
Ausstellung "Ins Offene" | 29.06. bis 16.09.2018 Kunstmuseum Moritzburg Halle zeigt ostdeutsche Fotokunst
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Das Kunstmuseum Moritzburg in Halle präsentiert künstlerische Positionen zur "Fotokunst im Osten Deutschlands seit 1990". Die Ausstellung geht der Frage nach, welchen Einfluss der Wechsel von Gesellschaftssystemen auf Werk, Biografie und Weltsicht von Fotografen hat.

Die Moritzburg in Halle/Saale hat in den letzten Jahren durch vielerlei Schlagzeilen gemacht, kürzlich durch die sehenswerte Schau zur modernen Kunst seit Winckelmanns Antike. Stiller war es meist um die "Sammlung Photografie" der Moritzburg, die 1987 gegründet wurde und nunmehr 30 Jahre existiert. Ihr Bestand gehört nach Dresden zu den großen öffentlichen Fotosammlungen in Mitteldeutschland.
Von Beginn an aufgebaut hat sie T.O. Immisch, der Kustos für Fotografie, der nun in Ruhestand geht und sich mit einer Sonderschau verabschiedet, die zugleich Bestandsaufnahme ist. Nicht des eigenen Depots, sondern der "Fotokunst im Osten Deutschlands seit 1990", wie der Untertitel der Ausstellung lautet.
Ostdeutsche Identität
Da sind sie dann doch, die Verkehrspolizisten aus Cottbus, in DDR-Uniform, mit Koppeltasche und gezücktem Notizbuch, die die Besucher wissen lassen: Hier geht es um Ost-Deutschland. Stefan Moses, 1950 von Weimar nach München gezogen, hatte seine "Ostdeutschen Portraits" nach dem Mauerfall geschaffen, hatte Menschen in DDR-typischer Berufs-Uniform vor die Linse geholt und isoliert von ihrer Umgebung, abgelichtet.
Das Kuratorenteam um Immisch hat eine sozialdokumentarische Position an den Anfang der Schau gestellt, die unverwechselbar ostdeutsche Identität präsentiert, auch in der Bildsprache. Um in der sich anschließenden Schau die Frage zu stellen, wie sich die fotografische Bildsprache in Ostdeutschland nach 1990 gewandelt hat. Moritzburg-Direktor Thomas Bauer-Friedrich bemerkt dazu: "Bei der älteren Gesellschaft würde ich natürlich schon sagen, dass man sieht, wo sie herkommen und entsprechend gibt es jetzt keine abrupten Brüche oder Wechsel in der Art und Weise, wie die Werke sich präsentieren, nach 1990. Und was dann sehr schön auffällt und was dann den Titel, durchaus positiv gemeint, wieder aufhebt, unserer Ausstellung, ist, dass die junge Generation natürlich nicht mehr in diese Schublade 'Ost oder West' einzuordnen ist."
Das größte Kapitel in der Ausstellung ist eben Fotografie und Gesellschaft - und daran sieht man, dass nach wie vor die Auseinandersetzung mit der Gesellschaft, der kritische Impetus, eine wichtige Rolle spielt.
Leipziger Fotografen Schröter und Hachmeister
21 Positionen präsentiert die Ausstellung, um die teils hart gerungen wurde. Natürlich begegnet man Werken des Leipziger Fotografen Erasmus Schröter, der 2011 die ausgestellte Individualität der Leipziger Pfingst-Gruftis ins Visir nahm. Die Leipzigerin Grit Hachmeister inszenierte sich selbst, mit ihren männlichen und weiblichen Anteilen, Karl-Ludwig Lange portraitierte in Berlin-Friedrichshagen die Böllsche Straße, in der auch der Dichter Johannes Bobrowski wohnte, 1990 und noch mal 2003. Veränderungen gesucht. Viele Portraits zeigt die Schau, die auf die sozialdokumentarischen Ansätze der DDR-Fotografie Bezug nehmen.
Wir haben eine ganze Anzahl von Portrait-Arbeiten ausgewählt, weil die Frage, wie Menschen in unserer Gesellschaft leben, in welchen Verhältnissen und wie sie sich damit auseinandersetzen, haben eben eine ganze Reihe von Fotokünstlern mit Portrait-Reihen, die jeweils einen eigenen thematischen Schwerpunkt haben, versucht, zu bearbeiten, zu untersuchen.
Was vom Menschen bleibt
Die figürliche Menschendarstellung, die mit dem besonderen Blick, sie ist in der Fotokunst wie eh gefragt, wird aber dennoch im Fortlauf der Schau weniger. Was auch einer jüngeren Fotografen-Generation geschuldet ist, die mit einem massenmedial verfügbaren Bilderberg umgehen muss.
Je jünger die Fotokünstler werden, umso weniger wichtig sind die Unterschiede von Herkommen, von Hintergrund. Und ich könnte nicht, in der aktuellen Situation, so eine Spezifik erkennen.
Die Foto-Künstler minimalisieren ihre Bilder, auch im Osten Deutschlands, die dokumentarische Perspektive schwindet. Ricarda Roggan zeigt von Gesellschaft nur noch übriggebliebene, schäbige Möbel. Claudia Angelmaier ergeht sich bei ihrem "Knieenden Akt" von 2009 in schemenhaften Zitaten einer Kunstpostkarte. Floris Neusüss präsentiert den viel fotografierten weiblichen Körper nur noch als Schattenriss. Thomas Florschuetz indessen illuminierte schon in den 1990ern die Zwischenräume seiner aneinandergelegten Finger, zog sie auf große Tableaus, abstrahierte sie. Der Zauber erschließt sich beim Ansehen.
Die Ausstellung
Bis zum 16. September 2018 zeigt das Kunstmuseum Moritzburg die Schau "Ins Offene. Fotokunst im Osten Deutschlands seit 1990".
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 29. Juni 2018 | 07:40 Uhr