklub) zu Gast beim MDR KULTUR Café am 14.10.2019
Felix Kummer – alias Felix Brummer, Frontmann von Kraftklub Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Interview mit Kraftklub-Sänger Warum Felix Kummer den Osten nicht erklären kann

24. Oktober 2019, 04:00 Uhr

Kraftklub-Sänger Felix Kummer (bei Kraftklub als "Felix Brummer") ist seit Kurzem solo als Rapper unterwegs - mit Erfolg: Sein Album "Kiox", für das er extra einen Kurzzeit-Plattenladen in Chemnitz eröffnete, ist direkt auf Platz 1 der Albumcharts eingestiegen, seine Tour beginnt Ende November und führt ihn unter anderem nach Dresden (Tante Ju, 4. Dezember) und Leipzig (Conne Island, 8.12.). Wegen seines politischen Engagements wird Kummer gern stellvertretend zur Lage in Ostdeutschland befragt – was ihm nicht gefällt.

Der Musiker Felix Kummer will nicht als Stellvertreter seiner Generation oder des Ostens verstanden werden. Im Interview bei MDR KULTUR sagte der Rapper und Sänger der Band Kraftklub aus Chemnitz: "Wir sind nicht Stellvertreter irgendeiner Generation". Ebenso wenig könne er helfen, Ostdeutschland zu verstehen:

Natürlich kann ich auch nicht erklären, was hier los ist. Ich bin Musiker.

Alle wollen "den Osten verstehen"

Ein paar Monate vor dem Mauerfall geboren, konstatiert der 30-Jährige: "Die Wende macht emotional wenig mit mir." Er selbst habe nie über einen Unterschied zwischen Ost und West nachgedacht – erst jetzt, als große Aufmerksamkeit für das Thema herrscht, käme das bei ihm an. Dabei finde er es befremdlich, in Interviews stellvertretend für Ostdeutsche befragt zu werden. Die Erzählungen seiner Eltern über das Leben in der DDR, klangen für ihn zwar spannend, aber wenig real. Eher nach einer Art "Spielzeug-Welt". Aus seinem persönlichen Erleben berichtet er:

Dieses Gefühl, abgehängt zu sein und auf der Verliererseite Deutschlands zu leben, das kenn ich schon.

Kummer ist in Chemnitz aufgewachsen. Dass beispielsweise alle nach dem Abitur in eine Stadt in Westdeutschland umziehen, sei eine normale Erfahrung gewesen. Auf seiner neuen Platte, einem ersten Rap-Solo-Album erzählt der Musiker im Song "9010" aus seiner Jugend in Chemnitz. "Born to be Opfer, Zeit zu kapier'n / Dass da wo wir leben, Leute wie wir eben einfach kassieren" heißt es da und "Mit dem Mund voller Blut den Krankenwagen rufen / Mit Handylicht den ausgeschlagenen Zahn auf dem Asphalt suchen". Trotzdem ist die Wahrheit komplexer. Obwohl er es erlebt habe, nachts rennen zu müssen, um keine Schläge zu kassieren, habe er eben keine düstere Kindheit und Jugend in Chemnitz gehabt.

Verständnis in Grenzen

Felix Kummer betont, dass das Gefühl des Abgehängtseins aber keine Legitimation sein kann: "Da will ich eine klare Linie ziehen. Soweit geht das Verständnis nicht. Wenn die eigene Lebensleistung nicht gewürdigt wird, das ist bestimmt schwer. Aber deswegen muss man nicht die AfD wählen."

Weiter meint der Musiker: "Chemnitz hat ein Problem mit Rechtsradikalismus. Wie viele andere Regionen auch, speziell in Ostdeutschland." Zugleich sei das Leben in Chemnitz nicht so unerträglich, wie es dargestellt wird. Eine einseitige mediale Berichterstattung werde in diesem Zusammenhang beklagt, jedoch könne man auch nicht erwarten, "dass die Übertragungswagen nach Chemnitz rollen, um mal die tolle Zivilgesellschaft zu filmen".

Erstmals ohne Kraftklub unterwegs

Mit "Kiox" hat Kummer erstmals ein eigenes Rap-Album veröffentlicht. Darauf finden sich persönliche Geschichten, über Themen wie Musik, Liebe, Klamotten oder das Älterwerden. Der Unterschied zu Kraftklub sei vor allem die Perspektive, meint Kummer. Er rappt nicht aus der Sicht von fiktiven Figuren, sondern aus seiner eigenen. Trotz allem freue er sich bereits jetzt wieder auf die Zeit nach "Kummer", wenn es mit Kraftklub weitergeht. Die gemeinsame Musik sei vor allem "viel ironischer".

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR Café | 10. November 2019 | 12:05 Uhr

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