Ausstellung in Velten Heidi Manthey - Retrospektive der Altmeisterin der ostdeutschen Keramik
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Noch nie waren so viele Werke von Heidi Manthey auf einem Fleck versammelt wie jetzt in der Retrospektive des Hedwig-Bollhagen-Museums im brandenburgischen Velten. Die 91-jährige Leipziger Künstlerin gilt als "Altmeisterin der ostdeutschen Keramik". Sehr bekannt war ihre mannshohe Fayence "Metarmorphosenbaum", die ab 1972 das Interhotel Karl-Marx-Stadt zierte. Auch sie steht nun in der Ausstellung.

In den Vitrinen wimmelt es: Von den frühen Vogelpfeifen über Gefäß-Dekore bis hin zu keramischen Glockenspielen reichen die Exponate. 150 akzentuierte Höhepunkte eines Werkes, zart, zerbrechlich, auf das Feinste komponiert. Sirenen und Nereiden, die Daphne mit Kelch und ohne, ein im Moment der Metamorphose gebannter Aktäon.
Magie und Mythologie
Das Personal der mythologischen Antike hat es Heidi Manthey angetan, und zwar speziell jenes, das in unerfüllter Leidenschaft gebannt ist und verwandelt wird. Daphne die sich dem Verlangen eines Mannes entzieht durch die Verwandlung in einen Strauch, Aktäon, der in der Liebespein zum Hirsch wird, zerfleischt von seinen eigenen Hunden. Dramatische Geschichten, Metaphern menschlicher Tragödien – bei Heidi Manthey aber finden sie einen fast lieblichen Ausdruck.
Die gruseligen und die lieblichen Sachen halten sich doch die Waage. Wenn es nur lieblich wäre, würde es mich nicht interessieren.
Altmeisterin der ostdeutschen Keramik
"Det Jute", sagt die 91-Jährige bewusst berlinernd, det Jute brauche die Würze des Bösen, um zu leuchten. Sie sagt das vor dem "Metarmorphosenbaum" und lacht. Die übermannshohe Fayence zierte ab 1972 das Interhotel Karl-Marx-Stadt und verrät viel über den Sinn für Farben, Formen und Humor. Kuratorin Nicole Seydewitz betont, wie sehr es der "Altmeisterin der ostdeutschen Keramik" selbst bei den mythologischen Arbeiten immer auf formale Aspekte angekommen sei.
Einer Form die Ehre zu erweisen, sie zu unterstreichen, zu steigern und mit der Malerei dauerhaft zu vermählen, ja ihr durch die Malerei erst ihre Berechtigung zu geben, das ist Heidi Mantheys lustvoller Sport.
Von der Burg zu Hedwig Bollhagen
Heidi Manthey wurde 1929 in Leipzig geboren, ging nach einem Malereistudium in Leipzig Anfang der 50er-Jahre an die Burg nach Halle.
Der Vater ihrer zwei Kinder verlässt sie früh, sie muss sich allein durchschlagen. Ab 1956 fährt sie regelmäßig von Halle aus zu Arbeitsaufenthalten nach Marwitz in Brandenburg, dort hat Hedwig Bollhagen ihre Werkstatt. Die Grande Dame der Keramik fördert ihre junge Kollegin. Als Mantheys Kinder groß sind, zieht sie ganz zu Bollhagen.
Mit den 70er-Jahren beginnt ihre große Zeit: Aufträge für Interhotels und andere Kunst am Bau machen sie einem großen Publikum bekannt. Leider ist gerade von der baubegleitenden Keramik vieles für immer verloren – achtlos zerstört bei Abriss oder Sanierung. Ein echtes Drama für die Kunstgeschichte, umso wertvoller ist die sehr lohnende Ausstellung und auch ihr liebevoll gestalteter Begleitkatalog.
Informationen zur Ausstellung
Heidi Manthey: Another World - Eine Retrospektive über sieben Jahrzehnte künstlerischen Schaffens
bis 30. September 2020
Hedwig-Bollhagen-Museum
Wilhelmstraße 32/33
16727 Velten
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 25. August 2020 | 16:40 Uhr